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Spezifische Düngung im Praxistest

In dem Projekt Precise Nitrogen untersucht die LWK Niedersachsen auf Großflächen, welches teilflächenspezifische Stickstoff-Düngesystem am besten in der Lage ist, auf heterogene Standortbedingungen zu reagieren.

 

Was an einer Stelle des Ackers zu wenig ist, kann an anderer zu viel sein. Diese Binsenweisheit leuchtet ein, unterscheiden sich doch viele Schläge und auch Teilflächen innerhalb eines Schlags in Hinblick auf Bodenart, Relief oder Bewirtschaftungshistorie. Eine gleichmäßige Düngung auf sehr heterogenen Standorten kann daher dazu führen, dass einige Teilareale mit Nährstoffen unter- bzw. andere überversorgt sind.

Werden hingegen die teilflächenspezifische Ertragspotenziale und die Bestandsentwicklung im jeweiligen Jahr berücksichtigt, birgt dies die Möglichkeit, die Düngehöhe und vor allem die Düngerverteilung zu optimieren. Vor dem Hintergrund ständig verschärfter Umweltauflagen, Düngebeschränkungen und hoher Stickstoff(N)-Preise gewinnt das Thema an Bedeutung.Eigentlich ist die teilflächenspezifische Düngung ein alter Hut. Betriebe, die ihre Schläge kennen, passen die Fahrgeschwindigkeit an und variieren damit die mittels Düngerstreuer oder Güllefass ausgebrachte N-Düngemenge. Optische Sensoren, die die Bestandsentwicklung in Echtzeit erfassen, gibt es bereits seit den 90er Jahren. Mittlerweile sind viele moderne Schlepper und Arbeitsgeräte in der Lage, miteinander zu kommunizieren und - im Fall von Düngung oder Pflanzenschutz - Aufwandmengen fortwährend zu regulieren und Applikationskarten abzuarbeiten.

Auch die Anzahl der Anbieter für die Erstellung von Applikationskarten wächst ständig. Viele nutzen hierfür die frei verfügbaren Daten der Sentinel 2-Satelliten des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus. Das Portfolio reicht von der Erstellung langjähriger Ertragspotenzialkarten über aktuelle Biomassekarten bis hin zu N-Applikationskarten. Auch die Verknüpfung mit betrieblichen Aufzeichnungen (Schlagkartei) oder Ertragsdaten ist möglich.

Die meisten Systeme verwenden die Biomasseentwicklung und Pflanzenfärbung als wesentliche Indikatoren für die Bemessung der N-Düngung. Dabei wird der komplexe und dynamische Zusammenhang zwischen Pflanzenwachstum, N-Dynamik im Boden und betriebsindividuellen Bewirtschaftungsfaktoren nur teilweise abgebildet. Ansätze, bei denen die N-Aufnahme durch die Pflanzenbestände und die N-Nachlieferung im Boden zusätzlich zu Satellitenkarten mit einem Modell abgeschätzt werden, bergen das Potenzial, die N-Düngung noch weiter zu optimieren.

Während die Erstellung einfacher Applikationskarten oft unentgeltlich angeboten wird, entstehen an anderer Stelle Kosten für elektronische Regelungseinheiten, Softwarelizenzen oder die Erstellung sowie Auswertung komplexerer Karten.

Ziel des Projekts

Schwierig wird es, wenn es darum geht, den Effekt der kleinräumigen Bewirtschaftung schlagspezifisch zu beziffern. Denn neben Standortbedingungen sind auch das lokale Wetter und die betriebsindividuelle Bewirtschaftung wichtige Einflussfaktoren. Hinzu kommt, dass bei Mähdruschfrüchten der Kornertrag und nicht der - über spektrale Indizes ermittelte - Biomasseertrag entscheidend ist. Der Einsatz von N-Düngern wird gesetzlich immer stärker beschränkt, gleichzeitig steigt das Niveau der Düngemittelpreise immer weiter.

