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Pirschbezirke

Der Staat als Jagdherr

Pirschbezirke können auch hoch am Berg liegen. Im Winter macht der Schnee die Jagd dort schwierig.

Moralismus und ideologische Gräben sind – zumindest behaupten das immer wieder Politiker und Forscher – ein Problem unserer Zeit. Verbohrt verteidigen die einen ihre Position, entgegen aller guten und logischen Argumente. Sie erheben sich über andere und behaupten die einzig richtige, die wahre Meinung zu haben. Man denke an fanatische Trump-Anhänger, Querdenker, Reichsbürger und dergleichen. Da sind auch wir Jäger nicht völlig frei von: Stichwort Staatsforsten.

Zwischen vielen Jägern auf der einen Seite und Förstern auf der anderen, zieht sich zwar nicht immer ein tiefer ideologischer Graben, aber oft zumindest ein Gräbchen. „Das sind alles Totschießer“ oder „Rehwild-Terminatoren“ sind nur einige Beispiele, aufgeschnappt auf meiner letzten Drückjagd.

Besonders gering ist deswegen oft das Verständnis für Jäger, die bei den Staatsforsten einen Pirschbezirk bejagen. Für einige hängt diesen Waidmännern das Miasma von Verrätern an, weil sie sich mit den Jagdmethoden der Förster gemein machen. Das ist natürlich Blödsinn. Solche Gefühle entstehen oft auch aus Unwissen darüber, was es bedeutet, einen Pirschbezirk zu bejagen. Wir haben uns deswegen mit einem Förster und einem erfahrenen Pirschbezirkler unterhalten.

Als Die sauen kamen ging es zum Staatsforst

Peter Hofweller zusammen mit Sohn Valentin und seiner Schweißhündin Amy. Beide kommen auf 100 Nachsuchen dieses Jahr.

Für Peter Hofweller war es die erste Sau im eigenen Revier, die ihn zum Pirschbezirkler werden ließ. Bis 2000 pachtete der pensionierte Bundespolizist ein eigenes Rehwildrevier im Fichtelgebirge. 1989 erlegte er die erste Sau im heimischen Revier, einen 50 Kilo Keiler. „Die Sau habe ich im ganzen Dorf gezeigt, keiner hat mir geglaubt, dass ich die hier erlegt habe, erzählt er schmunzelnd. „Alle meinten, ich hätte im Spessart Urlaub gemacht und die Sau dort erlegt.“

In den nächsten Jahren verbreiteten sich die Sauen rasant und der Wildschaden stieg mit an. 2000 gab er die eigene Pacht deswegen ab. Über einen guten Bekannten und Förster kam er zu den Staatsforsten. Im 21ten Jahr bejagt er nun einen Pirschbezirk. Seit 15 Jahren sind es 460 Hektar, mitten im Rotwildkerngebiet. „Bis zum Wolf ist alles da“, sagt Hofweller.

Jedes Jahr bekommt er einen neuen Begehungsschein für sein Gebiet und einen vorgeschriebenen Abschuss. Auf seinem Abschussplan stehen 16 Stück Reh, vier Stück Rotwild und so viele Sauen wie er möchte. „Das funktioniert ganz hervorragend, erzählt er. Inzwischen kennt der Jäger mit 41 Jahresjagdscheinen jeden Förster und ist gut vernetzt mit den anderen Pirschbezirklern. Über 60 davon jagen im Forstbetrieb Fichtelberg.

Am Ende muss der Abschuss stimmen

Mit seinen über 400 Hektar ist Hofweller eine Ausnahme. Generell vergeben die Bayerischen Staatsforsten eher Pirschbezirke zwischen 100 und 150 Hektar. Einzige Voraussetzung: Ein gültiger Jagdschein. Die drei Jahre Wartefrist für Jungjäger müssen nicht eingehalten werden. Jungjäger können so schnell eigenständig jagen, haben aber gleichzeitig die Unterstützung durch erfahrene Förster.

