MIT TABELLE
Den richtigen Klauenpflegestand finden
Welche Typen von Klauenpflegestandsystemen kann man grob unterscheiden?
Im Grunde kann man die Systeme aller Hersteller grob in vier Kategorien zusammenfassen: Einerseits Kippstände und andererseits Durchtreibestände mit dem „dänischen“ und dem „niederländischen“ System sowie einer etwas massiveren Mischform dieser beiden Varianten (Tabelle).
Was sind die wesentlichen Merkmale, in denen sich die Stände unterscheiden, und welche Vor- oder Nachteile ergeben sich daraus?
Zum einen gibt es mechanische oder elektrische Systeme. Bei mechanischen Systemen mit Handkurbeln hat man etwas mehr Gefühl für das Tier – das kann gerade in der Ausbildung ein Vorteil sein. Aber auch mit elektrischen Systemen kann man gut arbeiten, wenn man einige Punkte beachtet. Zum Beispiel sollte man das Hinterbein maximal so weit nach oben ziehen, dass sich das Sprunggelenk eine Handbreit unter dem Sitzbeinhöcker befindet.
Im Interview mit...
Hagen Schram-Lange
Ausbilder im Kompetenzzentrum Klaue des Landwirtschaftlichen Bildungszentrums (LBZ) Echem
Dann gibt es verschiedene Eintriebsysteme: Öffnet die Nachtreibeklappe zur Seite, kann die Kuh sie wieder aufdrücken, wenn sie beim Reintreiben in den Stand rückwärtsgeht. Wenn die Klappe dagegen von oben schließt und einrastet, kann die Kuh nicht mehr zurück, wenn sie annähernd im Stand ist.
Bei der Fangvorrichtung ist die Halsfangbreite teils verstellbar, sodass man den Stand sowohl für Bullen oder Mutterkühe als auch für Milchkühe gut nutzen kann. Um den Stand an unterschiedlich große Tiere anzupassen, ist es bei einigen Systemen auch möglich, das Seil und den Bügel zur Fixierung der Hinterbeine zu versetzen.
Außerdem werden die Kühe teils nur mit einem Brustgurt gehalten, teils durch einen zusätzlichen Bauchgurt. Bei nur einem Gurt kann es problematisch sein, wenn die Tiere sich sacken lassen, während ein Fuß angehoben ist. Da lässt sich mit zwei Gurten leichter vermeiden, dass Tiere hinfallen.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Fußaufnahme: Der Vorderfuß wird entweder mit einer Fessel um das Röhrbein fixiert und von unten in eine Halterung gezogen (Foto 1) oder zwischen Klaue und Afterklaue fixiert und auf eine Ablage gezogen (Foto 2).
Der Nachteil der zweiten Variante ist, dass man den Fuß meist manuell nach außen auf die Ablage ziehen muss. Dazu kommt, dass der Haken, mit dem das Seil am Bein befestigt wird, auf der Ablage unter dem Bein liegt und dagegen drückt. Schonender für das Tier ist die erste Variante, bei der der Fuß gerade nach oben gezogen und dann mit einem klappbaren Paddel von unten fixiert wird. Dabei ist er sehr sicher fixiert, sodass man auch bei Arbeiten mit dem Winkelschleifer ein geringes Verletzungsrisiko hat. Bei der zweiten Variante ist der Fuß nur an der Fessel fixiert, sodass die Kühe eher zucken oder den Fuß etwas wegziehen können, wenn sie die Schulter nach oben bewegen. Ein Vorteil der zweiten Variante ist aber, dass die Klaue in einer guten Arbeitshöhe liegt und ohne Halterung von allen Seiten frei zugänglich ist.
Bei der Fußaufnahme hinten wird eine Schlaufe oberhalb des Sprunggelenks angelegt und das Bein nach oben gehoben und dabei im Kniegelenk geknickt, sodass das Bein oben gegen eine Stange und das Röhrbein in die Halterung gezogen wird. Alternativ wird die Fußfessel um das Röhrbein gelegt und das Bein gestreckt nach oben mit dem Fesselbein in die Halterung gezogen und mit einem Paddel von unten fixiert.
Was ist in puncto Arbeitskomfort zu beachten?
Da spielt vor allem die Arbeitshöhe eine Rolle. Bei den Kippständen sind die Klauen automatisch in einer angenehmen Arbeitshöhe und man kann rückenschonend arbeiten. Das „dänische System“ ist insgesamt erhöht und steht auf höhenverstellbaren Stützen, sodass man die Klauen ebenfalls auf eine für den Klauenpfleger angenehme Höhe bringen kann. Allerdings müssen die Kühe dafür beim Eintreten eine höhere Stufe überwinden und bei sehr unruhigen Tieren steigt das Risiko, dass der schmale, hohe Stand kippt.
Einen Einfluss hat auch, wie stark verbaut die Stände sind – dementsprechend kommt man besser oder schlechter von allen Seiten an die Klauen. Außerdem spielen die Ablagemöglichkeiten für Werkzeug eine Rolle beim Arbeitskomfort. Je nach Stand sind sie größer oder kleiner und befinden sich an verschiedenen Stellen. Teils ist eine zusätzliche Ablage sinnvoll.
Kann man allgemein sagen, ob Kippstände oder Durchtreibestände eher zu empfehlen sind – für das Tierwohl oder arbeitswirtschaftlich?
Nein, eigentlich nicht. Kippstände sind in Österreich und Süddeutschland weiter verbreitet. Ihr Vorteil ist, dass man alle Klauen nebeneinander vor Augen hat, weil alle Füße gleichzeitig oben sind. Das ist gut, um Schülern oder Landwirten etwas zu erklären oder zu zeigen. Außerdem hat man kurze Wege und muss jedes Werkzeug nur einmal in die Hand nehmen, wenn man alle Schritte an allen vier Füßen nacheinander vornimmt. Allerdings brauchen Kippstände viel Platz und müssen auf einer Bodenplatte oder einem Anhänger fest verbaut sein.
Im Hinblick auf das Tierwohl sind beide Systeme ähnlich, das haben auch verschiedene Studien ergeben. Bei hochträchtigen Tieren sollte man so oder so möglichst auf Klauenpflege verzichten. Frisch abgekalbte Tiere sollte man möglichst nicht im Kippstand behandeln, weil hier die Gefahr besteht, dass sich der Labmagen oder die Gebärmutter verdrehen. Bei sehr fetten oder sehr mageren Tieren kommt es vor, dass sie sich bei der Behandlung den Radialisnerv am Schulterblatt einklemmen – aber das kann unabhängig vom System passieren.
Wichtig ist generell, dass der Stand zum Betrieb passt – zu den Gegebenheiten vor Ort und demjenigen, der die Klauenpflege übernimmt. Nur dann wird er auch entsprechend genutzt.
- Für den Einstieg in die professionelle Klauenpflege bietet das LBZ Echem einwöchige Grundkurse an. Informationen dazu finden Sie hier.
Die verschiedenen Klauenpflegesysteme in Bildern:
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