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Auf die Plätze, fertig – und wann geht’s los?

Um die Ackerflächen teilflächenspezifisch bewirtschaften zu können, müssen Applikationskarten erstellt werden.

Auf den Punkt

  • Die teilflächenspezifische Bewirtschaftung schreitet nur langsam voran.
  • Applikationskarten können mit nur einem geringen Zeitaufwand erstellt werden.
  • Der Nutzen von Applikationskarten wird aus betriebswirtschaftlicher Sicht infrage gestellt.

Mithilfe moderner Technologien wird die Landwirtschaft immer zielgerichteter und dadurch effektiver. Precision Farming ist ein Sammelbegriff für digitale Verfahrenstechniken, mit denen eine Teilflächenbewirtschaftung oder ortsspezifische Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Nutzflächen möglich ist. Hinter dem Begriff „Precision Farming“ (auch als „Präzisionsackerbau“ bezeichnet) stecken gleich eine Menge Verheißungen:

  • Boden und Umwelt schonen,
  • Geld für Dünger, Saatgut und Pflanzenschutzmittel sparen
  • oder auch gleichmäßigere Feldbestände und höhere Erträge.

Das Mittel dazu sind Informationen über die spezifischen Bedürfnisse eines Fleckchens Erde. Diese sollen punktgenau bedient werden. Precision Farming gilt als die Revolution in der Landwirtschaft. Diese Methode trägt der Tatsache Rechnung, dass selbst innerhalb eines einzigen Schlages verschiedene Bedingungen für die Kulturpflanzen stecken. Jedes Feld ist anders. Sogar innerhalb eines Feldes kann es erhebliche Unterschiede geben. Doch warum schreitet die Einführung in die Praxis so langsam voran?

Voraussetzungen schaffen

Notwendig für das Verfahren Precision Farming ist das Erfassen und Verarbeiten von Daten zu Erträgen eines bestimmten Feldabschnitts, den im Boden enthaltenen Nährstoffen und den Positionen der Information. Dazu braucht es Bodenproben, Erntemengen und natürlich genaue Koordinaten. Die Verknüpfung mit GPS-Daten erlaubt dann die genaue Dosierung von beispielsweise Dünger in einem Teil des Ackers. Die Maschine muss dazu durch GPS-Daten lenkbar sein, Mobilfunk-Connectivity und ISOBUS-Funktionen haben. Ohne Anbindung an weitere Maschinen, Anbaugeräte, Computer und Netzwerke geht es nicht. Sind das die Hürden, an denen die Praxisrelevanz scheitert? Laut Branchenvertreter scheinen die Chancen riesig zu sein. Kritiker fürchten aber, dass solche Methoden zu stärkerer Abhängigkeit von Technik und von einzelnen Anbietern führen könnte.

Blick hinter die Kulissen

Zusammen mit dem Landtechnikunternehmen Lemken haben wir uns Gedanken zur teilflächenspezifischen Bewirtschaftung von Ackerflächen gemacht. Man findet den ein oder anderen Bericht zu diesem weiten Themenfeld, viele bleiben jedoch an der Oberfläche. Um nur ein Themenfeld, welches an sich schon komplex genug ist, aufzugreifen, beschränken wir uns auf die Erstellung von Applikationskarten für den Maisanbau. Selbstverständlich lassen sich die Ergebnisse auch auf andere Kulturen übertragen. Im ersten Teil dieser Serie haben wir uns mit Dienstleistern, Saatzuchtunternehmen und Beratern dazu unterhalten.

Warum erstellen Landwirte eigentlich Applikationskarten beziehungsweise warum sollten sie damit beginnen? „Landwirte, die auf heterogenen Standorten oder in durch extreme Witterung gekennzeichneten Regionen wirtschaften, haben verständlicherweise ein höheres Interesse an variabler Bewirtschaftung ihrer Flächen“, so die Erfahrung von Tilman Puls, der für Climate FieldView von Bayer CropScience Auskunft gibt. So profitieren sie in der Regel auch mehr durch Reduzierung des Risikos, homogenere Qualitäten, gesteigerte Naturalerträge und bessere Betriebsmittelallokation und gegebenenfalls Einsparungen bei diesen. Bei einer angepassten Stickstoffgabe kann die bisherige Bestandsentwicklung in der Saison als auch die prognostizierte Witterung zum geplanten Zeitpunkt durch den Landwirt mit einbezogen werden. So kann unter Umständen eine Applikation in Teilflächen auch ganz ausgelassen, stark reduziert oder nur dort ausgeführt werden, wo noch ein Bestand mit entsprechendem Ertragspotenzial vorhanden ist.

