Sterbendes Dorf? Nicht mit Ehra-Lessien

Wer kennt es nicht aus dem eigenen Ort: Die Kneipe hat seit Jahren geschlossen, zum Einkaufen muss man mehrere Kilometer mit dem Auto fahren, Kinderbetreuung ist ein rotes Tuch und gemeinsame Dorfaktivitäten erst recht. Das wollten ein paar Bewohnerinnen und Bewohner des kleinen und feinen Dorfes Ehra-Lessien im Landkreis Gifhorn nicht hinnehmen und wurden aktiv, man könnte auch sagen „gigaktiv“ (aus gigantisch und aktiv), wenn es das Wort geben würde ...

„Schon vor über zehn Jahren kamen verschiedene Leute mit unterschiedlichen Dorfbelebungs-Ideen auf mich zu“, erklärt Jenny Reissig, die damals Bürgermeisterin von Ehra-Lessien war. „Es ging darum, Senioren vorm Vereinsamen zu bewahren und, ob man nicht generell mehr Austausch und Aktivitäten im Dorf etablieren könne.“ Um alle verschiedenen Ansätze unter einen Hut zu bekommen, gründeten sie im Mai 2015 den gemeinnützigen Förderverein Ehra-Lessien, ein Dorf – ein Team e.V. „Wir starteten mit dem Klöntreff, also Kaffee und Kuchen mit plaudrigem Austausch, dem Lesestübchen und Spielenachmittag“, erzählt Jenny Reissig, die 1. Vorsitzende des Vereins. Kurz darauf überrollt sie die Flüchtlingswelle Ende 2015. Rund 850 Schutzsuchende wurden quasi über Nacht auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz der Bundeswehr in Lessien einquartiert. „Zeitweise waren dort Menschen aus 28 Nationen untergebracht“, erzählt Gisela Heeschen, die zum Dorfverein-Leitungsteam gehört. „Und es fehlte einfach an allem.“