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Export treibt Preise am Binnenmarkt

Die starke Exportnachfrage zieht das Preisniveau am Weizenmarkt nach oben. Dies ist an den regionalen Märkten zu spüren.

Die weltweite Weizenproduktion schätzt das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) im laufenden Vermarktungsjahr 2021/22 auf rund 776 Mio. t und damit auf dem Niveau des Vorjahres. Bei einem Verbrauch in Höhe von 787 Mio. t dürften dann die Vorräte bis Ende Juni 2022 um 11 Mio. t auf 277 Mio. t abgebaut werden. Vor allem in den Exportländern werden die schon knappen Vorräte weiter sinken. Unterdurchschnittliche Ernten in Kanada, den USA und Russland führen dazu, dass die Produktion der wichtigsten Weizenexporteure zurückgegangen ist.

EU-Weizenexport boomt

Entlastung könnte die knappe Versorgungssituation in den Frühjahrsmonaten erhalten, wenn Weizen aus der Südhalbkugel dem Markt zur Verfügung stehen wird. In Argentinien und Australien wird eine Weizenproduktion oberhalb des Vorjahresniveaus erwartet. Allerdings ist diese in den bestehenden Statistiken bereits berücksichtigt. Zur Sicherstellung der Versorgung des Weltmarkts dürfen somit keine schlechten Erntebedingungen im neuen Jahr auftreten.

Die EU-Weizenexporte lagen bis Ende Oktober mit 9,4 Mio. t nur knapp unterhalb des Rekordjahres 2019/20 mit 9,7 Mio. t. Die EU konnte in diesem Jahr eine überdurchschnittliche Weizenernte von 139 Mio. t einfahren. Rumänien war mit 3,25 Mio. t Weizen der Exporteur Nr. 1 in der EU. Es folgen Bulgarien mit 1,58, das Baltikum mit 1,54 Mio. t, Deutschland mit 1,08 Mio. t und Frankreich mit 0,79 Mio. t. In den vergangenen Jahren war Frankreich das wichtigste Exportland in der EU. Pro Woche hat die EU im laufenden Vermarktungsjahr durchschnittlich 553.000 t Weizen verkauft. Um das Exportziel des USDA aus dessen Oktoberbericht in Höhe von 35,5 Mio. t zu erreichen, müssten ab jetzt durchschnittlich 717.000 t Weizen exportiert werden. Traditionell wird die EU-Ware im zweiten Halbjahr des Vermarktungsjahres stärker nachgefragt, wenn zum Winter hin die Lieferungen aus der Schwarzmeerregion weniger werden. Solange sich das hohe Exporttempo und damit die starke Nachfrage am Weltmarkt fortsetzt, erwarten Analysten für die kommenden Wochen keine Preisanpassungen nach unten.

Die begrenzte Verfügbarkeit des Weizens am Weltmarkt und die hohe Exportnachfrage wirken sich stark auf den europäischen und deutschen Binnenmarkt aus. Gewünschte Weizenqualitäten sind zum Teil nur schwer am Markt verfügbar. Zusätzlich belasten die hohen Transportkosten den Vertragsabschluss. Bis zum Jahresende sollen die meisten Getreidemühlen noch gut versorgt sein. Danach wird aber Ware dringend benötigt.

Das hohe Preisniveau am Getreide- und Weizenmarkt ist auch an den regionalen Märkten angekommen. So wurden in den Küstenregionen für B-Weizen bereits 290 €/t und im Binnenland 260 bis 280 €/t gezahlt. Einige Verarbeiter und Nachfrager haben zu Beginn des Vermarktungsjahres auf eine Beruhigung des Marktes gesetzt und nur begrenzt Mengen kontrahiert und damit insgesamt die knappe Versorgungslage unterschätzt. In den kommenden Monaten wird der Wettbewerb zwischen den Käufern weiter zunehmen. Aktuell liegt die Zahlungsbereitschaft im Ausland oberhalb der Binnennachfrage. Dies führt dazu, dass Getreide eher in den Export als in die Verarbeitung im Inland fließt.

Blick auf die Ernte 2022

Um die enge Versorgungssituation am Getreidemarkt, vor allem bei Weizen, zu entspannen wird eine überdurchschnittliche Ernte im Vermarktungsjahr 2022/23 benötigt. Der Blick wird in den kommenden Wochen und Monaten daher verstärkt auf die Vegetationsbedingungen in den wichtigen Anbauregionen Europas und Nordamerikas gehen. In der Ukraine belastete Trockenheit im Oktober die Pflanzenentwicklung. In den USA erwartet das USDA wiederum eine deutliche Ausweitung der Anbaufläche um 0,9 Mio. ha auf 19,8 Mio. ha. Auch in anderen Ländern könnten die hohen Weizenpreise zu einer Ausweitung der Anbaufläche führen. Dem stehen die steigenden Düngerpreise gegenüber. Um den Preisanstieg im Inland zu reduzieren, beschränkt Russland bereits den Handel mit Düngemitteln ins Ausland. Die Auswirkungen werden sich vor allem im Frühjahr zeigen. Bei einem zu erwartenden niedrigeren Einsatz von Düngemitteln sind optimale Aufwuchsbedingungen notwendig, um die Versorgungssituation am Weltmarkt zu entspannen.

Schlussfolgerung

Ein knappes Angebot und eine hohe Nachfrage ziehen die Weizenpreise in der EU-27 nach oben. In diesem Sog folgen die anderen Getreidearten dem Trend. Weizen wird das gesamte Vermarktungsjahr über gefragt sein. Vor allem in der EU-27 stehen die Verarbeiter in harter Konkurrenz zu der Exportnachfrage. Aus diesem Grund sind am Weizenmarkt preissenkende Faktoren nicht in Sicht und ein Brechen der 300-€-Marke möglich. Trotz der Erwartung gilt weiterhin die Empfehlung, die Vermarktung in kleinen Tranchen fortzusetzen. Denn eine Trendumkehr kündigt sich nicht an.

Für die kommende Ernte werden bereits Kontrakte von 220 bis 230 €/t angeboten. Die weitere Preisentwicklung wird stark Wetter getrieben sein. Ein Fragezeichen steht noch hinter einer möglichen Ausdehnung der Weizenfläche rund um den Globus. Um die Liefervertragsquote für die Ernte 22 und hierbei die Mengenbindung zu begrenzen und weiter an steigenden Preisen teilhaben zu können, ist der Abschluss einer Börsenoption ohne gleichzeitigen Liefervertragsabschluss empfehlenswert, wenn bereits 2 bis 3 t/ha kontrahiert sind.

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