Applikationskarte

Eine Applikationskarte ist einer der wichtigsten Bestandteile und die Voraussetzung für teilflächenspezifische Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen.

Eine Karte umfassteine beliebige Anzahl von Bearbeitungszonen, sogenannte Treatment-Zonen, in die ein Schlag unterteilt wird. Grundlage bilden die unterschiedlichen Beschaffenheiten eines Bodens innerhalb des Schlages. Durch die Einteilung in verschiedene Zonen ist es möglich, die Ausbringmengen von Betriebsmitteln (Saatgut, Dünger, Pflanzenschutzmittel etc.) und schließlich den Ertrag zu optimieren.

Die Daten der Applikationskarten können in den herstellerübergreifenden Formaten auf die Maschine übertragen werden.

Generell gesprochen gibt es viele Ansätze, die sich kurz und prägnant zusammenfassen lassen: Betriebsmittel werden im richtigen Maß und je nach Bestandsentwicklung und Witterung dort eingesetzt, wo sie einen Mehr- wert schaffen, und dort reduziert beziehungsweise weggelassen, wo sie es nicht können.

Geringer Aufwand

Oliver Martin, Geschäftsführer von FarmBlick, bringt noch weitere Aspekte mit in die Diskussion. „Einer der entscheidensten Beweggründe ist die Düngeverordnung, ein weiterer die Optimierung des Deckungsbeitrages. Zusätzlich nimmt die Bereitschaft zur ressourcenschonenden Bewirtschaftung und das Arbeiten mit dem Boden einen immer größeren Bereich ein.“

Doch warum arbeiten dann so wenige Betriebe mit Applikationskarten? Am Zeitbedarf für die Erstellung einer Applikationskarte kann es nicht liegen. Dieser liegt – mit etwas Übung und vorhandener Datenbasis – bei 1 bis maximal 5 Minuten pro Ackerschlag. Und doch sind es nur wenige Betriebe, die datenbasiert auf Applikationen wie Gülle-, Grunddünger-, Flüssigdünger- und Unterfußdüngerausbringung, Pflanzenschutzmaßnahmen oder die Aussaat von Mais, Getreide und Zwischenfrüchten setzen. Hier sind sich die Anbieter einig: 15 Prozent sind das Maximum, meist liegt der Anteil im niedrigen einstelligen Bereich. Andererseits ist laut Lemken auf vielen professionellen Betrieben dank der Bauernmilliarde Technik zur teilflächenspezifischen Bewirtschaftung vorhanden – bis jetzt jedoch oftmals ungenutzt. Doch eine steigende Tendenz ist erkennbar.

Es gibt folglich auf vielen Betrieben Hindernisse, die den Einstieg in die teilflächenspezifische Bewirtschaftung der Kulturen verhindern. Josef Bosch von FarmFacts hat einige Gründe parat, die er immer wieder von Landwirten zu hören bekommt. Dazu zählt aktuell noch die fehlende Technik beziehungsweise die zur Nutzung notwendige teure Freischaltung. Lösungen hierfür lassen sich laut Bosch schnell finden: „Es wäre schon ein großer Schritt, wenn Landtechnikverkäufer auf dieses Thema und die Beratung beim Verkaufsgespräch sensibilisiert werden – für den Fall, dass sich der Betrieb eigenmechanisieren möchte. Alternativ lässt sich die Technik über Kooperationen mit Maschinengemeinschaften oder die Auslagerung an Dienstleister wie Lohnunternehmen zukaufen.“

Vertrauensbasis schaffen

Lange Zeit hat das durchaus komplexe Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten nicht funktioniert – oftmals scheiterte es an einer fehlenden Freischaltung. Einige Landwirte hatten damit zu kämpfen und vertrauen deshalb auch heute noch nicht darauf. Einfache Lösung: Prüfen Sie nach, ob die Freischaltungen auf das Terminal und das Anbaugerät vorhanden sind. Ebenso sind Themen wie Kompatibilität und Datenschnittstellen nach wie vor ein großes Hemmnis, ergänzt Oliver Martin.

