Direktvermarktung in der Förderlücke?
Landwirtinnen und Landwirte setzen zunehmend weitere Standbeine – und steigen beispielsweise in die Direktvermarktung ein. „Auf der Suche nach alternativen Einkommensquellen ist bei uns die Idee des Cafés als separater Betriebszweig entstanden, der sich seit vier Jahren immer weiter entwickelt“, sagt etwa Susanne Rust aus Hagenburg (Landkreis Schaumburg). „Wir sind froh, dass wir über das gewerbliche Café unser Gemüse weiterverarbeitet anbieten können“, so Rust. Dem Hof, den ihr Ehemann Wilhelm Rust führt, sei nur die Abgabe unverarbeiteter Erzeugnisse aus der eigenen Ernte gestattet.
Die Verarbeitung von Lebensmitteln aus eigenem Anbau ermöglicht vielen Betrieben einen Mehrerlös. Für die notwendigen Investitionen – etwa bei der Einrichtung von Arbeitsräumen – stoßen Betriebe jedoch schnell an finanzielle Grenzen. Denn kleine gewerbliche Anbieter verarbeiteter Waren – zum Beispiel Landwirte, die nicht nur ihre Kartoffeln verkaufen, sondern auch selbstgemachte Kartoffelchips – fallen in eine Förderlücke. Darauf weist die Vereinigung Norddeutscher Direktvermarkter hin.
Zuständigkeit wechselt je nach Betriebsart
Die regionale Verarbeitung und Vermarktung sei zwar politisch gefordert, werde aber nicht durch entsprechende finanzielle Hilfen unterstützt, sagt Elke Sandvoß, Geschäftsführerin der Vereinigung Norddeutscher Direktvermarkter. Das niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) sei nur für die landwirtschaftliche Urproduktion zuständig; für eine Förderung aus dem niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung (MW) seien die Unternehmen jedoch meist zu klein, erklärt sie. Zudem sei die Unterstützung aus dem MW eher auf Expansion ausgelegt, sagt Sandvoß. So würde dort zum Beispiel verlangt, dass die Waren, wie etwa besagte Kartoffelchips, eingelegter Kürbis oder Eierlikör, auch noch in mindestens 50 Kilometern Entfernung verkauft werden müssen.
Ihre Vereinigung fordert, dass gewerbliche Direktvermarkter aus Niedersachsen die Möglichkeit bekommen, sich für andere Fördermaßnahmen zu bewerben. In den südlichen Bundesländern sei dies möglich. „Kleine Direktvermarkter fallen in Niedersachsen durchs Raster“, findet Sandvoß. Das betreffe auch Landwirte, die sich beispielsweise eine Schälanlage für die Kartoffeln zulegen wollen oder die nötigen Gerätschaften, um aus dem Fleisch der eigenen Schweine Wurst herzustellen und diese zu vermarkten. Das ML sei in diesen Fällen nicht zuständig, da es sich nicht um die Förderung eines landwirtschaftlichen, sondern eines gewerblichen Betriebes handele. Für Letztere liegt die Zuständigkeit im MW. Dessen Förderprogramme kämen jedoch meist nicht in Betracht, da das Investitionsvolumen der direktvermarktenden Betriebe in der Regel zu gering sei, erläutert Sandvoß.
Tatsächlich würden die derzeit in Niedersachsen zur Verfügung stehenden Fördermaßnahmen für Investitionen nicht für Betriebe passen, die formal den Status der Gewerblichkeit angenommen haben, heißt es dazu aus dem ML. „Diese Betriebe fallen somit aus der rein landwirtschaftlichen Förderung heraus“, erklärt eine Sprecherin. „Auch Fördermaßnahmen, mit denen Investitionen für Verarbeitung- und Vermarktung unterstützt werden, greifen nur, wenn es sich bei den Zuwendungsempfängern um Erzeugergemeinschaften handelt oder um Unternehmen, die nachweislich landwirtschaftliche Produkte von mehreren Lieferanten verarbeiten beziehungsweise vermarkten.“
Kriterien begrenzen die Fördermöglichkeiten
Die vom Land beauftragte und finanzierte Niedersächsische Marketinggesellschaft biete Unterstützung bei der Erstellung von Marketingkonzepten und halte Beratungsangebote für Erzeuger bereit, so die Sprecherin weiter. Und über die „Fördermaßnahme Absatzförderung“ sowie die ZILE-Richtlinie „Zuwendungen zur Förderung der integrierten ländlichen Entwicklung“ seien unter Umständen Förderungen möglich. Hier kann es sich lohnen, die Kriterien der Maßnahmen genau unter die Lupe zu nehmen. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Fördermöglichkeit für kleinere landwirtschaftliche Direktvermarkter genutzt werden kann, dazu beraten auch Elke Sandvoß und die Vereinigung Norddeutscher Direktvermarkter.
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