Körnerhirse: Neue Kultur mit Zukunft
Ihr intensives Wurzelsystem und ihre Wachsschicht auf der Oberseite der Blätter macht die aus Nordost-Afrika stammende Sorghumhirse besonders trocken- und hitzetolerant. In Europa bauen vor allem Landwirte in Frankreich, Italien und in der Ukraine Körnerhirse an. Ihre Körner gehen in die menschliche Ernährung, sie werden vergoren zu Bier, gebrannt zu Schnaps und industriell umgewandelt zu Bioethanol. In Deutschland wandern die Körner in erster Linie in die Futtertröge.
Deutsche Ackerbauern sollten bei der Körnerhirse auch ihre agronomische Vorteile in den Fokus nehmen:
- Für die Etablierung ist keine besondere Technik notwendig. Die Aussaat kann per Einzelkorn- oder Drillsaat erfolgen. Die Saattiefe beträgt 2 bis 4 cm bei einer Saatstärke von 25 bis 35 Körnern/m². Aufgrund der Wärmebedürftigkeit der Kultur sollte die Bodentemperatur 12 °C betragen und keine Spätfröste mehr eintreten.
- Die Ernte ist mit einem Mähdrescher mit Getreideschneidwerk möglich und findet ab etwa Ende September statt. Hierbei sollte knapp unterhalb der Rispen abgeschnitten werden, da die Biomasse bis zum Erntezeitpunkt meist grün und feucht bleibt. Physiologisch reif ist die Hirse ab ca. 35 % Kornrestfeuchte.
- Krankheiten und Schädlinge, die das Wachstum wesentlich beeinträchtigen könnten, sind bislang nicht aufgetreten. Da die Pflanze eine langsame Jugendentwicklung zeigt, ist lediglich eine Herbizid-Applikation ab dem 3-Blattstadium oder eine mechanische Unkrautbehandlung notwendig. Der Düngebedarf ist gering.
Die Körnerhirse ist somit eine Kulturart, die sich mit betriebsüblicher Technik und wenigen Arbeitsschritten gut in den Betrieb integrieren lässt. Die bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) hat im Jahr 2022 an fünf Standorten in Süddeutschland Versuche zur Sorteneignung angelegt. Aufgrund extremer Bodenunterschiede gab es an zwei Standorten keine verwertbaren Ergebnisse. Daten liegen aus Schwarzenau (Lks. Kitzingen), Frankendorf (Lks. Erding) und Straubing vor.
60 Liter Wasser in der gesamten Vegetation
Während in Frankendorf die Niederschlagssumme von Mai bis September etwa 420 mm betrug, lag sie in Schwarzenau gerade einmal bei 160 mm. Davon vielen 100 mm im September, also nach der Haupt-Vegetationszeit der Sommerkultur. Die monatliche Durchschnittstemperatur lag in Schwarzenau im dargestellten Zeitraum bei 19 °C und somit 2 °C über der in Frankendorf. Straubing liegt mit 285 mm und 18 °C im angegebenen Zeitraum etwa im Mittel der beiden anderen Standorte. Vor allem im Juli und August, also rund um die Blüte, waren hier die Niederschläge gering.
Getestet wurden 17 verschiedene Genotypen der Firmen RAGT, Lidea, KWS, DSV und AgriSem; darunter auch Zuchtstämme und noch nicht zugelassene Sortenkandidaten der beteiligten Firmen. Die Tabelle stellt lediglich die Ergebnisse der zugelassenen und somit auch im Handel verfügbaren Sorten dar.
In Schwarzenau erfolgte die Aussaat am 18. Mai als Drillsaat mit einer Reihenweite von 13 cm und einer Saatstärke von 35 Körnern/m². Der Oberboden war zur Aussaat sehr trocken. Ein kurzer, aber starker Regen am Tag nach der Aussaat verkrustete die Oberfläche und erschwerte das Auflaufen. Zusätzlich setzten den Pflanzen direkt nach dem Auflaufen Nächte mit Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt zu. Im weiteren Verlauf entwickelte sich der Bestand sehr gut, obwohl von der Aussaat bis Ende August nur etwa 40 mm Niederschlag zu verzeichnen waren.
Die Ernte fand am 6. Oktober bei Kornrestfeuchten zwischen 19 und 23 % statt. Alle Sorten hatten zum Zeitpunkt der Ernte die physiologische Reife erreicht, wobei die Sorten GK Emese, Arsky und Dodgge die früheste Reife zeigten. Die Pflanzen waren zwischen 87 cm (Lupus) und 108 cm (Farmsugro 180) hoch. Die mittlere Pflanzenlänge betrug 95 cm. Lediglich die Sorte GK Emese wies zur Ernte minimal Lager auf, war aber auch der Genotyp mit der frühesten Reife.