Das eigentliche „rote Tuch“ ist die Komplexität des Themas an sich. Viele stellen sich die Frage, ob Applikationskarten einen Nutzen haben – sowohl aus ackerbaulicher als auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Unterm Strich muss der Nutzen so groß sein, dass die Investition in die teure Technik kompensiert wird. Oftmals wird vom Betriebsleiter in diesem Zusammenhang der Zeitfaktor als kritische Größe angeführt. Sicherlich erfordert eine variable Aussaat oder Applikation immer eine gewisse Vorbereitung oder ein zeitliches Investment – gerade bei der erstmaligen Umsetzung. Profitieren von den Möglichkeiten wird ein Betrieb aber nur langfristig, wenn er seine Daten pflegt, denn mit jedem zusätzlichen Datenlayer kann er Einflussfaktoren ausschließen. Die Mehrwerte, die durch eine angepasste Bewirtschaftung, das Zusammenführen und Auswerten der Daten generiert werden, sind eben nicht innerhalb eines ersten Jahres unmittelbar da, sondern zeigen sich meist erst nach zwei bis drei Jahren.

Und zum Schluss sind dann noch die teilweise fehlenden IT-Kenntnisse zu erwähnen. Wer meint, dass diese nur die Generation 50 plus betreffen, irrt. Sowohl in der landwirtschaftlichen Ausbildung als auch im Studium werden die Grundlagen für digitales Arbeiten im Pflanzenbau zu wenig vermittelt, so die Erfahrung der Software-Anbieter.

Datenerfassung leicht gemacht

Was spricht jetzt noch gegen den Startschuss für den Einstieg in die Digitalisierung? In vielen Fällen vermutlich die Angst vor der Datenanlage und -pflege. Diese ist unbegründet, sind sich die Anbieter (Bayer CropScience, FarmBlick, FarmFacts, KWS, LG Saaten) einig, die auf unsere Anfrage geantwortet haben. Sind die Schlagkonturen, die genauen Feldgrenzen, vorhanden, ist der Grundstein gelegt. Die Feldgrenze kann entweder manuell eingezeichnet werden, durch Upload eines generischen shapefiles (.shp) initiiert werden, direkt von einem GPS-Terminal kommen oder mittels einer bereits angelegten Grenze eines Partners über eine API synchronisiert werden. Hier sollten Sie jedoch nochmals bei den Anbietern nachfragen, welcher Datenimport unterstützt wird.

Abhängig vom Anbieter sind gegebenenfalls noch folgende Grunddaten notwendig: Applikationsart (beispielsweise Aussaat, Düngung, Pflanzenschutz etc.), Betriebsmittel (Dünger, Saatgut, Pflanzenschutzmittel etc.), Aussaatzeitpunkt, BBCH-Stadium (Düngung), erlaubte Nährstoffmenge nach Düngeverordnung sowie Angaben zur eingesetzten Technik (beispielsweise welcher Bordcomputer und welches Anbaugerät eingesetzt wird – davon hängen Format und Einheiten der Applikationskarte ab). Wichtige Daten bei der Aussaat sind neben den Bodenparametern die physikalischen Eigenschaften der Kultur.

Und wer Angst davor hat, dass die Kosten für die Erstellung der Applikationskarten ins Uferlose laufen, kann schnell beruhigt werden. FarmFacts empfiehlt eine TF-Basiskarte zur Feststellung der langjährigen Inhomogenität der Schläge. Die Kosten liegen bei 5 Euro je ha und haben eine Gültigkeit von 5 bis 10 Jahren. Das bedeutet jährliche Kosten von 0,50 bis 1 Euro je ha und Jahr.

Je nach Anbieter gibt es dann noch verschiedene Preismodelle für die Erstellung der Applikationskarten. Diese können über eine Lizenz abgegolten sein oder sich auf die Fläche beziehen. Im besten Fall ist die Applikationskarte sogar kostenfrei. Im Durchschnitt fallen für Applikationskarten jährliche Kosten von 1 bis 5 Euro je Hektar an – hier müssen die einzelnen Anbieter und deren Modelle miteinander verglichen werden. Achten Sie dabei darauf, ob das Angebot auch eine Beratungsleistung enthält.

In den kommenden Beiträgen haben wir bei Landwirten nachgefragt, was aus ihrer Sicht für oder gegen die Nutzung von Applikationskarten spricht und prüfen, was die Technik alles kann. ●

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