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„KAT schafft Wettbewerbsgleichheit“

Seit dem 1. Januar diesen Jahres ist das Töten männlicher Eintagsküken nicht mehr erlaubt, infolge sind auch in Niedersachsen zahlreiche Mastställe für die Bruderhahnaufzucht umgerüstet worden.

Herr Tepe, ohne KAT-Siegel werden in Deutschland nur noch wenig Eier im Laden vermarktet. Die Thematik „Ausstieg aus dem Kükentöten“ betrifft KAT also auch massiv. Wie viele Legehennenplätze gibt es aktuell in Deutschland und wie viele davon tragen das KAT-Siegel?

In Deutschland werden aktuell ca. 50 Mio. Leghennen gehalten, etwa 468 Mio. davon in Boden-, Freiland- oder Biohaltung. Von diesen ca. 46 Mio. Plätzen befinden sich etwa 42 Mio. in Betrieben, die eine KAT-Zertifizierung haben. Damit tragen rund 90 % der in Deutschland im Laden verkauften Bodenhaltungs- sowie Freiland- und Bioeier das Siegel unseres Vereins. Die Eier aus der Haltung in ausgestalteten Käfigen, die es aktuell ja auch noch gibt, können das KAT Siegel grundsätzlich nicht erhalten und gehen vorwiegend in die Verarbeitung.

In Deutschland gibt es einen großen Anteil importierter Eier. Auch Legehennenbetriebe im Ausland können sich KAT-zertifizieren lassen. Über welche Mengen sprechen Sie dabei?

Das KAT-Siegel verwenden derzeit Legehennenbetriebe aus 13 EU-Ländern, insgesamt sind es 41,5 Mio. Hennenplätze und damit also fast so viele wie in Deutschland selbst. Das KAT-Siegel wird so wie ausschließlich im deutschen Markt nachgefragt, folglich werden die meisten Eier dieser 41,5 Mio. Hennenplätze nach Deutschland importiert.

In erster Linie ist dabei unser Nachbarland Niederlande zu nennen. Dort sind 30 Mio. Hennenplätze KAT-zertifiziert. Bekanntlich sind die Niederlande der größte Eierimporteur für Deutschland. Dort liegt der Selbstversorgungsgrad bei Eiern bei etwa 300 %. Insgesamt sind im KAT-System europaweit mehr als 82 Mio. Hennenplätze angemeldet. Das entspricht in etwa 45 % aller in der EU in alternativen Systemen gehaltenen Legehennen.

Zum Gesprächspartner

Dietmar Tepe
ist Geschäftsführer von KAT* (= Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V.)

Tepe

Das Verbot des Kükentötens gilt in Deutschland seit dem 1. Januar diesen Jahres, das Gesetz wurde erst 2020 beschlossen, die Umsetzungszeit war also extrem kurz. Wie ist Ihre Einschätzung, haben alle Brütereien in Deutschland den Ausstieg geschafft?

Alle deutschen Brütereien mussten es schaffen, sonst würden sie sich strafbar machen seit dem 1 Januar 2022. Der Ausstieg ist vollzogen, diese Aufgabe war aber organisatorisch mehr als ambitioniert. Das Problem nun: Es gibt Brütereien in Nachbarländern wie den Niederlanden, Belgien etc., die Eintags-Legehennenküken an Junghennenaufzuchtbetriebe nach Deutschland liefern. Oder Brut und Junghennenaufzucht erfolgen im Ausland und die Junghennen gehen anschließend an Legebetriebe in Deutschland. Für die Brütereien außerhalb Deutschlands gilt das neue Gesetz nicht, sie dürfen weiter Eintagsküken töten. Das ist ein klarer Wettbewerbsnachteil für deutsche Brütereien. Es ist das gleiche Problem wie bei den Käfigeiern vor einigen Jahren. In Deutschland wurde die Käfighaltung viel früher als in der übrigen EU verboten, aber importieren kann man weiter Käfigeier, auch das ist Wettbewerbsverzerrung.

Die Forderung nach einem Ausstieg aus dem Kükentöten kam ja auch von Verbraucherseite bzw. vom Lebensmittelhandel, LEH. Wie sieht es Ihrer Einschätzung nach im LEH mit den „OKT-Eiern“, also den Eiern „Ohne Küken-Töten“ aktuell aus?

Die großen Lebensmittelketten haben zum Teil ja schon länger sogenannte OKT-Eier im Angebot. Das waren zu Beginn einzelne Projekte wie zum Beispiel „Spitz und Bube“ bei REWE oder die Bruderhahn-Initiative von Kaufland. Jetzt sind alle großen Ketten dabei, vielfach ist ausgelobt, dass künftig ausschließlich „OKT-Eier“ angeboten werden sollen. Das Thema wird aktuell aktiv gepusht.