Neben der ausschließlichen Betrachtung des Ertrags ist es daher entscheidend, eine hohe N-Effizienz zu erzielen. Diese gibt an, wieviel kg Ertrag durch ein kg N-Dünger erzeugt wird.

Parzellenversuche können den Effekt der teilflächenspezifischen Düngung nicht hinreichend abbilden, da innerhalb einer Parzelle annähernd homogene Bedingungen vorliegen.

In dem 2020 gestarteten, EU-finanzierten Projekt Precise Nitrogen untersuchte die LWK Niedersachsen in Großflächenversuchen, welches teilflächenspezifische N-Düngesystem am besten in der Lage ist, auf heterogene Standortbedingungen zu reagieren. Vier Praxisbetriebe im Raum der Bezirksstelle Braunschweig haben 2020/21 die ersten Versuchsflächen angelegt. Neben der LWK Niedersachsen sind die Abteilung Agrartechnik der Georg-August-Universität Göttingen, das Forschungszentrum für landwirtschaftliche Fernerkundung des Julius-Kühn-Instituts, das Netzwerk Ackerbau Niedersachsen e.V. und das Göttinger Startup Agvolution GmbH involviert.Um eine Vergleichbarkeit der Versuche zu gewährleisten, beschränkte sich das Projekt zunächst auf den flächenmäßig bedeutsamen Weizenanbau nach Blattfrüchten. Auf Streifen von je einer Spritzbreite wird die N-Düngung nach verschiedenen Verfahren durchgeführt (Abbildung 1).

Die N-Düngung erfolgt auf allen Versuchsflächen mit AHL über die Pflanzenschutzspritze. So ist eine flächenscharfe Abgrenzung von einzelnen Düngevarianten möglich.

Folgende Varianten werden angelegt:

  • Variante „UniD“ (orange): In der Standardvariante wird die nach Düngeverordnung maximal mögliche N-Düngermenge in drei gleichmäßig verteilten Gaben appliziert. (uniforme Menge teilflächenunabhängig)
  • Variante „Satellit“ (gelb): In dieser Variante bleibt die insgesamt applizierte N-Düngermenge zwar gleich, aber die Verteilung wird unter Nutzung von aktuellen Satellitenbildern angepasst. Die bei der Schossgabe schwächeren Bereiche werden etwas stärker gedüngt, um den Bestand zu homogenisieren. Bei der dritten Gabe zu EC 37/39 werden hingegen stärker entwickelte Bereiche auch höher gedüngt, um eine ausreichende N-Versorgung während der Kornfüllungsphase zu gewährleisten. Teil dieser Variante war die Anwendung des in der Praxis weitverbreiteten „Normierten Differenzierten Vegetationsindex“ (NDVI).
  • Varianten „Ökosystemmodell“ (grün und blau): In diesen Varianten wird die teilflächenspezifische N-Düngeempfehlung aus einem Simulationsmodell abgeleitet. Das Modell nutzt zusätzlich zu den Luftbildern weitere verfügbare Datenquellen, um Pflanzenwachstum und Stickstoffdynamik im Boden zu berechnen. Dazu zählen vorhandene Informationen zum Boden, vegetationsbegleitende Boden- und Pflanzenuntersuchungen und Angaben zum betrieblichen Management wie u.a. Sortenwahl oder Saattermin (Abbildung 2). Künftig sollen auch Mikroklimadaten (Bodentemperatur und -feuchte) durch Sensoren erfasst werden und ebenfalls in das Modell einfließen.

In einer der Modellvarianten wird einzig die Verteilung der N-Düngung nach Modellergebnissen verändert (grün), in einer zweiten variiert das Modell zusätzlich die Höhe der Düngung (blau).

Was wichtig ist

Bei der Versuchsanlage wurde darauf geachtet, heterogene Schläge an verschiedenen Standorten einzubeziehen. Unter den fünf ausgewählten Versuchsstandorten der vier Projektbetriebe befinden sich sandige, tonige und lehmige Schläge, die in sich stark heterogen sind.