Das geht, da Pirschbezirke rein rechtlich nicht verpachtet werden, sondern entgeltliche Jagderlaubnisscheine sind. „Jungjäger können im ersten Jagdjahr sogar kostenlos einen Pirschbezirk bekommen“, erzählt Hubert Weikhart. Der 32jährige Förster betreut das Revier Pyrbaum am Forstbetrieb Allersberg. „Wir ziehen uns natürlich gerne die Leute von Anfang an ran“, erzählt er. So könne man direkt engagierte Mitjäger binden. Denn das Ziel ist klar definiert. „Wir jagen, damit der Wald wachsen kann,“ so Weikhart. „Das heißt ja nicht, dass es nicht waidgerecht und sauber abläuft“, ergänzt der hochgewachsene Pirschbegeisterte.

Als Förster ist es ihm – und den gesamten Bayerischen Staatsforsten – wichtig, das am Ende des Jagdjahres der Abschuss erfüllt ist. „Es geht hier nicht darum, jedes Jahr drei oder vier 500 Gramm Böcke zu schießen“ führt er weiter aus. In erster Linie sollen gemischte Naturverjüngungen die Chance haben, sich zu entwickeln. Ein Verständnis für das Ökosystem Wald und die Rolle der Jäger darin ist ihm wichtig. Auch Hofweller ist klar, was seine Förster erwarten. Es gelte nunmal Wald vor Wild, damit müsse man sich arrangieren können, resümiert er.

Waldumbau mit der Büchse

Das honorieren die Bayerischen Staatsforsten auch. Erfüllt man seinen Abschuss, gibt es eigentlich immer Rabatt. Wie viel Rabatt, liegt im gewissen Rahmen bei den jeweiligen Förstern. Erfüllt ein Pirschbezirkler im Revier von Weikhart seinen Abschuss, gibt es im nächsten Jahr 25 % Rabatt auf den Pirschbezirk.

Wie viel Förster reduzieren dürfen, gibt die sogenannte Jagdnutzungsanweisung (JNA) der Staatsforsten vor. Theoretisch sind sogar Reduktionen von 90 % möglich. Innerhalb des Rahmens der JNA kann jeder Forstbetrieb seine eigenen Rabatte ausgestalten. Wie genau sich mögliche Rabatte staffeln, kann sich also von Forstrevier zu Forstrevier unterscheiden.

Selbst zwischen Förstern in einem Forstbetrieb sind Unterschiede möglich. Weikhart gibt zum Beispiel weitere Prozente für einen brauchbaren Jagdhund und noch einmal Rabatt oben drauf, wenn der Hund auf Drückjagden geführt wird. Weitere Prozentpunkte gibt es für Mithilfe im Revier – pro jeder Aktion. Wer also regelmäßig im Revier mithilft und seinen Abschuss erfüllt, hat so schnell eine Preisminderung von 50 % erreicht.

Förster Hubert Weikhart betreut das 2.200 ha große Revier Pyrbaum, südlich von Nürnberg.

Im Forstbetrieb Fichtelgebirge muss beispielsweise jeder Jäger 1.000 junge Bäume pro Jagdjahr mit Einzelschutzmaßnahmen gegen den Verbiss schützen. Klar, auch Förster können Küchenpsychologie. Mit Zuckerbrot erreicht man doch eher Abschussziele, als mit der Peitsche.

Aber auch die Peitsche gibt es. Wer regelmäßig seine Abschusszahlen nicht erfüllt, muss seinen Pirschbezirk abgeben. Hofweller hat das zwar in über 20 Jahren in seinem Forstbetrieb noch nie erlebt, möglich ist es aber. Stellt sich keine Besserung ein, muss der Forst bzw. der zuständige Förster die Reißleine ziehen.

Jagen nach dem Abomodell

Da ein Pirschbezirk keine Pacht ist, kann zum nächsten Jagdjahr schon Schluss sein. Man sollte sich also ausführlich Gedanken machen, wie viel Zeit man realistisch in seinen Pirschbezirk investieren kann, empfiehlt Hofweller. Denn da sind die Forstbetriebe überraschend flexibel.