Bis etwa Mitte/Ende 2023 wird es in Deutschland naturgemäß aber noch Eier geben, die keine OKT-Eier sind. Hennen, die kurz vor Ende 2021 geschlüpft sind und sich aktuell erst in der Aufzucht befinden, werden spätestens im Mai 2022 als Legehennen eingestallt und dann noch rund 60 – 70 Wochen in den Legebetrieben stehen und Eier legen. Es gibt also eine biologische Übergangsfrist.

Wenn der LEH damit wirbt, dass er nur noch „OKT-Eier“ verkaufen will, kann er keine Eier aus dem Ausland mehr verkaufen? Dann fehlen uns aber viele Eier, in Deutschland liegt der Selbstversorgungsgrad ja gerade mal bei 75 %?

Ja, die fehlenden Eier wären ein Problem. Der LEH wird aber trotzdem seine Linie „Ausstieg aus dem Kükentöten“ stringend umsetzen, sonst würde er unglaubwürdig. Gesetzlich kann das Verbot des Kükentötens wie gesagt nur für die Brütereien in Deutschland umgesetzt werden. Um aus dieser „Zwickmühle“ herauszukommen, hat der KAT e.V. entschieden, das Verbot des Kükentötens mit in die KAT-Kriterien aufzunehmen.

Für eine KAT-Zertifizierung darf es also auch im Ausland kein Kükentöten mehr geben. Im Ausland ist das keine gesetzliche Vorgabe, aber wenn eine ausländische Brüterei bei der Produktion von Hennen für das KAT-System nicht auf das Kükentöten verzichtet, bekommen die Legebetriebe, die von dieser Brüterei beliefert werden, keine KAT-Zertifizierung mehr. Sie könnten dann nicht mehr in den deutschen LEH liefern.

KAT hat zur Sicherstellung der Umsetzung des Ausstiegs aus dem Kükentöten die Brütereien und die Junghennenaufzucht mit aufgenommen in das System. Ab der Brüterei muss dokumentiert werden, was mit den männlichen Küken/Embryonen passiert. Im Legebetrieb liegen dann die entsprechenden Dokumente vor. Alle großen und mittleren Brütereien sowohl in Deutschland wie auch im Ausland haben sich bereits dem KAT-System angeschlossen.

Kontrolliert wird übrigens auch die Aufzucht der Bruderhähne. KAT macht hier auch Vorgaben, analog zu den Haltungsstandards bei Legehennen. Die Aufzucht muss zum Beispiel mindestens 70 Tage dauern und ein Mindestschlachtgewicht muss erreicht werden. Beschäftigungsmaterialien sind ebenso vorgeschrieben wie erhöhte Ebenen. Die Bruderhähne sind nämlich sehr agil und wollen sich viel bewegen.

Mit den neuen Vorgaben haben wir im KAT-System weitestgehend Wettbewerbsgleichheit geschaffen. Wir sind auf den Import von Eiern angewiesen, aber die sollen nach den gleichen Standards erzeugt worden sein wie in Deutschland.

Welche Alternativen zum Kükentöten nutzen die deutschen Brütereien nach Ihrem Kenntnisstand?

Der KAT e.V. akzeptiert grundsätzlich alle gesetzlich zugelassenen Verfahren zur Vermeidung des Kükentötens.Sehr zugenommen hat in den vergangenen ein, zwei Jahren die Aufzucht von Bruderhähnen. Gerade in Niedersachsen sind dafür viele konventionelle Masthähnchenställe, aber auch Enten- und vereinzelt Putenställe umgerüstet worden. Viele Bruderhähne werden aber in Polen aufgezogen. Dort sind neue Ställe gebaut worden. Ob die Bruderhahnaufzucht eine längerfristige Alternative ist, bleibt abzuwarten. Während sie bei den Bioeiern wohl gängige Praxis bleiben wird, gibt es auch aus Nachhaltigkeitsgründen ernstzunehmende Kritik von Fachleuten.

Die Umstellung auf Zweinutzungsrassen als Alternative ist heute eine Nische und wird das meines Erachtens auch bleiben. Für Ökobetriebe mit Direktvermarktung kann das eventuell passen, nicht aber für die Mehrheit der Legehennenbetriebe.

Zur Geschlechtsbestimmung schon im Ei sind in Deutschland bereits mehrere Verfahren im Einsatz. Als Damoklesschwert schwebt über diesen Verfahren der Termin 1. Januar 2024, das ist schon in zwei Jahren. Ab dann muss die Geschlechtsbestimmung im Ei bereits vor dem 6. Bruttag erfolgen. Soweit mir bekannt, kann das aber bisher trotz intensiver Forschung keines der Verfahren auf dem Markt. Und von keinem der Verfahren gibt es eine Meldung, dass das in zwei Jahren funktionieren wird. Da bleibt abzuwarten, welche Fortschritte in den nächsten zwei Jahren noch gemacht werden.

  • *KAT= Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V.
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