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Rau-, Saft- und Kraftfutter

Anleitung: Wildfutter für Kirrung und Fütterung gewinnen

Beim wiederkäuenden Schalenwild unterscheidet die Wissenschaft aufgrund der Ernährungsphysiologie den Raufutterfresser wie Mufflon und Steinbock, den Intermediären Typ wie Rot- und Damwild sowie den Konzentratselektierer wie Reh und Elch. Je nachdem wie kompliziert der Verdauungstrakt aufgebaut ist, muss die betreffende Wildart leicht verdauliche, aber nährstoffreiche Äsung aufnehmen oder ist in der Lage, selbst stark zellulosehaltige, nährstoffarme Nahrung zu verwerten.

Gibt es viel Mast, erübrigt sich häufig eine Fütterung bzw. Kirrung.

Raufutter: Basis für Wildwiederkäuer

Zum Raufutter gehören Gras, Stroh, Laubheu, Proßholz, Heu, Heulage und Silage, wobei je nach Feuchtigkeitsgehalt Silagen bereits zum Saftfutter gerechnet werden können. Die Übergänge sind nicht klar definiert, sondern fließend. Je nach Struktur und Nährstoffgehalt gehört es zum Basisfutter jedes Wildwiederkäuers. Die Aufnahme ist für das Tier essenziell, denn erst dadurch wird eine vermehrte Speichelproduktion und Kautätigkeit angeregt. Der Speichel wird zum Aufschließen der Zellulose und einer besseren Verwertung der Nährstoffe benötigt. Er verhindert, dass die Magenschleimhaut von der Magensäure angegriffen wird und sich Geschwüre bilden können.

Während der erste Grasschnitt zur Heugewinnung gewöhnlich zur oder nach der Gräserblüte erfolgt und viel harte Stängel enthält, sind der ganz frühe Schnitt deutlich vor der Blüte oder dann der zweite Schnitt (Grummet genannt) vielmehr von Klee, Kräutern und jungem Gras mit viel Blattmasse und einem deutlich höheren Eiweißgehalt geprägt. So eignet sich der erste Schnitt eher für die Raufutterfresser und die intermediären Typen. Das Grummet hingegen ist eher etwas für die Konzentratselektierer.

Muffelwild als Raufutterfresser findet in der Heulage ein perfektes Alleinfutter.

Je nachdem für welche Schalenwildart wir den konservierten Grasschnitt der Wildwiesen als Winterfutter benötigen, wählen wir also einen passenden Schnittzeitpunkt. Zum anderen entscheiden vielfach das Wetter und die Lagerkapazität, ob wir uns für Heu, Heulage oder Silage entschließen. Entscheidend für die Qualität und damit die Annahme durch das Wild sind eine hohe pflanzliche Artenvielfalt, die Düngung, der Schnittzeitpunkt und das Verfahren der Konservierung.

Wildwiesen zum Heuen nutzen

Natürlich werden Wildwiesen in erster Linie angelegt und gedüngt, um das Wild ganzjährig im Revier zu binden, Verbiss im Wald zu reduzieren und das Wild sichtbar zu machen. Doch selten wird der Grasaufwuchs so stark beäst, dass sich das Heuen nicht lohnen würde. Streben wir an, Winterfutter für Rot-, Dam- oder Muffelwild zu werben, lassen wir die Gräser bis zur Samenreife stehen. So haben wir für sie noch bestes Winterfutter, erhalten aber gleichzeitig auch eine natürliche Verjüngung der Wildwiese.

Dieses Vorgehen fördert die Insektenvielfalt und gibt dem Jungwild ausreichend lange Deckung. Optional ist dann im September noch ein Grummet-Schnitt möglich, der fürs Rehwild interessant ist. Zielen wir von Anfang an auf eine Mitnutzung durch Rehwild im Winter ab, sollten wir den ersten Schnittzeitpunkt früher setzen, um einen höheren Eiweißgehalt zu konservieren.

Saftfutter: häufig Wasser statt Nährwert

Wie der Name schon sagt, enthält Saftfutter einen entsprechend hohen Wassergehalt. Dazu zählen Rüben, Kartoffeln, Möhren, Kohl, Obst und deren Trester sowie Silagen. Insbesondere Äpfel sind beim Schalenwild beliebt. Auch das Rehwild nimmt Obst sehr gern auf und reagiert schnell auf den aromatischen Lockstoff. Da sich Obst aber nicht lange lagern lässt, kommt für die Herstellung von Wildfutter und aufgrund der starken Lockwirkung als Kirrungsfutter nur die konservierte Version als Trestersilage in Frage. Weil frischer Apfeltrester aufgrund heftiger Reaktion mit Sauerstoff nur eine sehr begrenzte Haltbarkeit besitzt und häufig vom Wild nicht so gern angenommen wird, muss er siliert werden. Dazu gibt es eine Reihe von Tipps und Tricks.

