Interview
Die nächste Generation
PIRSCH: Worin lag die Motivation, als junger Mensch ein solch verantwortungsvolles Ehrenamt zu belegen?
Max Widmann: Mein Beweggrund war, dass die Wahrnehmung der Jagd in der Öffentlichkeit immer wichtiger wird.
Lina Held: Das ist auch mein Beweggrund. Ich möchte in 20 Jahren noch jagen gehen und das auch meinen Kindern und Enkeln ermöglichen. Wenn wir die Wahrnehmung der Jagd in der Öffentlichkeit nicht verbessern, werden wir Probleme bekommen.
PIRSCH: Was wurde denn Ihrer Ansicht nach bislang falsch gemacht?
Lina Held: Die Jägerschaft hat sich zu lange ausgeruht. Wir haben weggeschaut und übersehen, dass unser Status in der Gesellschaft immer schlechter wurde.
Max Widmann: Teile waren auch lange Zeit zu verschwiegen. Das war aber wohl jagdpolitisch auch so gewollt.
Johannes Maidhof: Für viele der Vorgänger-Generation war die Jagd immer sehr selbstverständlich. Weil sie es auch für die Gesellschaft selbstverständlich war. Der Jäger war eine Dorfautorität! Das fehlt heutzutage. Wir müssen uns rechtfertigen und erklären. Da tun sich die, die das von früher noch anders kennen, schwerer.
PIRSCH: Das bedeutet einen Paradigmenwechsel in der Kommunikation. Warum können das Junge besser als Ältere?
Johannes Maidhof: Ich glaube gar nicht, dass das junge Menschen besser können als ältere. Nur haben wir häufiger weniger Berührungsängste, auf Leute zuzugehen. Auch die technischen Möglichkeiten sind wohl besser abgedeckt. Aber auch die klassische Pressearbeit ist immer noch unheimlich wichtig. Würden wir uns nur auf junge Kanäle wie Social Media fixieren, würden wir was falsch machen, weil wir die sogenannte Boomer-Generation außen vor lassen würden. Und das sind die, die Entscheidungen treffen.
PIRSCH: Ich höre also raus, dass Verbandsarbeit dann funktioniert, wenn die Mischung aus Jung und Alt passt.
Lina Held: Wir hatten nie das Ziel, ein mega junger Vorstand zu sein und uns vor dem Gewohnten zu verschließen. Nur haben wir aus der älteren Generation niemanden gefunden, der ein Amt in der ersten Reihe übernehmen wollte.
„Ich kann nur jeden jungen Menschen ermuntern, sich da nicht abwiegeln zu lassen, sondern dranzubleiben.“
Johannes Maidhof: Im Beirat sind wir aber gut besetzt. Da passt die Mischung. Außerdem kam mir bislang nichts Negatives bezüglich unseres Alters zu Ohren. Wahrscheinlich auch, weil viele aus der vorherigen Vorstandschaft sich auf eigenen Wunsch in die zweite Reihe zurückgezogen haben. Sie stehen uns beratend immer zur Seite, worüber wir auch sehr dankbar sind. Für uns ist das die perfekte Mischung.
PIRSCH: Wie lief der Wahlkampf ab? Gab es überhaupt einen?
Johannes Maidhof: Corona-bedingt mussten wir das Meiste telefonisch machen. Wir haben Meinungen eingeholt, was sich die Leute von einem Vorstand erwarten, und ihnen unsere Ansichten erklärt. Lina, Philip und ich waren aber auch bereits in der Kreisgruppe tätig und damit kein vollkommen unbeschriebenes Blatt.
PIRSCH: Wie schafft man es als junger Mensch, die Alltagsherausforderung Karriere – Familienplanung – und evtl. Eigentum mit einem Ehrenamt unter einen Hut zu bringen?
Philip Isfort: Ich z.B. bin beruflich stark eingespannt, Vater eines kleinen Jungen, dazwischen möchte ich auch noch jagen gehen: Da gehört natürlich Familienmanagement und auch Zurückstecken der eigenen Freizeit dazu. Man muss einfach lernen, zu priorisieren und auch Dinge zu verschieben.
Lina Held: Kurz gesagt: Man braucht auch einen sehr toleranten Partner.
Max Widmann: Was auch elementar wichtig ist, ist die Aufgaben vernünftig zu verteilen. Es muss nicht jeder auf jeder Veranstaltung sein. Auch die interne Disziplin muss funktionieren. Wir müssen uns aufeinander verlassen können.
Lina Held: Bei uns sind Gott sei Dank auch die Kommunikationswege sehr kurz.
Johannes Maidhof: Man muss deligieren lernen. Ich habe oft den Eindruck, dass manche Vorsitzende alles selbst machen (wollen) und die Arbeitsbelastung eher ungleich verteilt ist. Wir wollen die Aufgaben gemeinsam erfüllen, jeder hat seine Schwerpunkte. Nur so können wir unseren Ansprüchen gerecht werden. Es ist stets ein Fordern und Fördern. Ein Ehrenamt darf anstrengend sein, darf aber nicht ärgern. Es muss Spaß machen, Verantwortung für die Jagd zu übernehmen.
PIRSCH: Worin liegen die Herausforderungen der kommenden Jahre für die Jägervereinigung Spessart-Aschaffenburg?
Max Widmann: Die Jagd in der Öffentlichkeit positiv zu besetzen, wird auch bei uns die Herausforderung der Zukunft sein.
