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Interview

Wölfe im Treiben

Einen direkten Kontakt mit einem Wolf hatte die Hundeführerin noch nicht.

NJ: Du jagst mit deinen Hunden auch in Wolfsgebieten. Merkst du einen Unterschied im Verhalten deiner Hunde?

Susanne Kolbeck: Das kommt darauf an: Wenn kein Wolf im Treiben ist, verhalten sie sich genauso wie bei einer anderen Jagd. Wenn aber ein Wolf im Treiben ist, dann jagen die Hunde wesentlich kürzer. Sie lösen sich schlechter von mir. Das merkt man relativ schnell, dass irgendetwas nicht passt.

NJ: Hast du dabei keine Sorge um deine Vierbeiner?

Susanne Kolbeck: Wegen des Wolfes mache ich mir nicht mehr Sorgen als bei einem Stück Schwarzwild oder dem Straßenverkehr. Wenn manche sagen, sie lassen ihren Hund grundsätzlich nicht in Wolfsgebieten laufen, dann sehe ich das eher pragmatisch. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Jagdhund an der Sau bleibt, ist wesentlich höher.

NJ: Sind deine Hunde während einer Jagd schon einmal auf einen Wolf gestoßen?

Susanne Kolbeck: Ja. Das ist bereits einige Jahre her. Ich selbst habe es allerdings nicht gesehen. Drei Hunde sind vor einem Schützenstand auf einen Jungwolf gestoßen. Daraufhin hatte der Jagdleiter alle GPS-Daten der Hunde angefordert. Bei der Auswertung kam dann heraus, dass zwei Hunde von mir daran beteiligt waren.

Gemeinsam mit ihren zehn Jagdhunden nimmt Susanne Kolbeck pro Jahr an etwa 30 bis 35 Gesellschaftsjagden teil.

NJ: Wie ging das Aufeinandertreffen aus?

Susanne Kolbeck: Eigentlich ist nichts passiert. Der Schütze hat erzählt, dass sich der Wolf bereits die ganze Zeit davor in der Nähe seines Standes aufgehalten habe. Als die vier aufeinandergestoßen sind, hat es eine kurze Rauferei gegeben. Einer meiner Hunde hatte eine kleinere Verletzung am Behang. Eine typische Bissverletzung, die auch unter Hunden passieren kann.

Anschließend sei der Jungwolf in die eine Richtung verschwunden und meine Hunde kamen wieder zurück zu mir.

NJ: Hattest du selbst schon einmal auf einer Drückjagd einen Wolfskontakt?

Susanne Kolbeck: Nein. Zumindest nicht direkt. Ich weiß nur durch Schützenbeobachtungen, dass die Wölfe zum Beispiel vor uns die Dickung verlassen haben. Aber gesehen habe ich, während ich mit den Hunden im Treiben war, noch keinen.

NJ: Wie hat sich das Verhalten des Schwarzwildes in Regionen mit Wölfen verändert?

Susanne Kolbeck: Ich finde, das Schwarzwild stellt sich vor den Hunden wesentlich schneller. Eine gesunde Sau flüchtet vor dem Hund normalerweise erst einmal. Aber inzwischen gehen die Sauen richtig auf Konfrontation. Eigentlich ganz normal: Immerhin müssen sie sich sonst auch 24 Stunden, sieben Tage die Woche gegen den Wolf verteidigen. Ob die Sauen dann einen Unterschied zu einem Jagdhund machen, ist für mich fraglich.

Ist ein Wolf im Treiben, löst sich der Hund nicht mehr so sehr vom Führer.

NJ: Hat sich sonst noch etwas verändert?

Susanne Kolbeck: Je nach Region gibt es inzwischen wahnsinnig große Rotten. Und die lassen sich auch nicht mehr so leicht von den Hunden sprengen. Ich glaube, für einen Einzelhund wird es künftig deutlich schwieriger, überhaupt noch ein Stück Schwarzwild auf die Läufe zu bekommen.

NJ: Gibt es bei den Wölfen auch Unterschiede zu früher?

Susanne Kolbeck: Bei meinen ersten Jagden in Wolfsgebieten – das wird etwa acht Jahre her sein – haben die Wölfe das Treiben verlassen, sobald es losging. Die Unruhe der Jagd war für sie einfach zu groß. Mittlerweile bleiben einige aber im Trieb. Die Wölfe wissen ganz genau, dass ihnen nichts passiert und dass es anschließend etwas zu fressen gibt.

NJ: Gibt es Gebiete, in denen du deine Hunde nicht mehr schnallst?

Susanne Kolbeck: Nein, zumindest wegen des Wolfes nicht. Sicherlich stellt er eine zusätzliche Gefahr für meine Hunde dar, aber die Wahrscheinlichkeit, dass einer von der Sau geschlagen wird, vom Auto überfahren oder auf die Bahngleise rennt, ist genauso hoch, wenn nicht sogar höher – Stand heute. Wie sich das alles entwickelt, wird man sehen.

NJ: Gibt es Herausforderungen bei der Jagd in Wolfsgebieten?

Susanne Kolbeck: Über kurz oder lang muss Rechtssicherheit geschaffen werden. Ich darf nicht als Hundeführer mit einem Bein im Gefängnis stehen, sollte es bei einem Wolfskontakt zu einer Bedrohung kommen. Das gehört endlich ganz klar geregelt!

Das Gespräch führte Eva Grun.

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