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Blaser R8 Ultimate

Eine für alles?

Ein halbes Jahr lang begleitete mich eine Blaser R8 Ultimate im Revieralltag – und bescherte mir viele schöne Momente.

Mein Haus, mein Auto, mein Boot.“ Sie erinnern sich vielleicht an den Werbespruch der Sparkasse aus den 2000ern? Im Hinblick auf des Jägers wichtigsten Begleiter – seiner Waffe – könnte man das umdichten in „meine Drückjagdwaffe, meine Ansitzwaffe, meine Schlechtwetterbüchse, usw.“

Anstatt mehrerer solcher Spezialisten, bin ich schon länger auf der Suche nach einer Büchse für alles. Eins zu werden mit der Waffe, sich aus dem FF zu kennen, sie intuitiv und wie im Schlaf bedienen zu können, das waren meine Beweggründe. Dafür braucht es Übung und den vollen Fokus auf „die Eine“. Zudem sollte sie flexibel in der Anwendung sein und auch den mir wohl angewölften ruppigen Umgang mit Werkzeug aushalten und verzeihen. All das vereint – zumindest auf dem Papier – die Blaser R8 Ultimate im Kaliber 6.5 Creedmoor. Aber der Reihe nach…

  • Ende Mai 2021: Ein guter Freund sagte mal, ich hätte nur studiert, um von meinen zwei linken Händen abzulenken. Ganz so schlimm ist es zwar auch wieder nicht, doch etwas schlucken musste ich schon, als die Testwaffe nagelneu und teilmontiert vor mir lag. Natürlich war ich gespannt, wo denn der erste Schuss landen würde. Das leicht flaue Gefühl im Magen stieg nochmals mit der Erkenntnis, dass ein Stoppen der Scheibe auf 50 Meter an unserem Kreisgruppen-Schießstand nicht möglich ist. Die Schießstandleitung legte mir nahe, es mal auf 100 Meter zu probieren, notfalls (wenn der Schuss gar nicht auf der Scheibe wäre) könne ich ja zum Keiler-Stand. Nach ungefährem Abgleich von Visierlinie und Seelenachse und dem Gottvertrauen des Mannes folgend, richte ich mich ein und lasse fliegen. Und siehe da: Der Entjungferungsschluss mit der bleifreien Sako Powerhead in 120 grs (7,8 g) saß schonmal schön mittig, nur zu hoch auf der Scheibe. Ein zweiter Treffer gesellte sich gleich daneben und verlieh dem Drehen an der Absehen-Verstellung ein gutes Gefühl. 20 Klicks nach unten und zehn Schuss später, saß ein 2-Euro Stück großer Vierer-Streukreis dort, wo er hinsollte. Der Anspruch der intuitiven Bedienung schien erfüllt, ich war entsprechend zufrieden.
  • Mitte Juni: Es wird zum ersten Mal ernst für die R8: Ein passendes Jährlings-Böckchen wechselt über einen Kamm (ich jage in einem hügeligen Feldrevier) äsend auf mich zu. Als es auf 150 Meter breit steht, lasse ich fliegen. Der Jährling ruckt kurz und liegt nach zwei Hüpfern mit einem Schuss hinters Blatt im Gras. Wenige Tage später schlage ich ihn aus der Decke und bin begeistert aufgrund der geringen Wildbret Entwertung.

Der verstellbare Schaftrücken der Ultimate kostet 453 Euro Aufpreis. Es gäbe auch eine verstellbare Schaftkappe (+513 Euro) und ein Rückstossdämpfungssystem (+282 Euro)

 

  • Anfang Juli: Es geht bei einem Freund auf Weizenschweine. Die kalte Witterung im Frühjahr 2021 hat auch die begehrten Halme später als üblich in die Milchreife kommen lassen. Zusammen mit einem PARD NV007 A und dem Blaser Zielfernrohr Infinity 2,8-20x50 ließ sich mit der R8 wunderbar durch die Felder streifen. Obwohl es nasskalt war, lag der Schaft sehr gut und griffig in der Hand. Schlamm und anhaftendes Grünzeug ließen sich im Nachgang ohne Probleme mit einem feuchten Lappen ohne Probleme entfernen. Gerade bei der meist auf Klemmen usw. angewiesenen Jagd mit Technik bei Nacht, ist ein sauberer Anschlag nicht immer ganz einfach. Hier und auch bei Schüssen von provisorisch gebauten oder älteren kleinen Schirmen und Leitern, hilft der verstellbare Schaftrücken der Ultimate enorm, um den Schaft ordentlich ans Jochbein ziehen zu können. Anfangs habe ich diese Schaftrückenerhöhung aufgrund ihres einfach und gebrechlich wirkenden Aufbaus etwas kritisch beäugt, doch hat sie mich seitdem nie im Stich gelassen. Die Memory-Funktion fand nach jedem Verstellen zuverlässig die gewünschte „Normal“-Position wieder. Zwei Frischlinge und ein Überläufer waren die Beute dieses Jagdausflugs.
  • Ende Juli/Anfang August: Die Rehbrunft brachte weiteres Rehwild und ein paar Füchse mit moderaten Ausschüssen.