Lina Held: Da spielt natürlich Kommunikation die überragende Rolle. Sowohl intern an die Mitglieder als auch nach außen an die nicht-jagende Bevölkerung. Da müssen wir aktiver werden.
Johannes Maidhof: Eine weitere sehe ich in der Themenfindung der jagdlichen Ausbildung. Wir müssen auch Themen der Zeit in den Lehrplan mitaufnehmen und über den Tellerrand schauen. Die meisten Jagdscheinaspiranten haben keinen jagdlichen Familienhintergrund mehr. Das heißt, dass wir als Jagdschule auch die Aufgabe haben, ihnen ein gewisses Werteverständnis zu vermitteln. Außerdem ist Nachwuchsförderung ein wichtiger Punkt der Zukunft. Wir brauchen einen attraktiven Verein, um zu wachsen.
Lina Held: Gerade das Werteverständnis und die Ethik sind sehr wichtige Punkte. Wer jagdlich angezogen ist, gibt sich als Jäger öffentlich zu erkennen. Da muss auch das Verhalten passen, sonst fällt es schnell auf die Jägerschaft an sich zurück.
PIRSCH: „Wald vor Wild“ ist seit langem ein Thema. Aschaffenburg hat einen größeren Waldanteil und auch große Forstbetriebe.
Johannes Maidhof: Wir haben nach meiner Erfahrung hier nicht die Diskussionsschärfe wie in anderen Regionen. Viele von unseren Jägern gehen beim Forst auch jagen – die Bayerischen Staatsforsten sind hier mitunter die größten Jagdrechtsinhaber.
Max Widmann: Die aktuelle Förstergeneration im Spessart sind selbst passionierte Jäger, daher verstehen diese, dass zum erfolgreichen Waldumbau nicht nur der Jäger verantwortlich gemacht werden kann. Viele zukunftsträchtige Baumarten werden ohne das Zutun der Forstwirtschaft nicht Fuß fassen können.
PIRSCH: Wie kommt denn das vergleichsweise scharfe Vorgehen des BJV-Präsidiums bei Ihnen an?
Johannes Maidhof: Aschaffenburg hatte durch seine exponierte Lage schon immer den Stand eines eher unbeteiligten Zuschauers. Es gibt verschiedene Schwerpunkte, und das macht Bayern auch aus.
Lina Held: Klar, wir beziehen Informationen usw. aus Feldkirchen. Der Schwerpunkt unserer Arbeit in der Kreisgruppe ist nicht vergleichbar mit dem auf Landesebene. Man hat andere Zielgruppen und Aufgabengebiete. Wir haben die Verpflichtung, nah am Bürger zu sein und Aufklärung zu leisten. Das, was auf der Landesjagdverbandsebene passiert, ist oft eher politisch.
PIRSCH: Das Versprechen „mehr Geld für die Kreisgruppen“ kam bei Ihnen gut an?
Johannes Maidhof: Sicherlich. Die Pläne und Ideen des neuen Präsidiums sind gut. Um sie bewerten zu können, müssen sie jetzt umgesetzt werden. Das ist Pandemie-bedingt natürlich nicht gerade leicht.
PIRSCH:: Zwei von Ihnen sind verstärkt in den sozialen Medien unterwegs. Müssen wir diese Karte mehr spielen?
Lina Held: Ich bin erstaunt, wie hoch der Altersdurchschnitt geht. Das sind nicht nur die jungen Leute. Social Media ist aber nur ein Instrument von vielen, der alleinige Weg ist es sicherlich nicht. Wichtig ist es natürlich, das richtig zu machen.
PIRSCH: Was heißt denn „richtig“?
Lina Held: Man sollte nicht alles romantisieren. Ja, wir erlegen Tiere. Deshalb sind wir auch Jäger. Wir müssen aber auch erklären, warum wir das tun und was alles drumherum passiert.
Johannes Maidhof: Für mich sind soziale Medien ein Baustein, um eine Art Vorbildfunktion ausspielen zu können. Mit 35 bin ich schließlich 10 Jahre älter als das Gros der Instagram-Nutzer. Öffentlichkeitsarbeit für mich als Privatperson ist es aber nur bedingt, da die meisten Follower von Jägern Jäger sind.
PIRSCH: Warum sollte jeder Jäger Mitglied eines Jagdverbands sein?
Johannes Maidhof: Wer etwas bewegen will, muss mitmachen. Nur zu motzen bringt einem selbst und der Sache auch nichts. Nur als Mitglied hat man ein Mitspracherecht. Und nur ein starker Verband bringt jeder Jägerin und jedem Jäger was.
Max Widmann: Natürlich müssen auch die Mehrwerte stimmen. Fortbildungen, rechtlicher Beistand, Versicherung, Schießstand sind gute und wichtige Argumente. Das ist für viele schon auch ein Grund.
Lina Held: Als junger Mensch hat man es aber leider nicht immer einfach, sich in einer Kreisgruppe zu engagieren. Man bekommt schnell Gegenwind. Das schreckt viele ab. Und das darf eigentlich nicht mehr sein, wenn wir weiter Verbandsarbeit machen wollen. Ich kann nur jeden jungen Menschen ermuntern, sich da nicht abwiegeln und abweisen zu lassen, sondern dranzubleiben. Denn es macht Spaß und ist es wert.
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