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Unkrautbekämpfung im Getreide: Leichter geht’s im Herbst

Wenn die Bedingungen passen, heißt es: Nicht aufs Frühjahr warten.

Wer aufmerksam über die Getreidefelder schaut, sieht immer häufiger Ungräser über die Bestände hinausragen. Während es bei Windhalm oft scharf umgrenzte Inseln sind, ist der Ackerfuchsschwanz mehr oder weniger über die ganze Fläche verteilt, auch Trespen sind längst nicht mehr auf die Feldränder beschränkt. Multiresistentes Weidelgras fällt weniger am Acker, als in der Resistenztestung auf.

Ursachen gibt es mehrere: bereits zu große und bestockte Ungräser zum Behandlungstermin, nicht ideale Anwendungsbedingungen oder auch verschenkte Wirkungen durch alleinige Frühjahrsbehandlungen. Oft sind es aber auch Resistenzen, denn gerade beim Windhalm provozierte die lange gängige Behandlungspraxis eine rasche Resistenzentwicklung. Allzuoft waren ausschließlich im Frühjahr Herbizide aus der Klasse der Sulfonylharnstoffe (z. B. Broadway, Atlantis Flex) eingesetzt worden.

Wenn die chemische Regulierung an ihre Grenzen kommt, muss wieder mehr darüber nachgedacht werden, welche pflanzenbauliche Maßnahmen die Unkraut- und Ungrasbekämpfung unterstützen. Auch die Umstellung von Fruchtfolgen beispielsweise mit mehr Sommerungen können nötig werden. Vor allem dem Saattermin kommt große Bedeutung zu.

Schon eine moderate Verlagerung des Saattermins um ein bis zwei Wochen nach hinten kann das Keimpotenzial vor allem der Herbstkeimer Ackerfuchsschwanz und Windhalm deutlich senken. Auch dem Pflug kommt zur Besatzreduzierung von Ungräsern eine wichtige Rolle zu, denn Ackerfuchsschwanz und Windhalm sind Flachkeimer.

Glyphosat: Ein wichtiger Baustein fehlt

Während in früheren Jahren der Einsatz von Glyphosat als Vorsaatbehandlung in der Stoppel einen wirkungsvollen Beitrag zur Bekämpfung von Ungräsern geleistet hat, ist dies nun nicht mehr erlaubt. Ausgenommen sind nur Flächen, die in Direkt- oder Mulchsaat bestellt werden oder in eine Erosionsgefährdungsklasse fallen. Ebenso gibt es Ausnahmen für Flächen, auf denen zur Bekämpfung wiederkehrender Problemunkräuter wie Distel oder Winden auf Teilflächen ein Glyphosateinsatz nötig ist – aber nur, wenn alternative Maßnahmen wie der Pflugeinsatz nicht durchgeführt werden können. Auf keinen Fall fallen Schadgräser wie Ackerfuchsschwanz, Windhalm oder Trespenarten unter diese Ausnahmen.

Während die Resistenzen bei den blattaktiven Präparaten aus den Wirkgruppen der Sulfonylharnstoffe (z. B. Broadway, Atlantis Flex) und der Accase-Hemmer wie zum Beispiel Axial 50 oder Traxos immer mehr voranschreiten, verhalten sich die Wirkungen der im Herbst eingesetzten Bodenwirkstoffe bislang noch sehr stabil. Amtliche Versuche zeigen, dass auf kritischen Standorten, bei frühen Saatterminen und hohen Ausgangsbesatzdichten nur eine Spritzfolge bestehend aus Herbst- und Frühjahrstermin zu einer ausreichenden Bekämpfungsleistungen führt.

Die Auflagen immer im Blick behalten

Durch den Einsatz von Herbiziden im Herbst besteht das Risiko, dass durch nachfolgende Winterniederschläge und Schneeschmelzen Wirkstoffausträge über Versickerung oder Abschwemmung zu Umweltbelastungen führen. Als besonders sensibler Wirkstoff ist hier Chlortoluron (Carmina 640, UP CTU, Trinity) zu nennen. Daher wird empfohlen, auf den Einsatz des Wirkstoffes auf Flächen, die an Gewässer angrenzen, zu verzichten.