Am besten lagern wir Waldfrüchte und Silagen luftdicht in Fässern.

Das Silieren von Apfeltrester geschieht in der einfachsten Form durch festes Einstampfen in Plastikfässer oder -säcke. Häufig verursacht der Lufteinschluss an der Fassöffnung Probleme, sodass genau dort Futter verdirbt und sich die Fäulnis oder Schimmelbildung je nach Lagerung nach unten fortsetzt. Wer diesbezüglich sicher gehen will, füllt zum einen das Behältnis so weit es geht auf und streut oben auf den Trester ca. 500 g Zucker oder Salz auf, was eine Gärung unter Sauerstoffzufuhr in der obersten Schicht unterbindet.

Eine Alternative ist das leichte Begießen der oberen Schicht vor dem Verschließen mit Ameisen- oder Propionsäure, die im Landhandel bezogen werden kann. Es ist wichtig, dass man frischen Apfeltrester zum Silieren verwendet. Wird dieser zwischengelagert und erst später eingestampft, oxydiert er auf großer Oberfläche. Eine alkoholische Gärung mit einer entsprechenden Erwärmung wären die Folge. Die Qualität des Apfeltresters würde stark zurückgehen.

Beliebtheit beim Wild steigern

Süßer, aromatischer Apfeltrester ist auch für die meisten Raubwildarten ein hervorragender Köder.

Je nach Qualität der Obstpresse enthält der frische Trester mehr oder weniger Saft/ Wasser. Wer reinen Apfeltrester einsiliert, wird bei hohem Wassergehalt feststellen, dass er auch nach dem Silieren eine matschige Konsistenz besitzt, die beim Wild nicht so beliebt ist. Deutlich sinnvoller ist es, vor dem Einstampfen dem Trester je nach Nässe 10-20 % Gerste oder Hafer beizumischen. Das erhöht zum einen die Attraktivität des Futters, zum anderen zieht das Getreide das überzählige Wasser und quellt auf. Wir erhalten ein qualitativ hochwertiges Futter, das sich obendrein später gut schaufeln lässt.

Wenn das jeweilige Landesrecht eine Beimischung von Getreide zum eher nährstoffarmen Apfeltrester zulässt, sollten wir es unbedingt nutzen. Nach dem Eintreten des Tresters verschließen wir das Fass mit Deckel und Spannring. Ideal kann ein anschließendes Öffnen des Spannrings sein, um entstehende Gärgase entweichen zu lassen. Dadurch strömt kein Sauerstoff nach. Nach einer guten Woche können die Fässer schließlich fest verschlossen werden. Nach vier bis sechs Wochen ist der Siliervorgang abgeschlossen, und das Futter kann dann zum Kirren oder zur Winterfütterung verwendet werden.

Kraftfutter: Echte Energiebombe

Waldfrüchte gehören zu den wohl wichtigsten Elementen der Ernährungsgrundlage des Schalenwildes im Waldrevier. Mit einem den Getreidesorten vergleichbaren Energiegehalt bieten sie im Herbst die wichtigste Basis für das Wild, um sich ausreichende Feistreserven für die harten und Wintermonate anzulegen. Zudem erreichen sie deutlich höhere Rohfasergehalte, die insbesondere den Wildwiederkäuern ernährungsphysiologisch entgegen kommen und sind – einen entsprechenden Bestand an Mastbäumen vorausgesetzt – sogar eine kostenlose Futtergrundlage.

Hochwildarten lassen sich mit gesammelten Waldfrüchten lenken.

Insbesondere in den Landesteilen, die eine Winterfütterung des Wildes untersagen, findet sich hier eine sinnvolle Alternative. Leider schwanken die Ernten nicht nur stark, auch die Lagerung der Waldfrüchte kann aufgrund des zum Teil hohen Stärke- und Zuckergehaltes Probleme bereiten. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten: Die Trockenlagerung, die Lagerung im Freien, die Fasslagerung in Salzlake und das Einarbeiten der Waldfrüchte als Bestandteil in der Silage.

Leider sind Waldfrüchten mancherorts aufgrund von gesetzlichen Sammelbeschränkungen nur begrenzt verfügbar. Wer aber die Möglichkeit hat, kann mit ihrem Einsatz das Wild für jagdliche Zielsetzungen lenken oder bei ausreichenden Reserven sogar die Vorbereitungen auf strenge Wintermonate erleichtern. Langfristig lohnt es sich sogar darüber nachzudenken, Mastbäume verstärkt als Lebensraumaufwertung im Revier einzubringen – doch bis sie Früchte tragen, heißt es selbst anpacken und bis zur Nutzung durch das Schalenwild optimal lagern.

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