Anerkennung einer Jagdhundrasse
Das Novum Westfalenterrier
Als die ersten Jagdhunde zur Begutachtung gerufen werden, reißt der Himmel auf. Es ist ein Donnerstag Ende August vergangenen Jahres. In Kleinlüder bei Fulda (Hessen) haben sich 37 Westfalenterrier samt ihren Führern zusammengefunden, um sich von einem internationalen Formwertrichter bewerten zu lassen. Der Grund: Der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) hatte geladen. Die Veranstaltung diente der sogenannten Phänotypisierung der neuen Rasse „Westfalenterrier“.
Als im Mai 2020 bekannt geworden war, dass der VDH den Westfalenterrier als Rasse anerkennt, war ein Novum geschaffen worden. Vergleichbares war bislang nämlich noch keiner national gezüchteten Jagdhundrasse mit Arbeitsprüfung gelungen. Der Westfalenterrier entstand um 1970 aus Kreuzungen des Deutschen Jagdterriers mit Lakeland Terriern sowie Foxterriern. Die kleinen Hunde sollen spurlaut, klein, führig, verträglich und wasserfreudig sein. Über die Jahre hinweg entstanden mehrere Zuchtvereine. Der 1972 gegründete „Verein für Westfalenterrier e.V.“ fungierte nun als Triebfeder für eine Anerkennung durch den VDH und die erst im Nachgang mögliche Anerkennung durch den Jagdgebrauchshundverband (JGHV). Das fortlaufende Anerkennungsverfahren dabei ist Grundvoraussetzung dafür, beim JGHV überhaupt geführt zu werden.
Der erfahrene internationale Formwertrichter Josef Pohling begutachtete die Hunde unter seinen strengen Augen gemäß den verfassten Standards. Demnach sollen die Hunde maximal eine Wideristhöhe zwischen 32 und 40 cm haben.
Haarige Ansprüche an neue Rasse
Das Haar des Westfalenterriers kann glatt oder rauhaarig sein, sollte aber laut Standard den Hund einerseits gut schützen und andererseits pflegeleicht sein. Farblich sollen die Terrier loh- bis saufarben sein, wobei eine ausgeprägte dunkle Maske im Gesicht der kleinen Hunde erwünscht ist. Laut Standard seien schwarz-lohfarbene Hunde zwar unerwünscht, würden aber toleriert.
Doch nicht nur auf die äußerlichen Merkmale achtet der VDH bei einer Anerkennung. Ein kurz angesetzter Verhaltenstest, welcher durch die Tierärztin und erfahrene Hundezüchterin Barbara Thiel durchgeführt wurde, sollte die Hunde zusätzlich auf ihre Wesensfestigkeit überprüfen. Dabei wurden die Terrier bei ihrem Verhalten gegenüber Menschen sowie Artgenossen genau beobachtet. Zudem wird der Hund von einer fremden Person angefasst und durch leichtes Schubsen provoziert.
Thiel zeigte sich begeistert: „Bei anderen Rassen haben wir bei diesen Tests durchaus Probleme. Diese freundlichen Hunde bestehen aber das alles mit Bravour!“ Tatsächlich zeigt sich keiner der Hunde in irgendeiner Art und Weise beeindruckt. Im Rassestandard wird explizit erwähnt, dass sie von jedermann für die Jagd zu führen sein sollen. Das ist auch das Bild, welches sich auf der Veranstaltung zeigte: Die anwesenden Hunde präsentieren sich trotz des großen Trubels ruhig, legten sich führernah ab und verweilten dort unbeeindruckt, bis sie selbst an der Reihe waren.
„Der Rassestandard betont, dass die kleinen Hunde von Jedermann zu führen sein sollen.“
Der auf der Phänotypisierungsveranstaltung anwesende JGHV-Geschäftsführer Jan Schafberg sicherte den Anwesenden zu, dass nach Ausstellung der Registerpapiere durch den VDH der Jagdgebrauchshundverband diese Papiere noch mit dem Sperlingshund versehen wird. Dies wurde von den Anwesenden auch sehr positiv und dankbar aufgenommen. Damit können Westfalenterrier, die diese Registerpapiere besitzen, die Brauchbarkeitsprüfungen der Bundesländer und auch die Leistungsprüfungen (wie z.B. Verbandsschweißprüfung oder Verbandsstöberprüfung) des JGHV absolvieren. Gemäß JGHV-Satzung ist das auch nach §23 möglich.
Zugelassen, nicht anerkannt
Bei dem ganzen Prozedere ist tunlichst auf die Verwendung des richtigen Vokabulars zu achten: Durch das bislang angestoßene Verfahren wird der Westfalenterrier nämlich beim JGHV nur als zugelassene Rasse geführt. Um als Rasse anerkannt zu werden, muss auch der Verein dem JGHV und dem VDH angehören. Das Zuchtbuch der Westfalenterrier führt aber vorläufig noch der VDH. Bei „kleineren Rassen“ – im Bezug auf die gewölften Welpen je Jahr – ist dies der übliche Weg. Eine Aufnahme des Vereins für Westfalenterrier e.V. durch den JGHV wäre der denkbar nächste Schritt, sofern die Voraussetzungen (z.B. eine Prüfungsordnung, die den Ansprüchen des JGHV Genüge tut) stimmen. Klar muss aber sein: An den entsprechenden Prüfungen des JGHV und den Brauchbarkeitsprüfungen der Länder dürfen nur jene Westfalenterrier teilnehmen, die auch Registerpapiere ausgestellt bekommen haben. Reine phänotypische Parameter bzw. Übereinstimmungen reichen nicht aus.
Die 37 vorgestellten Hunde waren im zuchtfähigen Alter. Sie alle haben die Überprüfungen gemäß des Standards bestanden und erhielten damit alle die gewünschten Registerpapiere. Der VDH kündigte weitere Veranstaltungen diesen Formats an, damit weitere Westfalenterrier zeitnah einer offiziellen Zucht zur Verfügung stehen können.
Ein langer Weg und ein Ziel
Die Anerkennung einer nationalen Jagdhundrasse stellt ein absolutes Novum dar, weshalb es für alle Beteiligten ein aufregendes Unterfangen ist. Jedoch ist dieser Erfolg des Vereins für Westfalenterrier e.V. nur darauf zurückzuführen, dass die Rasse Westfalenterrier seit über 40 Jahren sehr homogen gezüchtet wird und nur noch wenig Einkreuzungen der Ursprungsrassen vorgenommen wurden. So hat diese neue Rasse wirklich eine Chance, sich zu etablieren.
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