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Tödliche Infektion bei Jagdhunden

Achtung Aujeszky!

Das Aujeszky-Virus kann von Schwarzwild auf Jagdhunde übertragen werden.

Die weltweit verbreitete und durch ein Herpesvirus hervorgerufene Aujeszkysche Krankheit (auch Pseudowut oder Juckseuche) wurde 1902 in Ungarn erstbeschrieben und hat Haus- und Wildschweine als natürliche Hauptwirte. Endwirte sind Hunde, Katzen, Frettchen und andere Fleischfresser sowie Rinder, Schafe und Ziegen. Unter Wildtieren sind Fälle bei Rot- und Rehwild, Fuchs, Dachs, Fischotter, Marder, Iltis, Feldhase, Kaninchen, Ratten und beim Luchs beschrieben. Für Endwirte verläuft die AK als Gehirn- und Rückenmarksentzündung meist tödlich, eine Übertragung zwischen Endwirten erfolgt aber nicht. Menschen sind für das Virus nicht empfänglich.

Bei Wildschweinen zeigen zahlreiche Untersuchungen in Europa, dass mit Durchseuchungsraten zwischen wenigen Prozenten bis regional über 50% zu rechnen ist. So konnten beispielsweise in Italien (Grosetto) bei 51%, in Kroatien, Spanien und der Tschechischen Republik bei 30%, in Slowenien bei 26%, in der Schweiz 0,6% oder in Österreich bei 22% der untersuchten Wildschweine spezifische Antikörper gegen das AK-Virus nachgewiesen werden. In Deutschland breitet sich die AK derzeit deutlich aus. Österreich gilt nach einem Eradikationsprogramm für den Hausschweinebestand seit 1997 als frei von AK, Deutschland seit 2003. Eine Impfung gegen die AK ist in Deutschland beim Schwein verboten.

Unabhängig von ihrer Größe, Aujeszky ist hochgefährlich für Hunde.

Einmal angesteckt bleibt das Virus

Ein positiver Antikörpernachweis weist auf eine vorhandene Infektion hin. Der Erreger der AK kann lebenslang im Wirt verbleiben, ohne durch Antikörper abgetötet zu werden. Das liegt daran, dass sich das Herpesvirus nach akuter Infektion in das Nervensystem zurückzieht, wo es schlummert und kaum nachgewiesen werden kann. Daher ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Verbreitung des Erregers noch deutlich unterschätzt wird.

Bei der Aujeszkyschen Krankheit gibt es eine wahrnehmbare Saisonalität der Erregerausscheidung. Durch Stressoren können die Viren aktiv werden und es kann wieder zu Symptomen kommen. Die Tiere werden für einen bestimmten Zeitraum dann erneut zu Ausscheidern und können in der Folge andere Tiere infizieren.

Stresszustände können das Virus aktivieren

Die hauptsächlich im Winter stattfindende Rausche kann ein bedeutender Auslöser sein. Dazu passen auch die in dieser Jahreszeit gehäuft aufgetretenen Fälle von AK bei Jagdhunden nach Wildschweinkontakten. In Österreich wurden durchschnittlich 22% Wildschweine mit Kontakt zu AK-Viren bestätigt, wobei „Risikogebiete“ erkannt werden konnten. Für das Burgenland lag im Jahr 2011 der Prozentsatz bei 17% serologisch AK-positiven Wildschweinen und bei einer weiteren Untersuchung im Jahr 2015 bei 36% der untersuchten Wildschweine, was somit eine Verdoppelung der Prävalenz innerhalb von 3 Jahren bedeutet.

Zugleich gingen die Schwarzwildstrecken regional sowie auch großräumig zurück, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht nur auf die jagdlichen Entnahmen oder Witterungsfaktoren zurückzuführen ist (DEUTZ et al., 2018).

Auch viele andere Wildarten können sich als Endwirte mit dem Virus infizieren. Für sie endet die Krankheit meist innerhalb kurzer Zeit tödlich.

Beobachtungen von Berufsjägern und Jägern aus dem Untersuchungsgebiet, die geringe Frischlingszahlen bzw. kleine Würfe sowie nicht führende Bachen betreffen, stützen diese Hypothese. Ein weiterer Hinweis ist das vermehrte Auftreten von Räude und Ferkelruß (einer Staphylokokkeninfektion der Schwarte), die mit der immunsuppressiven Wirkung einer Herpesvirus-Infektion wie der AK zusammenhängen können.

Tote Sauen und immer weitere Verbreitung

Damit ist naheliegend, dass im Zusammenhang mit der Zunahme von AK beim Schwarzwild diese Schweineseuche durch massive Ausfälle besonders im Frischlingsalter wesentlich am kurzfristigen Rückgang der Schwarzwildbestände und der Halbierung der Schwarzwildstrecken im Burgenland beteiligt war. Mit der steigenden Durchseuchung und einer höheren Anzahl von Bachen, die eine Infektion durchgemacht und überstanden (und damit Antikörper) haben, dürften die Ausfälle unter den Frischlingen wieder deutlich zurückgegangen sein. Das zeigen auch die steigenden Erlegungszahlen. Die Schwarzwildstrecken haben in den letzten Jahren im Burgenland wieder Rekordhöhen erreicht.