Neben den Abdriftauflagen zu Nichtzielfächen oder Gewässern (NT, NW) gelten auch bei Getreideherbiziden oft sogenannte Abschwemmungsauflagen. Auf Schlägen mit über 2 % Hangneigung muss beim Einsatz dieser Präparate ein je nach Auflage 5 – 20 m breiter bewachsener Randstreifen zum Gewässer hin vorhanden sein, der nicht mitbehandelt werden darf.

Als umweltrelevanter Aspekt dazugekommen ist das Verdunstungspotenzial der Wirkstoffe Pendimethalin (Stomp Aqua, Picona, Addition, Agolin, Trinity u. a.) und Prosulfocarb (Boxer, Jura). Sie können bei entsprechenden Bedingungen (Thermik, Temperatur) über weite Distanzen verfrachtet werden und sensible Kulturen kontaminieren, problematisch sind hier vor allem biologisch bewirtschaftete Flächen. Verzichten Sie deshalb auf die Anwendung dieser Wirkstoffe in der Nähe von noch zur Ernte anstehenden Kulturen wie Feldgemüse, Obst oder Heil- und Gewürzpflanzen. Die Wirkstoffe dürfen nur mit 90 %-abdriftgeminderter Düse, mindestens 300 l Wasser/ha, einer Fahrgeschwindigkeit von max. 7,5 km/h und bei Windgeschwindigkeit unter 3 m/s eingesetzt werden. A. H.

Gerade aus diesem Grund kommt der Vorlage von Bodenwirkstoffen wie Flufenacet, Diflufenican, Prosulfocarb oder Pendimethalin eine immer größere Bedeutung zu. So kann die passende Herbstbehandlung eine notwendige Frühjahrsbehandlung deutlich unterstützen, den Druck auf die blattaktiven Mittel im Frühjahr reduzieren oder im Idealfall sogar unnötig machen.

In der Wintergerste und in gut entwickelten Winterweizen ist die Herbstbehandlung Pflicht. Nur bei späten Saatterminen, etwa nach Körnermais oder Zuckerrüben, kann es beim Winterweizen sinnvoller sein, die Behandlung in das Frühjahr zu legen. Hinzu kommt, dass der Einsatz von Herbiziden im Herbst meist unproblematischer als im Frühjahr ist, denn die Anwendungsbedingungen sind – abgesehen von Jahren mit langanhaltender Bodentrockenheit – besser und es steht eine größere Mittelpalette zur Verfügung.

Zudem sind die Ungräser und Unkräuter im Herbst noch klein – nicht selten haben sich nach milden Wintern bereits bestockte Ackerfuchsschwanz- und Windhalmpflanzen etabliert, deren Bekämpfung selbst bei optimalen Bedingungen einen höheren Aufwand erfordert oder nicht mehr sicher gelingt.

In puncto Bodenfeuchte stellt Flufenacet die höchsten Ansprüche gefolgt von Pendimethalin. Prosulfocarb und Chlortoluron entfalten auch bei etwas trockeneren Bedingungen ihr Wirkpotenzial.

Der Windhalm muss im Herbst bekämpft werden

Windhalm keimt immer im Herbst und kann normalerweise sehr sicher und kostengünstig mit Bodenherbiziden erfasst werden. Deshalb ist von der weit verbreiteten Praxis abzuraten, die Windhalmbekämpfung auch im Weizen erst im Frühjahr blattaktiv mit Sulfonylharnstoff-Herbiziden (ALS-Hemmer) vorzunehmen, denn Windhalm bildet sehr schnell ALS-Resistenzen aus.

Besondere Bedeutung kommt im Herbst dem keimhemmenden Wirkstoff Flufenacet zu; möglichst frühe Anwendungen im Vorauflauf bis zum frühen Nachauflauf sind für gute Wirkungen entscheidend. Für eine sichere Regulierung reichen Aufwandmengen von 120 – 160 g/ha Flufenacet aus. Mittlerweile sind mit Vulcanus, Sunfire, Fence und Franzi auch diverse Soloprodukte für individuelle Tankmischungen am Markt.

