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HAUS & HOF

Ein Herz für Höcker

Exotisch schön und herrlich gelassen: Das zeichnet ein Kamel aus.

Sand bis zum Horizont, Gleißende Hitze am Tag, Kälte in der Nacht. Dazu Stille, als hätten die Dünen jeden einzigen Ton verschluckt. Inmitten dieser Mächtigkeit aus Wüstensand zieht eine Kamelkarawane gleichsam voran. Doch um einen Kamelritt bedarf es nicht unbedingt einer Reise bis in die Wüstengebiete von Ägypten oder Arabien. Um auf Tuchfühlung mit solch einem Wüstenschiff zu gehen, bietet sich ebenso ein Ausflug nach Hiddingen (Landkreis Rotenburg) an – auf die Kamelfarm von Beke und Andreas Marquard. Dort sind die exotischen Lasttiere ebenfalls zu finden.

Große Lastentier-Liebe

Bereits seit zwanzig Jahren betreibt das Ehepaar ihre Kamelfarm am Rande des Naherholungsgebiets Lüneburger Heide. Den Beginn machte Kamelstute Tamara im Jahr 1992. „Mit ihr fing alles an. Doch haben wir damals noch nicht daran gedacht, Kamele zu züchten. Das hat sich erst im Laufe der Zeit ergeben“, sagt Beke Marquard, die wie ihr Ehemann Andreas in Teilzeit in der Vermessungstechnik tätig ist. Die Kamelfarm bewirtschaftet das Ehepaar im Nebenerwerb. Über zwei Generationen war das elterliche Anwesen von Andreas Marquard ein klassisch landwirtschaftlicher Betrieb mit Schweinen, Kühen, Hühnern sowie Getreide- und Maisanbau. Hier wuchs der heutige Kamelzüchter zum einen mit der Liebe zum Tier, zum anderen mit dem nötigen Wissen zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes auf. Doch schon damals begeisterten ihn insbesondere Lasttiere.

Mittlerweile besteht die Zucht aus sechzig Tieren, drei unterschiedlicher Kamelarten. Dromedare, Trampeltiere und Tulus. Alle drei Arten werden in Hiddingen im Offenstall und auf weitläufigen Weiden gehalten. Das Dromedar, das zur Gattung der einhöckerigen Kamele gehört und ehemals in den arabischen Ländern beheimatet war. Als zweihöckeriges Kamel das Trampeltier, das ursprünglich aus der Mongolei, Kasachstan und China stammt. Außerdem die Kreuzung aus beiden, das Tulu, welches einen einzigen großen Höcker aufweist.

Andreas und Beke Marquard (mit den Kindern) betreiben ihre Kamelfarm in der Lüneburger Heide im Nebenerwerb.

Insbesondere die Gemütsruhe und Gelassenheit zeichnet diese freundlichen Tiere aus. Um an dieser Erfahrung auch andere Menschen teilhaben zu lassen, werden, wenn es im Zuge der Corona-Pandemie wieder möglich ist und die Winterpause auf dem Hof Ende März endet, auf der Farm Besichtigungen für Personengruppen nach Voranmeldung angeboten. Vor allem Schnupperritte und einstündige Ausritte in die Umgebung versprechen ein eindrucksvolles Ereignis zu werden. Dabei stehen gleichermaßen sowohl der Spaß, als auch der Blick in die Natur aus schaukelnder Höhe im Vordergrund.

Zudem sind die gemütlichen Trampeltiere der Marquards auch im Fotoshooting erprobt und setzen gern auf Wunsch ihre Höcker in Szene. Auf der Hiddinger Farm werden das Erlebnis und der Genuss regionaler Produkte miteinander kombiniert. So sind auch hier, wie auf anderen landwirtschaftlichen Betrieben mit Milchviehhaltung, Melkstände zu finden. Jedoch nicht für Kühe, sondern die Dromedarstuten. Eine Besonderheit hat das Melken dennoch. Das Fohlen muss in der Nähe der Mutter stehen, damit der Melkvorgang klappt. Zwischen zwei und fünf Liter Milch gibt eine Stute pro Tag. Trampeltierstuten werden nicht gemolken, da die Zitzen der zweihöckerigen Kamele für die Melkmaschine zu klein sind. Die gewonnene Kamelmilch wird noch vor Ort abgefüllt.

Nach vorheriger Bestellung ist die unbehandelte Milch täglich verfügbar und darf ab Hof abgegeben werden. Pasteurisierte Milch wird verschickt, auch europaweit. Zur Haltbarmachung wurde die Milch zuvor in einem schonenden Verfahren bei 72 Grad erhitzt und sofort wieder abgekühlt. Danach ist sie für sechs Tage haltbar. Die Kamelfarm von Beke und Andreas Marquard ist derzeit der einzige Betrieb in Deutschland, dem der Versand von pasteurisierter Kamelmilch ermöglicht wurde.

Zebras, Kängurus, Pfaue

Neben der Aufzucht und dem Angebot des direkten Tiererlebnisses gehört auch der Weiterverkauf der Kamele zum Hofleben. Einige der im Landkreis Rotenburg aufgewachsenen Kamele wurden dadurch zu Auswanderern und dürfen ihr weiteres Leben in Kroatien, Schweden, Portugal, Ungarn, Tschechien, Lettland und anderen Ländern verbringen.

Frische Kamelmilch vom Hof: Damit es mit dem Melken beim Dromedar klappt, muss immer das Fohlen in der Nähe sein.

Neben den Kamelen leben noch viele weitere Tiere auf der Farm. „Wir lieben unsere Tiere, aber wir zählen sie nicht“, sagt Beke Marquard. Für Tierfans ist die Farm in Hiddingen ein wahres Tiereldorado. Exotische und heimische Tiere haben ihren Platz in dem 560 Einwohner zählenden Ort gefunden. Lamas, Alpakas, Zebras, Kängurus sind ebenso zu sehen, wie Pferde, Esel, Pfaue, Hunde und Katzen. Verschiedene Vogelarten zwitschern in mehreren Volieren. Wobei anzumerken ist, dass es sich bei der Farm der Marquards nicht um einen Zoo, sondern um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt. Wer also erwartet, Tiere in Gehegen anzutreffen, liegt falsch. Einzig die Walliser Schwarznasenschafe und Ziegen warten in einer umzäunten Wiese auf Streicheleinheiten.

Kamele so weit das Auge reicht und noch viele andere Tiere leben bei den Marquards.

Ebenso wie die Kamele sind auch alle anderen Tiere reisefreudig und können als mobiler Minizoo oder in als lebendige Krippe gebucht werden.

Der unermüdliche, langjährige Einsatz des Züchterpaars für ihre Kamele hat den Bestand in den vergangenen Jahren zur größten Kamelherde in Deutschland anwachsen lassen.

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