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Kostenführerschaft oberstes Gebot

Im ersten Jahr hat Bernd Förthmann 120.000 Ferkel einzeln gewogen, um die Gewichtsentwicklung genau zu verfolgen, Sohn Jan war oft dabei. Heute gibt es Gruppenwiegungen.

Auch am Betrieb Förthmann gehen die aktuell miserablen Ferkelnotierungen natürlich nicht spurlos vorüber. Auch er macht mit jedem verkauften Ferkel ein deutliches Minus. „Aber schlimmer geht immer“, sagt Anette Meier mit Galgenhumor. Der ernsthafte Hintergrund: Schon vor Corona und Schweinepest, als die Ferkel- und Schlachtschweinenotierungen sehr erfreulich waren, stand „Kostenführerschaft“ auf dem Betrieb in Bahrenborstel, Landkreis Diepholz, immer obenan. Anette Meier war, bevor sie mit in den Betrieb ihres Ehemannes Bernd Förthmann einstieg und hierfür eine zweite Ausbildung absolvierte (Meisterin Landwirtschaft), als Bankkauffrau tätig. Zahlen sind ihr Ding und deshalb wird sehr viel gerechnet auf dem Betrieb Förth- ​mann. Das umfangreiche Controlling ist Anette Meiers Part.

Initiative Tierwohl

Auf dem Betrieb stehen aktuell 700 produktive Sauen. Durch die Teilnahme an der Initiative Tierwohl wurde die Anzahl von zuvor 800 reduziert. Der Ferkelaufzuchtstall verfügt über knapp 4.000 Plätze. Hier befindet sich außerdem ein Jungsauenaufzuchtbereich, Förthmanns sind Eigenremontierer. „Das sind für uns 4 € weniger Kosten je Ferkel“, sagt Bernd Förthmann.

Mit der größte Kostenfaktor in der Ferkelaufzucht ist das Futter – und demzufolge liegt hier auch ein großes Sparpotenzial. Im Aufzuchtstall gibt es acht Abteile, gefüttert wird mit einer Spotmix-Anlage, die eine buchtengetrennte Fütterung erlaubt. Die Entscheidung für die Sensor-Flüssigfütterung war für Förthmann genau richtig (inzwischen ist auch der Sauenstall damit ausgestattet). Die Ferkel werden gewichtsmäßig sortiert eingestallt. Vom teuren Prestarter braucht man bei schweren Absetzferkeln weniger als bei leichten Tieren, das spart Geld.

Betrieb Förthmann

  • 700 Sauen
  • knapp 4.000 Aufzuchtplätze
  • 85 % Abferkelquote
  • 5 % Umrauschquote Altsauen
  • 13,4 abgesetzte Ferkel/Wurf
  • 2,35 Würfe/Sau/Jahr
  • 31 abgesetzte Ferkel/Sau/Jahr
  • < 10 % Saugferkelverluste
  • 470 g Tageszunahme Ferkelaufzucht
  • 1,6 % Verlust Aufzucht
  • 1:1,65 Futterver-wertung Ferkelaufzucht

Zum Controlling gehört auch die Überwachung der Futterverbräuche und der Gewichtsentwicklung. Für Letzteres sind zwei stationäre Waagen im Zentralgang installiert. Eine davon ist leider so verbaut, dass sie beim Betreten ziemlich wackelt und laut klappert – was sich nicht abstellen lässt. Die Tiere scheuen sich, auf diese Waage zu gehen. Im ersten Jahr nach Inbetriebnahme des Stalles wogen Förthmanns 120.000 Ferkel, um die gewichtsspezifischen Futterkurven zu entwickeln. Der immense Aufwand hat sich ihres Erachtens gelohnt. Festgestellt hatten sie dabei unter anderem auch zu hohe Futterverluste – Matten unter den Trögen haben Abhilfe geschaffen.

Anders bauen würde Bernd Förthmann heute das Güllesystem. „Beim Stallbau waren organisches Beschäftigungsmaterial und Raufutter noch kein so großes Thema“, erzählt er. Unter den Abteilen sorgen heute 300-er Rohre für den Abtransport der Gülle – was bei Einsatz von Heu und Stroh im Stall nicht so ideal ist. Heute würde er Gülleschieber und Spülleitungen einbauen.