Wichtig zu wissen: Obwohl wirkstoffidentisch unterscheiden sich diese Produkte in den Auflagen teilweise erheblich. Vulcanus und Sunfire sind beispielsweise mit einer Abschwemmungsauflage und einer Drainauflage belegt, die den Einsatz auf drainierten Flächen nur bis zum 1. November zulässt, ebenso gibt es bei den Gewässerabständen Unterschiede. Eingesetzt werden können neben den klassischen Windhalmpräparaten wie 3,5 – 4,0 l/ha Jura, 2,25 l/h Merkur oder 0,5 l/ha Pontos auch Ackerfuchsschwanzpräparate in verminderter Aufwandmenge wie zum Beispiel 0,3 – 0,4 l/ha Herold SC oder 2,5 – 3,0 l/ha Malibu.

Ebenfalls erfolgreich geprüft sind breit wirksame Tankmischungen mit sicherer Windhalmwirkung wie 2,5 + 0,3 l/ha Malibu + Beflex, 0,3 + 0,3 l/ha Battle Delta + Beflex, 1,5 + 0,3 l/ha Carmina 640 + Beflex, 1,5 l/ha + 65 g/ha Carmina 640 + Alliance, 1,5 + 0,24 l/ha Picona + Cadou SC oder 0,4 l/ha + 30 g/ha Broadcast Duo.

Bei bereits aufgelaufenem Windhalm kann eine Tankmischung aus Stomp Aqua + Axial 50 eingesetzt werden, die primär für den späten Nachauflauf in der Wintergerste passt. CTU-haltige Kombinationen erfassen Kornblume oder Kamille gut.

Ackerfuchsschwanz in Wintergerste

Die blattaktive Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz in der Wintergerste ist abhängig von der Wirksamkeit von Axial 50 als einzigem noch möglichen blattaktivem Präparat. Der Wirkstoff Pinoxaden aus der hoch resistenzgefährdeten Wirkgruppe der ACCase-Hemmer im Axial 50 sollte deshalb in Getreidefruchtfolgen ausschließlich der Wintergerste vorbehalten sein. Eine Herbstbehandlung ist unverzichtbar.

In der Regel sind zur Wirkunterstützung über den Boden und zur Bekämpfung dikotyler Unkräuter Kombinationen aus Boden- und Blattherbiziden sinnvoll. Gute Ergebnisse haben in unseren Versuchen Mischungen von 0,5 l/ha Herold SC oder 2,5 l/ha Malibu in Tankmischungen mit 0,9 l/ha Axial 50 im Zwei- bis Dreiblattstadium des Ackerfuchsschwanzes erzielt.

In trockenen Regionen oder Jahren mit verzögertem Auflauf wird in der Praxis oft zu früh behandelt. Denn: Ungras mit zu geringer Blattfläche nimmt wird zu wenig Wirkstoff auf und die ausschlaggebende blattaktive Behandlung wirkt nicht ausreichend. In diesem Fall sollte der Einsatz von Axial 50 erst im Frühjahr erfolgen und die Bodenherbizide optimal in den Vorauflauf bei BBCH 09 – 11 gelegt werden.

Für die Herbstvorlage kommen in diesem Fall reine Bodenherbizide mit guter Ackerfuchsschwanzwirkung wie 0,6 l/ha Herold SC oder 4,0 l/ha Malibu, oder noch etwas griffiger die Kombination aus Herold SC bzw. Malibu + Boxer zum Einsatz. Wenig effektiv zeigten sich dagegen rein blattaktive Herbstbehandlungen mit Axial 50 oder Axial Komplett.

