Mit Federspiel und Langfessel

Nachdem ich meine Falknerprüfung bestanden habe, erreichte mich nur einen Tag später der Anruf meines Lehrprinzen: „Dorota und ich hätten da einen Anschlag auf dich vor. Wir haben einen Habichtsterzel über, weil ich noch ein Weib dazu bekommen habe. Wenn du magst, kannst du ihn abtragen“, eröffnet mir Eric am Telefon. Überwältigt stimme ich zu. Zwei Tage später geht es los. Unter Anleitung hole ich den Rothabichtsterzel (junger männlicher Habicht) aus der Voliere, aber schon hier stellt mich der ausgehorstete Greif vor Herausforderungen. Freiwillig will er nicht auf meine Faust übertreten. Begleitet von vorwurfsvollem Zwitschern stellt er das Gefieder auf und versucht vor mir davonzufliegen. Ganz so idyllisch wie ich mir das mit dem respektvollen Einklang zwischen Greifvogel und Falkner vorgestellt habe, ist das Abtragen also nicht.

Die Arbeit mit Greifvögeln ist anders als beispielsweise mit einem Hund: Greifvögel wollen nicht automatisch mit dem Menschen interagieren. Es sind Wildtiere, die sich an die menschliche Präsenz, an das Leben in einer von Menschenhand gemachten Umwelt erst gewöhnen müssen. Der Vogel muss lernen, dass der Mensch ihm seine Beute nicht streitig macht und er nur dann Jagderfolg hat, wenn er mit dem Falkner zusammenarbeitet. Er muss lernen, dass der Mensch ihm nicht schaden will, dass Autos keine Bedrohung darstellen und Pferde nicht gefährlich sind. Dieser Prozess dauert und wird über Atzung (Nahrung), Geduld und Konfrontation mit Umweltreizen gesteuert.