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DORFLEBEN - mit VIDEOS

Youtube-Clips direkt aus der Schlepperkabine

Mehr als 55.000 Aufrufe kann Renè Wengelewskis erstes Erklärvideo aus der Schlepperkabine bereits verbuchen – Tendenz täglich steigend. Begonnen hat alles im vergangenen Jahr, als einige Landwirte den „Contour Assistant“ von Fendt als neues Update für ihr Spurführungssystem bekommen haben: „Damals baten mich unabhängig voneinander zwei Kumpels, ihnen das doch mal richtig zu erklären“, erzählt der 27-Jährige aus Magelsen im Kreis Nienburg, „tja, und dann hab‘ ich gedacht – mach ich das mal als Video, dann hilft’s vielleicht auch noch anderen.“

Wobei das Filme-Machen auch nicht ganz von ungefähr kommt: Der Wirtschaftsingenieur, der gerade sein duales Studium beim Landmaschinenhersteller Grimme absolviert hat und dort im Produktmarketing arbeitet, kennt sich mit Videoschnitt und -Filmen fast ebenso gut aus wie mit der Agrartechnik: Gemeinsam mit seiner Freundin Marie-Luise Meyer (25) und deren Schwester Rebecca hat er bereits zweimal erfolgreich beim Wettbewerb „Clip my Farm“ mitgemacht und ist auch sonst mit Kamera, Drohne und Laptop fix im Einsatz, wenn’s etwas zu visualisieren gibt.

Hinzu kommt: „Als ich vor ein paar Jahren in der Ausbildung war, da habe ich im Netz genau solche Erklärvideos gesucht – gab es aber leider nicht. Und auch heute finde ich viele Beiträge nicht so richtig anwenderorientiert.“ Also investiert der Magelser jetzt viel Zeit, um Step by Step Grundlagen und Tipps aus dem landwirtschaftlichen Alltag für seinen Youtube-Kanal aufzubereiten. In seiner Freizeit – versteht sich.

Ein Schlepper als „Star“

Unter der Woche leben Renè und Marie in Osnabrück. Aber spätestens am Wochenende zieht es die beiden aufs Land, genauer gesagt auf den landwirtschaftlichen Betrieb von Maries Vater Claus Meyer in Eitzendorf. Ihm gehört auch der derzeitige „Hauptdarsteller“ in Renès Videos: Der Fendt 724 Vario Profi Plus. Daran, dass der Schlepper fortan vom Schwiegersohn in spe nicht nur für die klassischen Ackerarbeiten übers Feld gesteuert, sondern für etliche Stunden als Video-Drehort blockiert wurde, musste sich der Landwirt zwar erst etwas gewöhnen: „Aber jetzt findet Claus es auch richtig gut, was draus geworden ist“, erzählt Renè. Und letztlich ist auch für ihn klar: Wenn‘s drauf ankommt, geht der Betriebsablauf vor. Bevor es losgeht mit einem neuen Dreh, überlegt sich der 27-Jährige ein Grundkonzept, recherchiert Details aus der Betriebsanleitung und macht sich Notizen für Einspieler und Einstellungen. „Da kommt es dann schon mal vor, dass er auf der ganzen Fahrt von Osnabrück bis auf den Hof kein Wort mit mir spricht und die ganze Zeit am Laptop arbeitet“, sagt seine Freundin Marie.

Täglich kommen mehr Klicks dazu: Momentan sind es beim erstem Fendt-Basic-Video über 55.000 Aufrufe.

Wenn das „Drehbuch“ steht, wird die Fendt-Kabine zum Mini-Aufnahmestudio umfunktioniert. Eine Kamera kommt an die Seitenscheibe, eine Spiegelreflexkamera auf Stativ wird vorm Terminal platziert, ein Extralicht sorgt für die richtige Beleuchtung und dann legt Renè los. Mit einer Mischung aus Grundlagenwissen, Praxistipps und Fachbegriffen, die er locker erklärt. Und das kommt an, davon zeugen nicht nur die vielen Klicks, sondern jede Menge positive Reaktionen: „Das beste Video, das ich bisher gesehen habe hinsichtlich Fendt-Bedienung, freue mich auf die nächsten Teile“, kommentiert ein User.