Fuchsschwanz in Weizen, Roggen und Triticale

Auf Flächen mit hohen Besatzdichten zeigen oft nur Spritzfolgen ausreichende Wirkungsgrade gegen Ackerfuchsschwanz (siehe Grafik). Um das Samenpotenzial zumindest konstant zu halten, sind Wirkungsgrade von mindestens 98 % anzustreben. Eine Auswertung von 61 Versuchen der letzten zehn Jahren zeigt deutlich, dass unter diesen Bedingungen Einfachbehandlungen im Frühjahr oder im Herbst keine ausreichenden Bekämpfungsleistungen erzielen.

Auf Problemstandorten kann daher auf die Herbstvorlage kaum verzichtet werden. Diese sollte bereits sehr frühzeitig auf der Basis von 200 bis 240 g/ha Flufenacet im Vor- bis sehr frühem Nachauflauf BBCH 09 – 11 durchgeführt werden, gefolgt von einer blattaktiven Folgebehandlung im Frühjahr mit 0,2 – 0,33 l/ha Atlantis Flex + FHS. Die Grundleistung von Flufenacet kann durch Mischungen mit Aclonifen zum Beispiel über 0,35 + 0,5 l/ha Mateno Flexi Set, mit Pendimethalin zum Beispiel durch 2,5 l/ha Stomp Aqua oder Prosulfocarb über 2,0 l/ha Boxer unterstützt werden. Eventuelle durch Prosulfocarb verursachte Aufhellungen wachsen sich zumeist schnell wieder aus und vermindern in der Regel die Erträge kaum. Bewährt haben sich als Solopräparate 0,5 – 0,6 l/ha Herold SC, 3,5 – 4,0 l/ha Malibu, 0,5+0,5 l/ha Quirinus Forte Set oder Tankmischungen aus 2,0 + 0,5 l/ha Boxer + Herold SC oder 3,0 + 0,4 l/ha Boxer + Battle Delta.

Vom Einsatz des Wirkstoffs Chlortoluron (Carmina 640, Trinity) zur Ackerfuchsschwanzbekämpfung raten wir ab, denn zum einen reicht die Wirksicherheit aufgrund von Resistenzen nicht mehr aus, zum anderen besteht die Gefahr des Eintrages in Grund- bzw. Oberflächengewässer, weshalb diese Produkte mit einer entsprechenden Auflage auf drainierten Flächen versehen sind.

Bei weit entwickeltem Ackerfuchsschwanz kann die Zugabe von 1,2 l/ha Traxos zum Bodenherbizid die Bekämpfungsleistung absichern. Eine blattaktive Behandlung im Herbst mit Traxos sollte aber die Ausnahme bleiben und ist nur bei sehr trockenen Bedingungen, späten Einsatzterminen bzw. auch in intensiven Weizenfruchtfolgen im Wechsel mit Atlantis Flex zur Verminderung des Selektionsdrucks durch einseitige ALS Anwendungen gerechtfertigt.

Dinkel, Winterdurum, Einkorn und Emmer

Die Palette der zugelassenen Herbizide in den kleinen Getreidekulturen ist deutlich kleiner.

  • In Dinkel können Ungräser und Unkräuter im Vorauflauf bis sehr frühen Nachauflauf (BBCH 09 – 11) mit 0,3 – 0,4 l/ha Herold SC oder mit einer Tankmischung aus 3,0+0,5 l/ha Boxer + Herold SC bekämpft werden, als blattaktive Bekämpfungsmöglichkeit kommt nur die Kombination aus 2,5 – 3,5+0,9 l/ha Stomp Aqua + Axial 50 in Betracht.
  • In Winterdurum steht zur Regulierung von Ackerfuchsschwanz 3,5 – 4,0 l/ha Malibu oder eine Tankmischung aus 1,5 + 0,48 l/ha Picona + Sunfire im frühen Nachauflauf zur Verfügung. Gegen Windhalm kann 2,5 – 3,0 l/ha Malibu, 3,0 l/ha Picona oder 0,7 l/ha Mateno Duo eingesetzt werden.
  • In Emmer und Einkorn sind im frühen Nachauflauf die Präparate Malibu, Picona und Pontos zur Regulierung von Ackerfuchsschwanz und Windhalm zugelassen.
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