Gute 70 dt/ha Ertrag im trockenen Extremjahr
Der mittlere Kornertrag in Schwarzenau betrug 73 dt/ha, wobei der geringste Ertrag bei 66 dt/ha (Arabesk) lag und der höchste Ertrag bei 79 dt/ha (Margo). Dass im gesamten Versuch der höchste Kornertrag mit 82 dt/ha von einem Zuchtstamm erzielt wurde, zeigt das Potenzial einer weiteren züchterischen Bearbeitung. Blattflecken traten zum Ende der Vegetationszeit auf, waren aber nicht ertragsrelevant.
In Frankendorf fand die Aussaat am 11. Mai mit 35 Körnern/m² als Drillsaat mit einer 14 cm Reihenweite statt. Sowohl beim Feldaufgang als auch im weiteren Vegetationsverlauf gab es keine Probleme. Der Bestand wurde am 27. Oktober geerntet.
Der mittlere Kornertrag betrug 118 dt/ha, die Kornrestfeuchte lag im Mittel bei 21 %. Bei einer durchschnittlichen Pflanzenlänge von 1,30 m trat kein Lager auf. Sowohl Blattflecken als auch ein minimaler Maiszünslerbefall an einzelnen Pflanzen waren nicht ertragsrelevant.
Am Standort Straubing wurde der Versuch am 17. Mai bei einer Reihenweite von 37,5 cm als Einzelkornsaat mit 35 Körnern/m² gesät. Der Feldaufgang und die Jugendentwicklung waren gleichmäßig, die Bestandesentwicklung bis zur Ernte gut. An den Rispen der Sorten RGT Icebergg, Arabesk, Arsky, Margo und Lupus wurde teilweise ein leichter Pilzbefall festgestellt, der vermutlich auf die feuchte Witterung vor der Ernte zurückzuführen ist. Bei einer mittleren Pflanzenlänge von 1,20 m trat auch hier kein Lager auf.
Bei durchschnittlichen Kornrestfeuchten von 25 % wurde der Versuch am 26. September geerntet. Der mittlere Ertrag lag bei 90 dt/ha.
In der Tabelle ist zusätzlich der relative Kornertrag als Mittelwert über alle drei Standorte dargestellt. Als Referenz dient die Sorte Arsky. Mit einem relativen Kornertrag von 107 % war Margo am leistungsstärksten, Arabesk und Albanus stellen mit jeweils 93 % die Schlusslichter dar. Die Leistungsfähigkeit der Sorten wird an der LfL in den kommenden Jahren weiter getestet werden.
Die Körnerhirse schlug sogar den Körnermais
In Schwarzenau konnte die Körnerhirse trotz geringen Niederschlags überzeugen und mit 73 dt/ha im Mittel sogar einen Mehrertrag gegenüber dem Körnermais (66 dt/ha) erzielen. Anhand der Erträge aus Frankendorf und Straubing wurde deutlich, welches Potenzial in der Kulturart bei einem Mehr an Niederschlägen steckt. Unter optimalen Niederschlagsbedingungen ist jedoch der Körnermais der Körnerhirse überlegen. Der mittlere Körnermaisertrag in Frankendorf lag bei 156 dt/ha, der von Körnerhirse bei 118 dt/ha.
Dennoch ist die Körnerhirse eine interessante Kulturart. Sie lässt sich ohne besonderen technischen Aufwand in den Betrieb integrieren erzielt zufriedenstellende Erträge.
Hirse ernährt Mensch und Tier
Der Begriff „Hirse“ fasst verschiedene Süßgräser zusammen. Gemeinsam haben alle Hirsen: Sie sind wärmeliebende C4-Pflanzen und sie sind glutenfrei. Unterschiede haben sie im Erscheinungsbild, in ihrer Herkunft und vor allem in ihrer Hauptnutzungsform.
Generell unterscheidet man zwischen den Millethirsen (Rispenhirse, Kolbenhirse, Perlhirse, Teff) und den Sorghumhirsen. Zu letzteren zählt die Körnerhirse (Sorghum bicolor) mit Ursprung in Nordostafrika. Sie ist weltweit betrachtet mit einem Produktionsvolumen von etwa 59 Mio. t die fünftwichtigste Getreideart. Die Rispenhirse hat ihren Ursprung in Zentralasien, war bis ins Mittelalter ein wichtiges Nahrungsmittel in Europa und ist auch heute noch im Supermarkt zu finden.
Die ebenfalls aus Zentralasien stammende Kolbenhirse wird dort teilweise noch in der menschlichen Ernährung eingesetzt, aber hauptsächlich als Futtergras oder für Vogelfutter genutzt. Die aus dem tropischen Afrika stammende Perlhirse gilt als die Getreideart mit der größten Trockentoleranz. Sie wird dort als Körnergetreide oder zur Rinderfütterung eingesetzt. Der Teff ist das wichtigste Getreide Äthiopiens und Eritreas, sein Mehl wird zum Fladenbrot „Injera“ verarbeitet. J.G.
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