Um die Versuche möglichst praxisnahe zu gestalten, erfolgten Bodenbearbeitung, Aussaat und Pflanzenschutz betriebsüblich. Gedüngt und geerntet wird mit der jeweils vorhandenen Technik. Weiterhin erfolgte die Auswertung mit ungeglätteten Rohdaten. Maschinenhersteller bieten oft die Erfassung und Auswertung von Düngungs- und Erntedaten mittels firmeninterner Algorithmen an. Im Projekt bereiten die Beteiligten die Rohdaten hingegen selbst auf. Dadurch ist es möglich, die Art der Datenbereinigung, also beispielsweise die Elimination von Extremwerten, und die anschließende statistische Analyse selbst nachzuvollziehen.

Stand der Dinge

Die Maschinendaten zu Düngung und Ertrag des ersten Versuchsjahres zeigen einen großen Einfluss der Teilflächen auf die erzielte N-Effizienz (Abbildung 3). Der Effekt der Teilflächen ist bisher bedeutsamer als der Effekt der Düngevarianten. Zwischen den einzelnen N-Düngevarianten gibt es im Erntejahr 2021 eine große Variationsbreite in Bezug auf die erzielte N-Effizienz, jedoch keinen statistisch signifikanten Unterschied. Das heißt, dass in diesem Versuchsjahr keines der Düngesysteme, in dem die N-Verteilung variabel gestaltet ist, besser abschneidet als eine über den gesamten Düngestreifen einheitliche Düngung.

Allerdings gibt es in Großflächenversuchen naturgemäß eine große Variation, die den Effekt der N-Düngesysteme überlagern kann. Aufgrund des relativ kleinen Datensatzes (fünf Versuchsflächen) bleibt ein Vergleich der Varianten über mehrere Jahre und auf möglichst vielen Standorten abzuwarten, bevor eine eindeutige Aussage getroffen werden kann. Denn anders als im kontrollierten Parzellenversuch unterscheiden sich die Großflächenversuche in Bezug auf den Standort und das betriebliche Management. Dieser Effekt lässt sich minimieren, indem möglichst viele Daten auf möglichst vielen weiteren Schlägen gesammelt werden.

Weiterhin konnte festgestellt werden, dass die von den Schlepperterminals aufgezeichnete Ist-Düngung teils erhebliche Abweichungen zur geplanten Ausbringmenge in der gewählten Auflösung aufweist. Vermutlich war die Struktur der Applikationskarten zu kleinteilig, sodass die Mengenregelung der Spritze die Zielmengen nicht schnell genug anpassen konnte.

Ein Mikroklimasensor im Weizen erfasst die Daten zur Entwicklung.

 

In einem zweiten Versuchsjahr 2021/22 werden erneut Großflächenversuche an verschiedenen Standorten angelegt, um einen größeren, aussagekräftigeren Datensatz zu erhalten. Ob sich die Ergebnisse des ersten Versuchsjahres bestätigen, bleibt abzuwarten. Die Projekt gesammelten Erfahrungen werden in einem Leitfaden für landwirtschaftliche Betriebe zusammengestellt.

  • Das Projekt „Precise Nitrogen“ wird im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft „Produktivität und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft“ (EIP Agri) gefördert.

Fazit

  • Vor dem Hintergrund ständig verschärfter Umweltauflagen, Düngebeschränkungen und hoher Stickstoff(N)-Preise gewinnt die teilflächenspezifische Düngung an Bedeutung.
  • In dem Projekt Precise Nitrogen untersuchte die LWK Niedersachsen in Großflächenversuchen, welches teilflächenspezifische N-Düngesystem am besten in der Lage ist, auf heterogene Standortbedingungen zu reagieren.
  • Insgesamt wurden vier unterschiedliche Düngevarianten untersucht.
  • Aufgrund des relativ kleinen Datensatzes (fünf Versuchsflächen) bleibt ein Vergleich der Varianten über mehrere Jahre und auf möglichst vielen Standorten abzuwarten, bevor eine eindeutige Aussage getroffen werden kann.
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