Auch beim Beschlag kann das Virus in der Rotte weitergegeben werden.

Die Virusübertragung bei Wild- und Hausschweinen erfolgt sowohl durch Tröpfcheninfektion, durch direkten Tierkontakt innerhalb der Rotte, während der Rausche (Viren lassen sich auch im Sperma der Keiler nachweisen.), Kontakte zwischen Frischlingen und Bache, aber auch als Folge von Kannibalismus. Das Virus bleibt in Speichelrückständen der Schweine an verschiedenen Oberflächen 1 bis 7 Tage infektiös und kann so auf andere Stücke übertragen werden (Kirrungen!). Gegenüber Umwelteinflüssen ist es relativ stabil und kann vor Sonneneinstrahlung geschützt und bei niederen Temperaturen mehrere Wochen und sogar Monate ansteckungsfähig bleiben. Fliegen sind als Überträger möglich. Fleischfresser können sich sowohl durch direkten Kontakt als auch durch das Fressen an Fallwild oder Aufbrüchen mit dem Virus infizieren.

Hohe Sterblichkeit unter Jungtieren

Die AK beim Schwein führt nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen bei Frischlingen zu Fieber, Erbrechen und Bewegungsstörungen, Kreisbewegungen, Schlucklähmung, Krämpfen bzw. Lähmungserscheinungen. Die Sterblichkeit bei säugenden Frischlingen liegt je nach Alter bei 50 bis 100%. Ältere Frischlinge zeigen Nasenausfluss, Fieber, Atemnot und Rückgang der Fraßaufnahme. Bei Überläufern und Mastschweinen treten Atemwegserkrankungen sowie Apathie auf, und die Sterblichkeitsrate beträgt nur noch wenige Prozent. Bei Bachen stehen Fruchtbarkeitsprobleme (z.B. Abortus) im Vordergrund. Symptomlose Virusträger und Ausscheider sind bei älteren Schweinen möglich. Auffällig sind Bachen mit sehr kleinen Würfen oder nicht führende Bachen mit Gesäuge, die Frischlinge krankheitsbedingt verloren haben.

Führen viele Bachen keine oder nur sehr wenige Frischlinge, könnte dies ein Anzeichen für die Aujeszkysche Krankheit in der Region sein.

Wie infizieren sich Jagdhunde?

In den letzten Jahren ereigneten sich in Österreich und Deutschland einige gut dokumentierte Fälle von AK bei Jagdhunden. Die meisten erkrankten Hunde hatten im Rahmen von Schwarzwildjagden einen möglichen oder bestätigten direkten Kontakt zu erlegten Wildschweinen (z.B. am Aufbrechplatz) oder wurden mit Organen vom Schwarzwild genossen gemacht. Kleinste Mengen von infektiösem Fleisch oder Organen reichen für die Infektion eines Hundes. Auch Schweiß kann einige Tage virushaltig sein. Losung und Urin bergen nur geringes Risiko. Hochriskant ist der Kontakt mit Kopf- und Genitalschleimhäuten. Eine Übertragung ist auch durch den Biss eines infizierten Wildschweines möglich, oder durch das Verfüttern von rohen Wildschweinprodukten, wie Speck an Hunde.

Tödlicher Krankheits-Verlauf beim Hund

Die Hunde erkranken im Zuge der AK an einer Gehirn- und Rückenmarksentzündung mit zentralnervösen Erscheinungen, Speichelfluss und sehr starkem Juckreiz, wobei die Erkrankung i.d.R. nach 1 bis 3 Tagen tödlich endet. Abweichend zur Tollwut haben die an AK erkrankten Endwirte oft starken Juckreiz im Kopfbereich sowie Symptome einer Atemwegsinfektion und einen zumeist deutlich kürzeren Krankheitsverlauf. Die Lokalisation des Juckreizes kann mitunter einen Hinweis auf die Eintrittspforte geben. Im Gegensatz zum Schwein verbreitet sich das Virus nicht über den Blutweg, sondern über Nervenbahnen.

Als Schutzmaßnahmen für Jagdhunde gilt: Der direkte Kontakt zu Schwarzwild sollte möglichst eingeschränkt werden, gänzlich verhindern lässt er sich im Jagdbetrieb nicht. Auf alle Fälle tabu, ist das „Genossen machen“ mit Organen vom Schwarzwild. Ein intensiver Kontakt zu erlegtem Schwarzwild (Schleimhäute!), das Anschneiden von Schwarzwild sowie ein Kontakt zu Aufbrüchen oder zu Schwarzwildstrecken ist zu vermeiden. Schweiß vom Schwarzwild für Schweißfährten aus Risikogebieten könnte vorsorglich auf AK untersucht und dann konserviert werden (geringes Risiko, da Blut nur wenige Tage virushaltig ist). Ebenso könnte Schwarzwild in „Schwarzwild-Übungsgattern“ auf AK untersucht werden. Bei Einhaltung dieser Schutzmaßnahmen ist die AK als „Berufskrankheit“ von Jagdhunden mit hoher Sicherheit zu verhindern.

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