Sonderteil Fermentieren
Sommer hamstern für den Winter
Kohl wird zu Sauerkraut – der Job von Bakterien
Wie das Sauerkraut seinen Weg in unsere Kultur fand, ist nicht belegt. Wahrscheinlich kannten schon die Alten Griechen die Methode, mithilfe der Milchsäuregärung Weißkraut haltbar und schmackhaft zu machen. Eine andere Version der Geschichte besagt, dass das Sauerkraut aus China bzw. Japan nach Europa kam; Marco Polo soll es mitgebracht haben. Gesichert ist, dass Seefahrer entweder Zitrusfrüchte oder Sauerkraut an Bord hatten, um sich gegen die Vitamin C-Mangel-Krankheit Skorbut zu wappnen, deren Ursache man seinerzeit allerdings noch gar nicht kannte.
Dass Deutsche in England und den USA immer noch ‚Krauts‘ genannt werden, hat historische Gründe, die bis in den 1. Weltkrieg zurückreichen. Eine Erfindung der Deutschen ist Sauerkraut nicht. Auch gibt es Nationen, die mehr davon verspeisen – aber eine Art Nationalspeise ist das Sauerkraut hierzulande dennoch und immer einen Versuch wert.
Für die Sauerkraut-Produktion eignen sich jedoch nur die schweren, festen Köpfe des Herbstkohls. Das Kraut wird fein geschnitten oder gehobelt und leicht gesalzen. Dann – je nach Menge – knetet man es kräftig mit den Händen oder stampft es fest mit einem Holzstößel, bis Saft austritt. Auf diese Weise werden die Zellen für die Arbeit der Bakterien aufgebrochen und der Zellsaft herausgepresst. Das kann eine Weile dauern und es empfiehlt sich, den Ansatz mal eine Stunde bei Küchentemperatur stehen zu lassen und dann weiterzukneten. Salz entzieht den Gemüsezellen Flüssigkeit, die sich als Lake ansammelt. Milchsäurebakterien, die Arbeitstruppe im Sauerkraut, benötigen im Vergleich zu vielen Konkurrenten keinen Sauerstoff. Um diesen Sauerstoff auszuschließen, braucht es reichlich Lake.
Damit kommt die Milchsäure-Gärung in Schwung. und lässt Schimmelpilzen und anderen Verderbnis-Erregern nur eine geringe Chance – wenn der Topf luftdicht verschlossen ist. Dann braucht es noch einige Wochen Geduld, und das selbst angemachte Sauerkraut ist fertig.
Dass Kohl zu Sauerkraut wird, dafür sorgen die schon genannten Milchsäurebakterien, die auf dem Kohl siedeln. Unter Sauerstoff-Ausschluss wandeln sie die den Zucker (Kohlenhydrate) im Gemüse in Milchsäure um und vergären dabei den Kohl. Man erkennt das am kräftigen Blubbern im luftdicht abgeschlossenen Glas oder Gärtopf. Wird es nach einigen Wochen ruhig, ist die Gärung abgeschlossen: Es darf probiert werden. Dann stellt man fest: Milchsauer vergorenes Kraut ist weicher und bekömmlicher als der Kohl von vorher. Es besitzt einen eigenen Duft, schmeckt aromatisch und enthält, dank der Arbeit der Milchsäurebakterien, neben viel Vitamin C, auch Vitamin B 12, das sonst nur in tierischen Lebensmitteln vorkommt.
Große Gefäße, aus denen immer wieder einzelne Portionen entnommen werden, muss man wieder gut verschließen und bei Gärtöpfen mit einer Wasserrille diese stets mit Wasser füllen. Bei Töpfen ohne Rille sollte immer genügend Salzwasser über dem Sauerkraut stehen. Es darf keine Luft an das Gärprodukt kommen, sonst verdirbt es schnell.
Sauer macht gesund
Wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen: Sauerkraut ist reich an Vitaminen und Mineralstoffen und es stärkt die körper- eigenen Abwehrkräfte; es wirkt antibakteriell und beeinflusst Magen und Darm positiv, selbst bei chronischen Beschwerden; es kann Allergien vorbeugen und erzielt bei Neurodermitis von Kindern erstaunliche Erfolge; es ist besonders kalorienarm. Der Genuss von 100 g Sauerkraut schlägt nur mit 17 Kilokalorien zu Buche.
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