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„Wir wollen zeigen, was möglich ist“

Für Lisa und Timo Gelzhäuser geht es nun daran, die ehemaligen Fichtenflächen wiederzubewalden. Die gepflanzten Kirschen am Bestandesrand entwickeln sich bisher gut.

So wie die Flächen von Lisa und Timo Gelzhäuser sehen viele Wälder im Sauerland aus, und nicht nur dort. Die unmittelbaren Auswirkungen der Klimakrise haben den Forstbetrieb der Familie schwer angeschlagen. Betroffen sind rund 75 % der eigenen Waldfläche.

Die vormaligen Fichtenreinbestände sind nahezu vollständig abgestorben. Die Konsequenz: Mit dem eigenen Wald werden auf traditionelle Weise für lange Zeit keine Gewinne mehr erwirtschaftet werden können – im Gegenteil: Tatsächlich kostet die Wiederbewaldung der Schadflächen viel Geld, aber auch viel Kraft.

Die Krise als Chance

Natürlich setzt der Anblick ihrer zerstörten Waldflächen den Geschwistern noch immer sehr zu. Doch davon lassen sie sich nicht entmutigen. Im Gegenteil.

Anfangs waren die Gelzhäusers mit dem Ausmaß der Schäden schlichtweg überfordert. Auch der Holzmarkt erwies sich schnell als schwierig, war das Holz doch kaum noch absetzbar und wenn, dann nur zu schlechten Konditionen. Erst als sich die Möglichkeit ergab, Schadholz nach Asien auszuführen, verbesserten sich die Absatzmöglichkeiten. Damit waren die Geschwister jedoch nicht so recht zufrieden. Sie suchten nach Wegen, das eigene Holz regional und nachhaltig zu nutzen, und sie hatten schnell eine außergewöhnliche Idee. „Um eine nachhaltige Nutzung des Käferholzes zu ermöglichen, haben wir das Organic Tiny House für gesundes und zukunftsfähiges Wohnen entwickelt. Mit dem Erlös hoffen wir, unseren Wald wieder aufforsten zu können und somit auch zukünftigen Generationen eine Lebensgrundlage zu bieten“, erklärt Timo Gelzhäuser das Konzept. Das sei auch einer der Gründe gewesen, sich für den DEUTSCHEN WALDPREIS in der Kategorie „Waldbesitzer des Jahres“ zu bewerben. „Wir möchten anderen Waldbesitzern, die vom Klimawandel betroffen sind, Hoffnung geben, die großen Mengen an Holz, die jetzt zur Verfügung stehen, zu nutzen und neue Geschäftsfelder zu erschließen“, betont Timo Gelzhäuser.

Volle Kraft für den Wald von morgen

Die Wiederbewaldung der zerstörten Fichtenbestände ist eine Mammutaufgabe, doch die Geschwister, die beide keine forstliche Ausbildung haben, gehen sie mit viel Engagement und Experimentierfreude an. Als „Initialzündung“ für die Verjüngung setzen sie zunächst einmal auf die Natur. In den letzten Jahren sind auf einigen Schadflächen bereits Birken und Fichten – aber auch Ebereschen und Ahorne – angekommen. „Gerne würden wir einen Großteil unserer Flächen der Natur ganz überlassen und das tun wir auch an manchen Stellen. Da sich jedoch abzeichnet, dass vor allem Birken und Fichten auf den Flächen anfliegen, haben wir einfach die Befürchtung, dass diese Baumarten im fortschreitenden Klimawandel noch weitere Probleme bekommen werden“, gibt Timo Gelzhäuser zu Bedenken.

Deshalb pflanzen die Gelzhäusers ergänzend weitere Baumarten an, um sich im Klimawandel breiter aufzustellen und den Wald so resilienter zu machen. Das Pflanzmaterial wird jedoch nicht nur zugekauft. Die Familie probiert auch den Einsatz selbstgeworbener Wildlinge aus. So wurde eine Kahlfläche mit Küstentannen bepflanzt, die vollständig aus dem eigenen Wald stammen und sich bislang gut entwickeln. „Die Wildlinge hat unser Vater hier gepflanzt. Das ist aktuell sein ganz persönliches Projekt“, erklären die Geschwister.

Für mehr Nachhaltigkeit und Regionalität

Um den Verdienstausfall aus dem eigenen Wald zu kompensieren, sind Lisa und Timo Gelzhäuser dabei, neue Geschäftsideen zu entwickeln. Eine davon ist der Bau von Tiny Houses aus regionalem Käferholz.

Um die jungen Pflanzen vor Verbiss zu schützen, setzen Lisa und Timo Gelzhäuser vor allem auf Einzelschutz, doch ist ihnen hierbei die Verwendung möglichst nachhaltiger und nicht zuletzt umweltverträglicher Rohstoffe wichtig. Deshalb kommen neben herkömmlichen Wuchshüllen vor allem auch verschiedene Varianten aus Holz zum Einsatz. Dieser Anspruch schlug sich auch bei der Entwicklung der Organic Tiny Houses nieder. Hier wird hauptsächlich eigenes Fichtenholz verwendet, das in den letzten Jahren als Käferholz angefallen ist. Wenn Holz fehlt – z. B. für bestimmte Bauelemente, die sich nicht aus dem eigenen Fichtenholz herstellen lassen –, wird es möglichst aus der Nachbarschaft beschafft. Einen Teil der Fertigung übernehmen Lisa und Timo Gelzhäuser im hofeigenen Sägewerk der Familie in Kierspe selbst. Die restlichen Arbeiten führt ein örtlicher Zimmereibetrieb aus.

Mit Optimismus in die Zukunft

Mit viel Energie und Leidenschaft bringen Lisa und Timo Gelzhäuser ihr Projekt der Organic Tiny Houses voran und hoffen, dass diese sich am Markt etablieren können. Derzeit sind die Geschwister dabei, ihr Netzwerk zu erweitern und Unterstützer zu gewinnen. Gleichzeitig erweitern sie beständig ihre Produktpalette, um so den Wiederaufbau ihrer Wälder finanzieren zu können.

Mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft haben die Geschwister aber noch einen Wunsch: „Wir würden uns freuen, wenn die Politik und damit die Gesellschaft einen Teil der Verantwortung für die Wiederaufforstung der durch den Klimawandel entstandenen Kahlflächen übernehmen würde. Noch wichtiger ist aber die sofortige Verlangsamung des Klimawandels. Was wir hier im Sauerland sehen, ist leider erst der Anfang der Klimakatastrophe.“

Experimentiert wird mit unterschiedlichen Verjüngungsmethoden. Auf dieser Fläche wurden Wildlinge von Küstentannen gepflanzt. Die Bäumchen stammen allesamt aus dem eigenen Wald.

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