Auch auf Raubwild zeigte die 6,5 Creedmoor ihre Allround-Fähigkeiten.

  • Ende September/Anfang Oktober: Den Herbst nutze ich stets gerne und intensiv, um meinen Abschuss beim weiblichen Rehwild zu erfüllen. Soweit es geht, selektiv und möglichst ohne Zeugen zu hinterlassen. Beim raschen Repetieren in den weiten Feldern war das Geradezugsystem in seinem Element. Auch bei weiteren Schüssen harmonierte der Direktabzug der R8 mit dem Kaliber und den von Sako verladenen TTSX Geschossen. So waren auch Doubletten auf bis zu 200 Meter kein größeres Problem bzw. nach meinen Ansprüchen an waidgerechte Jagd zu verantworten. Die Ernüchterung kam jedoch beim Versorgen bzw. Zerwirken der Stücke im angehenden oder bereits fertigen Winterhaar: Waren rote Böcke auch „untenrum“ noch tiptop und ohne große Entwertungen, so begann das Barnes-Geschoss im Kontakt mit Winterhaar ordentlich zu „matschen“. Besonders in Erinnerung blieben mir ein Kitz mit Geiß, die ich als Doublette auf 160 bzw. 180 Meter erlegen konnte – eigentlich für die 6,5 Creedmoor wie gemachte Distanzen. Beide Stücke wiesen mit Schüssen hinters Blatt erhebliche Hämatome und Versulzungen vom Träger bis zu den Keulen auf. Das hatte ich bei diesem Kaliber eher auf sehr kurze Distanzen erwartet. Auch bei allen übrigen Rehen des Herbstes/Winters zeigten sich i.V. zum Sommer größere Entwertungen. Ob das rein mit der Winterdecke zusammenhängt? Logisch erschließen kann ich mir das zwar bis heute nicht, eine andere Erklärung habe ich aber auch nicht.

Das Geradezugsystem unterstützt bei Doubletten und Tripletten während der Herbst-Pirsch auf weibliches Rehwild.

  • November 2021: Auch aufgrund der Erfahrungen mit den versulzten Winterrehen, schieße ich die R8 auf eine neue Munition um: Hornady Outfitter International. Die Hornady und zumindest „mein“ Blaser-Lauf wurden jedoch nicht die besten Freunde. Unter 38 mm brachte ich die Streukreise nicht. Das mag zwar im begrenzten Einsatz bis 100 Meter Schussdistanz gehen, persönlich ist es mir der Streukreis aber zu groß.

Im Gegensatz zur Barnes TTSX waren die Streukreise mit der Hornady Custom International nicht gerade optimal.

  • Anfang Dezember 2021: Am Morgen des 4. Dezember erwischt mich beim Ansitz in einem Bodensitz ohne Dach ein ordentlicher Eisregen. Nach wenigen Minuten war die R8 von einer Eisschicht gefangen, alle Elemente quasi erstarrt. Die Abzugseinheit saß bombenfest und bewegte sich keinen Millimeter, ähnlich der Verschluss. Mit der Wärme meiner Hände taute ich die Teile so weit auf, dass ich zumindest mit Müh und Not entladen konnte. Etwas bang, wie das wohl ausgehen mag, trat ich die Heimreise an. Mit etwas Zeit und unter wachsamen Augen, taute die Blaser erst auf, um getrocknet wieder in den Waffenschrank zu wandern. Folgen? Keine.

Ein Eisregen Anfang Dezember hatte die komplette Waffe nebst Schalldämpfer fest ummantelt.

Fazit nach einem halben Jahr R8 Ultimate: Eine Blaser R8 ist kein Schnäppchen. Und auch Schäfte mit Schaftrückenerhöhung, Schaftkappenverstellmöglichkeit, usw. mag man auch anderswo bekommen. Die Zuverlässigkeit, Präzision und Variabilität dieser Waffe in ihrer Gesamtheit ist mir der finanzielle Aufwand jedoch wert. Weil man weiß, was man hat und Fehlgriffen aus dem Weg geht. Die R8 Ultimate ist für mich also eine für alles, nur beim Kaliber habe ich meine Zweifel und wechsle daher auf die deutlich breiter aufgestellte .308 Win.

Die Munition wurde uns von Frankonia zur Verfügung gestellt. Danke dafür. 
www.frankonia.de

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