DORFLEBEN
Abschied vom geliebten Sternenkind
Eine Familie zu gründen, ist für viele Paare die Erfüllung eines sehnlichen Wunsches. Diesem folgt eine Zeit des Wartens, Wachsens und Hoffens, bis der Nachwuchs eines Tages das Licht der Welt erblickt. Doch manchmal stellen sich dem neuen Leben auch unerwartete und unerklärliche Hindernisse in den Weg. Dann endet das Leben bereits, bevor es die Chance bekam zu beginnen. Nicht allzu oft ist von ihnen zu hören oder zu lesen. Von den Neugeborenen, die vor, während oder bald nach der Geburt verstarben. Dennoch gehören die Sternenkinder oder Schmetterlingskinder, wie sie auch genannt werden, zum Leben dazu und bleiben in den Herzen ihrer Familien ein Leben lang.
Die Fotografin Astrid-Saskia Frees aus Grindau aus dem Landkreis Heidekreis ist selbst betroffene Mutter. Noch heute ist die Erinnerung an ihre drei Kinder, die nicht zum Leben bestimmt gewesen waren, sehr präsent und in ihrem Herzen fest verankert. So gehört ihr ganzer Stolz ihrer achtzehnjährigen Tochter Victoria. „Zum damaligen Zeitpunkt arbeitete ich als Neugeborenenfotografin für das Klinikum Neustadt am Rübenberge in der Region Hannover. Aufgrund meiner eigenen Erlebnisse schlug mir eine Ärztin vor, dass ich anderen Eltern und ihren Familien bei der Verarbeitung ihrer Trauer helfen könnte. Ich brauchte eine Weile, aber nach reichlicher Überlegung ließ ich mich auf diesen Vorschlag ein“.
Ehrenamtlich unterwegs
So stellt sie seit elf Jahren ihre Kenntnisse als Fotografin der Geburtsklinik in Neustadt für die Sternenkinderfotografie ehrenamtlich zur Verfügung. Ihr Ziel ist es dabei, für die betroffenen Eltern stark zu sein und ihnen zu vermitteln: „Ihr seid nicht allein!“
Astrid-Saskia Frees spricht mit weitem Herzen über dieses oftmals mit Schweigen bedachte Thema. Sie möchte mit ihrer ehrenamtlichen Arbeit Aufklärung betreiben und mit Vorurteilen aufräumen. Bereits im zwanzigsten Jahrhundert sagte der bedeutende Arzt und Denker Albert Schweitzer: „Das einzig wichtige im Leben sind Spuren von Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir Abschied nehmen“.
Ebendiese Spuren, wenngleich es nur sehr zaghafte Spuren waren, gilt es für die Fotografin im Bild festzuhalten. Daher ist sie für die Geburtsklinik auch rund um die Uhr erreichbar. „Manchmal werde ich bereits im Vorfeld informiert und habe noch einige Stunden, manchmal bleibt mir nur wenig Zeit“, erklärt sie. Ob zur Nachtzeit oder am Tag, die Fotografin lässt alles stehen und liegen, wenn ein Anruf oder eine WhatsApp-Nachricht bei ihr eingeht, dass ein Sternenkind ans Licht der Welt kam.
Auch im Urlaub erreichte sie ein solcher Anruf bereits, woraufhin ihre Familie die Koffer packte und 600 Kilometer gen Heimat rauschte, damit sie noch rechtzeitig an Ort und Stelle sein konnte. „Die Sternenkinderfotografie ist mir eine Herzensangelegenheit. Ich tue, was ich möglich machen kann“, sagt Astrid-Saskia Frees.
Sichtbare Sternenkinder
Dabei wünscht sie sich, dass dieses Thema in Zukunft kein Tabuthema mehr bleibt, sondern zunehmend mehr Menschen den Mut haben, offener damit umzugehen. Die Fotografie eines Sternenkindes wird im Klinikum Neustadt ab der 15. Schwangerschaftswoche angeboten und kommt nur mit Zustimmung der Eltern zum Tragen.
Aus ihrer langjährigen Erfahrung weiß die Fotografin, dass Eltern und Familien sehr unterschiedlich mit diesem Ereignis umgehen. Einige wollen ihr Kind sofort sehen und verbringen noch mehrere Stunden mit dem Neugeborenen, bis sie Abschied nehmen müssen.
Andere verharren in Schockstarre und wollen das Kind lieber gar nicht erst zu Gesicht bekommen. Ein Foto des Kindes, auch wenn es erst nach Tagen, Wochen oder Monaten zur Hand genommen wird, kann helfen, die Trauer zu mildern oder bestenfalls eines Tages zu bewältigen.
Das Fotografieren der Sternenkinder ist für die Ehrenamtliche mit Herz, auch nach so vielen Jahren noch eine Herausforderung. „Ich weiß ja nie vorher, was mich letztlich in der Klinik erwartet und wie die Eltern auf mich reagieren, wenn ich eintreffe“, berichtet sie. Mitgefühl und Einfühlungsvermögen haben in dieser Ausnahmesituation für sie oberste Priorität. Schließlich geht es darum, den Eltern trotz aller Trauer, eine friedliche und gute Erinnerung an ihr Neugeborenes zu verschaffen. Eine Erinnerung, die sie ein Leben lang in ihrem Herzen tragen können.
Größere Neugeborene fotografiert sie meist in einer anschmiegsamen Einschlagdecke. Gern auch im Arm der Mutter oder des Vaters. Manchmal auch im Kreise der ganzen Familie. Für noch sehr kleine Sternenkinder, die von der fünfzehnten bis zur sechsundzwanzigsten Woche zur Welt kommen, bietet sich die Wassermethode an. „Dies ist eine schöne Möglichkeit ein noch sehr kleines Kind friedlich und mit einer Leichtigkeit, wie zuvor im Mutterleib, darzustellen“, sagt die Fotografin und erklärt, dass hierbei das Neugeborene in eine mit Wasser und Blütenblätter gefüllte Glasschale gelegt wird. Das Kind schwebt sozusagen. „Durch diese Methode haben die Eltern oftmals weniger Berührungsängste beim Anblick ihres Kindes.“
Friedliche Erinnerung
Mit dem Fotografieren in der Klinik ist die ehrenamtliche Arbeit der Fotografin jedoch noch nicht abgeschlossen. Zu Hause im Fotostudio, steht die Begutachtung der Fotos an. Sind diese von der Entwicklung zurück, werden sie zum Versand an die Eltern fertig gemacht. Hierzu stellt die Fotografin ein kleines Versandpäckchen zusammen, welches sie liebevoll gestaltet. Es ist mit Seidenpapier ausgelegt und enthält einen kleinen Schutzengel, einen Häkelstern, Feder und Erinnerungsspruch, Speicherstick, sowie Erinnerungsfotos in Schwarz-Weiß-Optik und einer Farbcollage. So können es die Eltern, wann immer sie wollen, zur Hand nehmen, und auf diese Weise die schwierige Zeit Revue passieren lassen, um damit der Verarbeitung des Erlebten ein Stück näher zu kommen.
Sämtlichen Päckcheninhalt stellt die ehrenamtliche Sternenkinderfotografin den Eltern kostenfrei zur Verfügung. Dabei freut sie sich jederzeit über Spenden, die ihr die weitere Tätigkeit in dieser Form ermöglichen. Anfragen nimmt sie gern per E-Mail (info@astrid-saskia-frees.de) entgegen und ist über jede Spende, sei es ein Häkelstern oder ein Einkaufswagenchip in Engelform, überaus dankbar.
- Weitere Informationen unter www.astrid-saskia-frees.de
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