Imker fragen Imker
Kristallisierter Efeuhonig – hilft spätes Nachfüttern?
Josef Reithmaier, 84175 Lichtenhaag: Vielleicht helfen meine Beobachtungen von heuer Herrn Ziegler. An meinem Bienenstand sind auch große Flächen des Efeus, den die Bienen 2021 stark beflogen haben. Doch heuer waren nur einzelne Bienen am Efeu. Es waren nur Fliegen, Wespen und Hornissen am Efeu. Meine Beobachtung ist, dass die Bienen eine bessere Trachtquelle gefunden haben. So viel ich feststellen konnte, ist das ein 300 Meter entferntes Ölrettichfeld, das zur gleichen Zeit blüht. Der Efeu und das Ölrettichfeld blühen noch immer. Vielleicht hilft eine ablenkende Tracht Herrn Ziegler.
Martin Scheeder, CH-4056 Basel: Die Frage zum Efeuhonig treibt mich besonders um, seit ich mit einer Schweizer Imkergruppe zu Besuch bei Imkern in Nord-Wales, Snowdonia, gewesen bin. Deren Bienen überleben offenbar seit etlichen Jahren ohne Varroa-Behandlung. Die Imker berichteten auch, dass Efeu bei ihnen eine wesentliche Herbsttracht ist und maßgeblich zum Wintervorrat beiträgt. Auch John McMullen berichtet in Bee World (https://doi.org/10.1080/0005772X.2018.1431000) von Völkern, die seit 2010 nicht gegen Varroa behandelt wurden. Er schreibt, dass Efeu große Teile des Wintervorrats ausmacht.
Das hat mich aufmerksam gemacht, da Efeu auch als Heilpflanze Verwendung findet und (giftige) Wirkstoffe (z.B. Saponine) enthält. Ob diese Wirkstoffe in den Nektar und Honig übergehen und allenfalls sogar zur Abwehr der Varroa beitragen könnten, ist mir aber nicht bekannt. Der Geschmack von Efeu- honig ist jedenfalls speziell und mir nicht unangenehm.
Basler Imkerkollegen haben dagegen auf Anfrage während einer Vereinsversammlung berichtet, dass ihnen wegen breiter Futtergürtel aus kristallisiertem Efeuhonig schon Völker auf vollen Futterwaben verhungert seien. David Heaf, einer der Imker in Snowdonia und Autor des Buches „Treatment-Free Beekeeping“ erklärte, damit keine Probleme zu haben. Er vermutet, dass durch den Beitrag anderer Nektarquellen - und bei ihnen besonders das drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) - eine harte Kristallisation ausreichend verhindert wird. Die gleiche Wirkung hätte eine späte Notfütterung mit Sirup Ende September, Anfang Oktober. Dementsprechend wäre der Ratschlag also, die Fütterungsstrategie so auszurichten, dass während der Efeutracht noch (kleine Mengen an) Sirup verfüttert wird. Vor meinem Bienenhaus in Basel ist jedenfalls gegenwärtig eine reichliche Efeutracht schon geruchlich wahrnehmbar und ich bin sehr gespannt, wie es rauskommt.
Armin Spürgin: Efeu wird immer mehr zum Problem. Bei oft schon abgestorbenen, alten Bäumen bildet der Efeu fast so etwas wie eine Ersatzkrone aus. Ganze Laubwälder bilden so ein immergrünes Blätterdach aus. Die Mauern uralter Einfriedungen und Häuser werden vollständig überwuchert. Der Nektar liegt in den Blüten offen zutage und wird nicht nur von Bienen, sondern auch von kurzrüsseligen Wespen, Fliegen und Schwebfliegen aufgenommen.
Nach meinen bisherigen Erfahrungen, die sich oft mit jenen von Imkerkollegen decken, wirkt sich der fest kristallisierte Efeuhonig negativ auf die Überwinterung der Völker aus. Dabei ist festzustellen, dass stärkere Völker besser damit zurechtkommen als schwächere. Es stellt sich die Frage, warum ein Teil der Völker so schwach ist. Wegen des Efeuhonigs? Oder sind es andere Faktoren? Es gleicht fast der Frage nach der Henne und dem Ei. Was war zuerst da? Es scheint jedenfalls so zu sein, dass starke Völker genügend Wärme erzeugen können, um diesen Zementhonig zu verflüssigen. Mehr Wärme erhöht die Luftfeuchtigkeit. Diese wiederum führt dem Honig Wasser zu und macht ihn weicher.
Die Erfahrungen der Imker in Wales sind interessant, aber nicht unbedingt auf unsere Klima- und Trachtverhältnisse übertragbar. Der Ablauf des Winterwetters ist aber ganz entscheidend dafür, wie sich Zementhonig auf die Bienenvölker auswirkt. Als vorbeugende Maßnahme wird immer wieder empfohlen, während der Efeutracht zuzufüttern. Mal mit Erfolg, mal ohne. Ein Imkerkollege will die Zufütterung während einiger wärmerer Tage im Winter versuchen, damit die Bienen wieder Zugang zu flüssigem Futter haben. Da der Winter nicht immer solche Futtermöglichkeiten bietet, habe ich mir vorgenommen, Futterwaben umzuhängen. Das dürfte aber nur bei zweiräumiger Überwinterung funktionieren. Der kristallisierte Honig ist meist nur in der Mitte über dem (ehemaligen) Brutnest eingelagert. In den Randwaben hingegen befindet sich in der Regel das umgearbeitete, flüssige Winterfutter. So will ich versuchen, 3 – 4 Randwaben gegen 3 – 4 Efeu-Waben in der Mitte auszutauschen.
Es ist wirklich schade, dass man diesen ansonsten ausgezeichneten Honig nicht ernten kann. Man müsste die Fütterung so weit hinauszögern, dass die Gefahr besteht, dass die Bienen das Winterfutter nicht mehr abnehmen. In der alten Tannentrachtimkerei des Schwarzwaldes galt immer der Grundsatz: Ende September müssen die Völker winterfertig sein. Dieser Termin wird vom Efeu-Blühende weit überschritten. Außerdem gibt uns die Varroamilbe ohnehin ein noch früheres Trachtende vor. Eine Anti-Varroawirkung des Efeuhonigs halte ich für eher unwahrscheinlich. Meine Erfahrungen zeigen sogar eher das Gegenteil. Auf Efeuhonig eingegangene Völker hatten nicht selten auch ein Varroaproblem.
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