Wer wenig Zeit hat, kann auch nur für wenige Monate einen Pirschbezirk betreuen. Da gibt es Lehrer, die in den Sommermonaten die lange unterrichtsfreie Zeit lieber am Meer genießen oder Schneepflugfahrer, die im Winter keine Zeit haben. Passend zum Terminkalender können die passenden Monate bejagt werden. Das bedeutet natürlich Mehrarbeit für die Förster, da der Planungsaufwand größer ist. Pirschbezirkler, die ein ganzes Jagdjahr jagen, sind deswegen bei den meisten gern gesehen.

Ohne Zusammenhalt geht es nicht

Teamarbeit gehört beim Forstbetrieb dazu. In Pirschgruppen kann gemeinsam ein Gebiet bejagt werden.

Rabatte sind schön und gut, aber die gemeinsamen Aktionen sollen auch den Zusammenhalt untereinander stärken. Teamarbeit spielt eine wichtige Rolle. Jeder für sich im stillen Kämmerchen bzw. Pirschbezirk ist jedenfalls für Weikhart und Hofweller keine Alternative.

Man hilft sich untereinander, bei der Abschusserfüllung und Revierarbeiten. Einzelkämpfer sind eher selten. „Wir sind wie eine Fußballmannschaft. Ich bin der Kapitän der Mannschaft und dann gibt es noch einen Trainer. Das ist unser Forstbetriebsleiter. Der hat den Hut auf und erstellt den Spielplan. Auf dem Platz habe die Verantwortung“ vergleicht Weikhart.

Bayernweit bieten deswegen viele Forstbetriebe gemeinsame Schießkinobesuche an. Läuft es im Revier untereinander, lassen sich Engpässe leichter ausbügeln. Falls zum Beispiel einer mit dem Abschuss aus beruflichen Gründen nicht hinterkommt, ist zumindest über Weikharts Revier-WhatsApp-Gruppe schnell Hilfe gefunden.

Teamfähigkeit ist für den jungen Förster deswegen eine wichtige Fähigkeit bei einem Pirschbezirkler. Wer sich keinen Bezirk alleine zutraut, der kann zusammen mit anderen in einer Pirschgruppe jagen. Aber auch hier gilt wieder: Teamfähigkeit ist ein Muss. Falls Ihr Interesse geweckt ist, melden Sie sich bei ihrem örtlichen Forstbetrieb.

Bayerische Staatsforsten

Interesse am Pirschbezirk?

Die Bayerische Staatsforsten verwalten die 808.301 ha Wald des Freistaats Bayern. Aktuell sind 65 % aller Bäume Nadelhölzer, bis zum Mischwald ist es noch ein weiter Weg. Jäger spielen dabei eine wichtige Rolle. Über Pirschbezirke wird ein Großteil des nötigen Abschusses erfüllt. 733.000 ha des Waldes werden als Regiejagd bejagt.

Bei Interesse an einem Pirschbezirk sind die örtlichen Forstbetriebe die Ansprechpartner. Die Bayerischen Staatsforsten beschreiben sich selbst als „dezentrales Unternehmen“: 41 Forstbetriebe mit insgesamt 370 Revieren liegen über Bayern verteilt und sind selbstständig für die Vergabe von Pirschbezirken zuständig. Auch die genauen Preise müssen sie dort erfragen. Laut der JNA (Jagdnutzungsanweisung) kostet eine Jagderlaubnis von drei Monaten 200 Euro, jeder folgende Monat schlägt mit 75 Euro zu Buche. Ein Jagdjahr mit Pirschbezirk kommt also auf einen Listenpreis von 875 Euro. Dieser Preis kann aber von Forstbetrieb zu Forstbetrieb je nach evtl. gewährtem Rabatt unterschiedlich hoch sein.

Darin enthalten sind in der Regel die Abschussentgelte für Schwarzwild und Rehwild. Wildbret kostet zusätzlich, eine Wildkühlung steht vor zur Verfügung. Auch die Freigabe kann sich je nach den örtlichen Begebenheiten und Wildvorkommen unterscheiden. 

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