4 bis 5 Stunden filmen

Die Resonanz im Netz spornt an, denn das Hobby ist mega-zeitaufwendig. Für ein Basic-Video kommen rund vier bis fünf Stunden reine Filmarbeit zusammen. Unter der Woche folgen dann fast zwei Wochen lang mehrstündige Abend-Einsätze am Laptop fürs Schneiden. Er hat sich vorgenommen, „die ganze Karre“ – so sein liebevoller Ausdruck für den Hightech-Schlepper – von Grund auf zu erklären, aufgeteilt in mehrere Filme. „Das könnte man vielleicht auch in der Betriebsanleitung lesen, aber die liegt oft im Büro. Und die meisten wollen auch lieber Filme sehen als zu lesen“, weiß er.

„Hauptdarsteller“ der Videos von Renè Wengelewski ist der Fendt 734 Vario Plus, er gehört dem Vater von Freundin Marie.

Woher hat er als Wirtschaftsingenieur, der nicht vom Hof stammt, so viel Praxiswissen? „Ich wollte schon als 13-Jähriger bei unserem Nachbarn, einem Landwirt, immer nur Trecker fahren, und der hat mir alles von der Pike auf erklärt“, erzählt er. Seine Schule brach er – nicht gerade zur Freude der Familie – kurz vorm Abi ab, machte dann eine Ausbildung zur Fachkraft Agrarservice. Und sicherte sich beim Berufswettkampf mal eben fix den Titel als bundesweit bester Azubi seines Jahrgangs. „Erst nach der Lehre habe ich dann auf der Fachoberschule mein Abitur gemacht. „Ich bin also ein bisschen einen Umweg gegangen“, sagt er grinsend.

Dass er keine Angst hat, vor Publikum zu reden, hat Renè bereits bei einem ungewöhnlichen Job bewiesen: Noch als Praktikant reiste er 2016 nach Indien und China, um dort die neueste Kartoffelroder-Technik direkt auf dem Acker vorzuführen. „Das war eine super Erfahrung“, erinnert er sich.

Branchenfremdes Lob

Seit die Fendt-Basics online sind, wird der 27-Jährige immer öfter gefragt, ob er für die Ostallgäuer Firma arbeitet. Das ist zwar definitiv nicht der Fall, dennoch kommt auf den erfolgreichen Neu-Youtuber eine Problematik zu, die er zunächst nicht so auf dem Schirm hatte: „Werden meine Videos womöglich als Werbung gewertet? Muss ich mich da absichern?“, fragte er sich.

Und dann gibt es auch noch die Reaktionen von Leuten, die branchenfremd sind – jedenfalls auf den ersten Blick: „Ich bin zwar erst 11, aber ich möchte irgendwann auch Landwirt werden, sehr informativ. Super“, schreibt ein kleiner Fan. Lobende Worte gibt’s auch aus der Gaming-Szene: „Ich habe leider keinen Fendt, aber fahre ihn gerne im Landwirtschaft-Simulator und dank deiner Hilfe kann ich noch besser die Funktion hinter den Tasten verstehen.“

Doch so richtiger Ansporn ist es für ihn, wenn er von einem Landwirt hört, dass der direkt auf dem Feld mit Hilfe des Videos den „Contour Assistent“ optimal zum Laufen gebracht hat. Oder Jungs wie „Oli“ schreiben: „Sehr gute Erklärung, hilft mir sehr, da ich jetzt bald meine Lehre anfange.“ „Allein dafür lohnt doch schon der ganze Aufwand“, freut sich der 27-jährige Landmaschinen-Profi.

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