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Gesellschaftsjagd

Stöberhunde als Eintrittskarte zur Jagd?

Für die Bejagung von Rehwild auf Stöberjagden braucht es fährtenlaute Hunde.

Vor wenigen Minuten war Schnallen der Hunde. Also haben die Standschnaller ihre vierbeinigen Jagdkollegen vom Strick gelassen, um die Dickungen ringsum zu beunruhigen. Ein Hundelaut nähert sich meinem Stand. Ich greife zur Waffe, alle Sinne laufen auf Hochtouren. Der Laut nähert sich. Links von mir ein Waldweg. Auf diesem kommen mir zwei Hunde – vorneweg ein Wachtelhund, gefolgt von einem zweiten, der anhaltend Laut gibt.

Ich entspanne mich wieder und stelle die Waffe in die Ecke, um das Duo genauer zu beobachten. Gemächlich trabt der erste Hund den Weg entlang. Immer wieder mit tiefer Nase, folgt ihm der lautgebende zweite. Sie passieren meinen Stand. Den Weg kann ich etwa 150 m weit einblicken, danach macht er eine Linkskurve. Beide Hunde folgen diesem stur, durchgängig laut. „Das hat nichts mit jagen zu tun!“, denke ich mir und schüttle den Kopf. Weder Stöbern die Hunde noch versuchen sie es ansatzweise.

Sind gute Jagdhunde Mangelware geworden?

Seitdem die Zahl an Bewegungsjagden extrem zugenommen hat, gibt es auch deutlich mehr Stöberhundführer. Dabei stammen die meisten der Hunde wahrscheinlich aus „Schwarzzuchten“. Denn die Welpenzahlen der Stöberhund-Vereine haben in den vergangenen zehn bis 15 Jahren im Vergleich nicht enorm zugenommen. Gleiches zeigt die Welpenstatistik des VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen). Es ist im Prinzip auch ganz einfach: Es wird beispielsweise eine Bracke angeschafft, die Brauchbarkeit absolviert und schon ist die Ausbildung fertig. Von jetzt an jagen Hund und Führer getrennt.

Die Jagdeinladungen kommen ins Haus, weil jagende Hunde benötigt werden. „Super, wieder kostenlos an einer tollen Jagd teilnehmen“, freut sich so mancher Hundebesitzer. Doch was sie während des Treibens machen, kann niemand überprüfen. Losgelöst vom Herrchen, irgendwo in der „Walachei“, rennt der Stöberhund einer zwei Wochen alten Rotkehlchenfährte hinterher und kläfft sich die Seele aus dem Leib. Am Ende der Jagd zeigt das Garmin 18 Kilometer. „Was hat mein Hund doch gejagt!“, hört man es anschließend beim Schüsseltreiben. Doch noch besser sind jene, die ihren blitzsauberen Hund nach der Jagd mit an den Streckenplatz bringen, an den Keulen zerren lassen, damit er auch mal Wild gesehen hat. Drei Stunden saß er nämlich im Kofferraum, während Herrchen die Gratis-Jagd genießen konnte.

Ähnlich des Schießnachweises für Bewegungsjagden sollte eine Gatterprüfung als Nachweis für Jagdhunde eingeführt werden.

Auf einer anderen Jagd habe ich zwei Sauen geschossen, als eine Bracke auf dem Weg auftaucht. Ich erinnere mich, dass ich in der Richtung einen Hundeführer angesetzt hatte, der seinen Hund vom Stand schnallen wollte. Doch dieser Jagdhund scheint sich kaum von der Stelle zu bewegen. In Zeitlupe setzt er einen Lauf vor den anderen. Nach 30 Minuten passiert er meinen Stand. Es ist unglaublich, noch nie habe ich einen so langsamen Vierbeiner erlebt. Nun gut, vielleicht ist er verletzt und kann nicht anders. Doch in dem Moment bekommt er Wind von meiner erlegten Sau. Wie der Blitz verschwindet er im gegenüberliegenden Bestand. Der zugehörige Hundeführer wird nie sehen, wie sein Vierbeiner wirklich jagt. Aber vielleicht weiß er es auch ganz genau. Immerhin kommt sein Hund nie in die Gefahr, geschlagen zu werden und er kann selbst auf zahlreiche Gesellschaftsjagden gehen.

Ohne Hunde geht es nicht

Ein weiteres Schlüsselerlebnis hatte ich während einer anderen Drückjagdsaison: Morgens bei der Anmeldung werden von einem Masterstudenten Tracker-Halsbänder verteilt, um die Arbeit der Hunde im Nachhinein auswerten zu können. Vor mir steht ein Herr mit einer Dachsbracke an der Lederleine. Als er an der Reihe ist, fragt ihn der Student, ob er seinen Hund vom Stand schnallen würde und ein GPS-Halsband dafür haben wolle. Die Antwort vergesse ich nie: „Nein, der Hund ist für die Nachsuche da.“ Seit Jahren begleite ich die Schweißhundführer auf dieser Jagd bei den Nachsuchen. Den Herrn mit der Dachsbracke habe ich anschließend nur kurz beim Streckelegen wiedergesehen, mit seinem Hund an seiner Seite, wie er an einer Rehkeule zerrt.

Vier Tage lang wachte die Bracke an der Seite des toten Herrchens (Symbolbild).

Keine Frage, wir brauchen Stöberhunde auf den großflächigen Jagden. Doch scheinbar nutzen viele „Hundeführer“ das schamlos aus, um von einer Jagd zur anderen zu fahren. Das hat nichts mit den hier erwähnten Rassen an sich zu tun. Man könnte sogar sagen, ihre jagdlichen Eigenschaften werden von derartigen „Nutznießer-Jägern“ ausgenutzt. Ich verlange von den Hundeführern keine Objektivität bei der Bewertung ihrer Hunde. Ich habe auch noch nie einen getroffen, der über seinen Vierbeiner sagt: „Also Sauen jagt er überhaupt nicht, vielleicht mal ein Reh“. Klar, dass die meisten Jäger ihre Hunde lieben und sie nicht ins schlechte Licht stellen wollen. Deswegen müssten Regeln her, die die tatsächliche Arbeit der Hunde kategorisieren. Vielleicht sollte auch jeder Hund eine Gatterprüfung vorweisen, bevor er auf einer Drückjagden laufen darf – wie ein Schießnachweis, der die Schützen als fähig für die Teilnahme an einer Bewegungsjagd einstuft. Eins steht für mich jedenfalls fest, der Einsatz von unkontrolliert jagenden Stöberhunden ist nicht förderlich für einen erfolgreichen Jagdablauf.

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