Bei den Jungsauen läuft ein Eber über Tag in der Gruppe, das funktioniert besser und einfacher als die Nutzung des Eberganges.

Förthmanns ziehen einen Teil Ferkel schon mit Langschwanz auf - zu erkennen sind sie an den speziellen Ohrmarken.

Wärmerückgewinnung

Verbesserungswürdig ist nach Einschätzung Förthmanns die Isolierung des Aufzuchtstalles an der Giebelseite, an der direkt zwei der Aufzuchtabteile liegen: „Eine doppelt so dicke Isolierung wäre hier besser gewesen“, erzählt der Betriebsleiter. Im Stall ist eine Wärmerückgewinnung verbaut, die gut funktioniert. Ärgerlich im Nachhinein ist für ihn, dass sie die großzügig bemessenen Sozialräume hier nicht mit angebunden haben – die Abwärmenutzung wäre noch effektiver. Die angewärmte Zuluft gelangt über den Zentralgang in die Abteile. Dadurch ist der Zentralgang immer warm, was das Arbeiten angenehm macht. Vergessen wurde im Abluftschacht der Einbau von Wasserabläufen. Kondensat muss nun leider regelmäßig ab -2 ˚C Außentemperatur von Hand entfernt werden.

Förthmanns haben laufend im Blick die Wasser-, Gas- und Stromverbräuche im Stall. Für jedes Abteil gibt es zwei separate Wasseruhren, Abweichungen werden sofort registriert und es kann unmittelbar Ursachenforschung betrieben werden. Derzeit basteln sie noch an einer grafischen Darstellung der Verbräuche – damit man auf einen Blick sieht, was los ist. Froh sind sie, dass sie im Stall, aber auch draußen, ausreichend Wasseranschlüsse und Anschlüsse für den Hochdruckreiniger haben montieren lassen. Das macht sich in der tagtäglichen Arbeit bezahlt. Draußen kann zum Beispiel der Ferkelanhänger schnell mal gesäubert werden. Der wurde kürzlich angeschafft für den Transport der abgesetzten Ferkel vom Hofgelände (hier stehen die Sauen) zum ca. 1,5 km entfernten Aufzuchtstall: „Wir haben das zunächst über unsere Viehvermarktungsgemeinschaft machen lassen, aber so ist es einfach praktikabler und in Sachen Biosicherheit und Hygiene auch von Vorteil,“ erzählt Bernd Förthmann.

Die „Bahnhofsuhr“ ist von allen Stellen im Zentralgang gut zu erkennen.

Für die Jungsauenaufzucht im neuen Stall stehen inklusive Krankenbuchten zwei Abteile mit je 16 Buchten zur Verfügung. Diese Jungsauen werden dann im Deckzentrum das erste Mal besamt – oder gedeckt. Förthmanns sind nicht nur Eigenremontierer, sondern auch Eigenbestandsbesamer mit eigener Besamungsstation. Auch ihre Sucheber ziehen sie selbst nach. Bei den Jungsauen decken diese auch. Das Deckzentrum würde Förthmann heute anders bauen, nämlich auf die Ebergänge verzichten. Die (unerfahrenen) Jungsauen reagierten zu wenig auf den Stimuliereber. Heute läuft der den ganzen Tag mit in der Sauengruppe, die Stimulierung funktioniert besser und der Eber deckt zumindest einen Teil der Jungsauen. 6 % Umrauscher geben Förthmanns recht, dass ihr System funktioniert.

Förthmanns hatten sich für eine Futterlagerung komplett unter Dach entschieden. Die großzügig bemessene Futterküche umfasst neben der Misch- und Verteiltechnik zwölf Trevira-Silos mit einem Fassungsvermögen zwischen 3 und 10 t, drei Sackannahmen und drei Kleinmengendosierer: „Wir wollen eine Futterlagerung drinnen, weil wir den Stallkomplex so nicht einzäunen mussten.“

Öffentlichkeitsarbeit

Um Interessierten die Möglichkeit zu geben, von außen in den Stall zu schauen, sind die Fenster mit ca. 1 m bewusst niedrig eingebaut“, erklärt Bernd Förthmann - eine Maßnahme der Öffentlichkeitsarbeit.

Förthmanns konnten denn auch den Rat ihrer Gemeinde davon überzeugen, dass sie ihren Stall noch erweitern können: „Hier am Aufzuchtstall wurde ein ‚persönliches Sondergebiet‘ ausgewiesen, das nur wir für eine Stallerweiterung nutzen können“, so Förthmann. Er und seine Familie sind froh über diesen Rückhalt der Gemeinde und damit der Entwicklungsmöglichkeit. „Leider fehlt uns aktuell dafür die erforderliche Planungssicherheit. Kein Ferkelerzeuger weiß im Augenblicke, welche endgültigen gesetzlichen Anforderungen auf ihn zukommen, Stichworte Baurecht, Umweltrecht und Marktanforderungen des LEH“, sagt Förthmann.

Für die Erleichterung der tagtäglichen Arbeit im Stall nennt der Landwirt noch ein paar „Kleinigkeiten“, die beim Stallbau berücksichtigt wurden und sich als sinnvoll erwiesen haben:

  • Die „Bahnhofsuhr“ im Zentralgang (freihängend) ist von überall im Zentralgang sichtbar
  • Draußen wurde ausreichend Fläche befestigt zum Rangieren
  • Whiteboards an zentralen Stellen für schnelle Infos (an Verladerampe und Futterküche)
  • Helle Fliesen im Sozialtrakt als „Anzeiger“, ob eine Reinigung fällig ist
  • Durch den Stallschlüsselkasten mit Zahlencode gibt es kein „Schlüssel vergessen“ mehr
  • Ein Laserpointer erleichtert die Arbeit zu zweit bei der Ferkelbehandlung

Das Controlling der Zahlen und die umfangreichen Auswertungen sind das Arbeitsfeld von Anette Meier.

Welchen Rat haben Förth-manns noch für Berufskollegen? Sie empfehlen jedem Bauherren, in der Bauphase jeden Tag vor Ort zu sein und die laufenden Arbeiten im Blick zu haben wie etwa ein Gefälle bei der Betonierung, Höhen, etc. „Oft sind es Kleinigkeiten, die die alltägliche Arbeit im Stall wie erwähnt erleichtern oder eben erschweren,“ sagt Förthmann und zählt ein paar Beispiele auf: Beim Reinigen des Zentralganges läuft das Wasser in die Futterküche. An der großen Giebeltür ist unten eine kleine Kante, die das Schieben von Stroh-/Heu-Paletten erschwert. Das bestellte Sektionaltor für die Giebelseite sollte 3 m hoch sein, passend für den kleinen Hofschlepper. Falsch gemauert, reichte es nur noch für ein Tor mit 2,75 m Höhe...

Anschlüsse für Wasser und den Hochdruckreiniger sind drinnen im Stall, aber auch draußen, ausreichend vorhanden.

Nicht bereut haben die beiden, dass sie als Ideengeber und „Coach“ bei der Stallplanung und auch noch in der Bauphase Christian Meyer engagiert hatten. Meyer ist ausgewiesener Schweinespezialist der LWK Schleswig-Holstein. „Das war sehr gut investiertes Geld“, sagen die Betriebsleiter. Kostenführerschaft bedeutet auch, Geld an den richtigen Stellen auszugeben.

Fazit

  • Familie Förthmann aus Bahrenborstel hat 2018 einen neuen Ferkel- und Jungsauenaufzuchtstall gebaut.
  • Auf dem Betrieb stehen 700 Sauen.
  • Förthmanns sind Eigenremontierer und Eigenbestandsbesamer, beides spart bares Geld.
  • Der Betrieb führt ein ausgefeiltes Controlling durch.
  • Durch umfangreiche Einzeltierwiegungen im ersten Jahr nach Inbetriebnahme des Stalles wurde die optimale Futterkurve für die eigenen Ferkel entwickelt.
  • Die Ferkel werden gewichtsmäßig sortiert und flüssig per Sensorfüttterung versorgt. Dieses System hat sich für Förthmanns bewährt.
  • Futter-, Wasser- und Energieverbräuche werden ausgewertet.
  • Bei den Jungsauen werden die Ebergänge nicht mehr genutzt, die Eber laufen tagsüber mit in der Gruppe.
  • In der Bauphase eines Stalles sollten die Bauherren die laufenden Arbeiten immer im Blick haben.
  • Eine gute Beratung vor und während des Stallbaus macht sich, so Förthmanns, bezahlt.
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