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Blauer Dunst in der Shisha-Bar

Rosa Blüten und große grüne Blätter sind sein Markenzeichen: Tabak wächst nicht nur auf Kuba, sondern auch auf Deutschlands Äckern.

Tabak – er wird gekaut, geschnupft, geraucht, gegessen, entsaftet, auf dem Körper verrieben, in Augentropfen und Körperpackungen verwendet. Als Pflanzenart wurde der Tabak seit jeher von indigenen Stämmen Amerikas verwendet, allerdings weniger als Genussmittel, sondern eher im Rahmen spiritueller Rituale. Zu dieser Wurzel kehrt der Tabakkonsum heute in den Shisha-Bars beim Rauchen von Wasserpfeifen wieder zurück.

Da die Pflanze vielseitig verwendbar ist, hat sie auch heute noch ihre Daseinsberechtigung in Deutschland. Seit 2005 werden die Förderungen beim Tabak stark zurückgefahren, was dazu führte, dass der Tabakanbau in Deutschland unrentabel wurde und zahlreiche Produzenten ausgestiegen sind.

Dass Jochen Adam im südbadischen Altenheim weiterhin Tabak anbaut, hat mehrere Gründe. Einer ist die Tradition. Auf dem Betrieb wird schon über mehrere Generationen die Sonderkultur angebaut, mal mehr, mal weniger. Ein weiterer ist die Spezialisierung innerhalb der Spezialisierung. Der in Containern getrocknete Virgin-Tabak, der in der Halle von den zahlreichen Erntehelfern sortiert und in Kartonagen zu je 120 kg verpackt wird, wandert nicht mehr komplett in die Zigarettenherstellung. Das Naturprodukt zieht zur Verarbeitung weiter und wird zu einem teuren und hochwertigen Shisha-Tabak veredelt. Der Siegeszug der Wasserpfeifen sorgt für neue Absatzwege, die eine kostendeckende Produktion der arbeitsintensiven Sonderkultur ermöglichen.

Viel Arbeit, bis es raucht

In wenigen Tagen – Mitte März – werden die winzigen, pilierten Samen in Styroporformen mit je 240 Löchern in Anzuchterde abgelegt und in ein überdachtes Schwimmbecken mit Nährsalzen gelegt. Kein einfaches Unterfangen: 10.000 Samenkörner wiegen nur knapp 2 g. Bis Mitte Mai, idealerweise bis nach den Eisheiligen, haben die Pflanzen Zeit, sich für das Auspflanzen auf den Freiflächen zu entwickeln. Damit stabile und feste Pflanzen entstehen, werden sie im Jugendstadium bis zu dreimal abgemäht.

„Guter Tabak muss gepflegt werden, sowohl maschinell als auch per Hand“, erklärt Jochen Adam beim Gang über das Betriebsgelände hinaus auf den Acker. Der Tabak mag ein ausgeglichenes Wetter: Ist es zu nass, gibt es Probleme mit Blauschimmel, ist es zu warm, drohen Trockenschäden.

Steht der Tabak erst einmal auf dem Acker, geht es schnell. In nur 100 Tagen wird aus dem kleinen Setzling eine bis zu 2 m hohe Pflanze, entwickelt 18 bis 20 Tabakblätter, produziert Sauerstoff und schützt die Bodenfruchtbarkeit. Mitte Juli beginnt die Erntezeit, selbstverständlich per Hand.

Beim Tabakbrechen gehen die 50 Erntehelfer durch den Bestand und fangen an, die ersten drei bis vier Blätter der Pflanze per Hand zu entfernen. Der erste Durchgang ist mühsam, da mit dem Brechen der bodennahen Blätter begonnen und zeitgleich die rosafarbene Blüte in einem extra Arbeitsgang geschnitten wird. Woche für Woche arbeiten sich die Erntehelfer an der Pflanze nach oben.

Die einzelnen Tabakblätter werden in Rahmen eingespannt und anschließend eine Woche lang in speziellen Trockencontainern getrocknet. Bei rund 70 °C wird die Feuchte im Erntegut von 80 bis 85 Prozent auf rund 15 Prozent reduziert. Die Wärme für die Heizung der Container bekommt der Badener über eine Wärmenetzleitung von einer nahegelegenen Biogasanlage geliefert. Die Belüftung der Container erfolgt über ein strombetriebenes Gebläse. 50 bis 90 Cent betragen die Trocknungskosten für 1 kg Tabak.

Goldgelb gefärbt, entsprechend den Qualitätsansprüchen des Käufers, werden die Blätter abschließend über eine Maschine sortiert, in Kisten und Kartons verpackt und vom Händler abgeholt. Dort wird der Tabak entrippt und aufbereitet, ehe er zur Verarbeitung an die Zigarettenindustrie oder zur Herstellung von Shisha-Tabak geht.

Weißer Rauch steigt auf

Trotz eines Arbeitsaufwands von bis zu 400 h/ha kann man mit dem Tabakanbau gutes Geld verdienen. Margen wie beim Gemüseanbau oder auch Spekulationsgewinne sind nicht möglich. Das liegt daran, dass Tabak zu einem vorab ausgehandelten Festpreis verkauft wird, ein Vorteil, wie Jochen Adam einräumt, denn die Produktion ist dem Weltmarkt ausgesetzt.

Im Verbandsdurchschnitt werden 2,7 bis 3,3 t/ha geerntet. Das Erntegut wird in vier Klassen zertifiziert. Die Preise schwanken zwischen 4 und 6 Euro für Klasse 1 und 2 bis 3 Euro für Klasse 3. So wird der regionale Qualitätstabak für Shisha-Bars zu einem international gefragten Luxusgut. ●

Weitere Information zum Tabakanbau erhalten Sie beim Bundesverband: www.bundesverband-tabak.de

Steckbrief Tabak

Tabak (Nicotiana) gehört wie Kartoffeln, Paprika und Tomaten zur Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceaen). Diese bilden Alkaloide; bei Tabak ist es das Nikotin.

Christoph Kolumbus brachte die ersten Pflanzen aus Mittelamerika nach Europa und schon im 16. Jahrhundert wurde Tabak als Heilpflanze angebaut. Aktuell wird in Deutschland auf rund 1.500 ha Tabak angebaut, Anbauer werden dringend gesucht.

Die Tabakblätter  eine Woche lang in speziellen Trockencontainern getrocknet.

Standort

Die Bodenqualität beeinflusst die Intensität und Charakteristik des Tabakblatts am nachhaltigsten. Tabak gedeiht beispielsweise überall dort sehr gut, wo auch Mais gut wächst. Die beste Qualität bringt er bei einer ausgeglichenen Nährstoffzusammensetzung und einer gewissen Luftigkeit des Bodens hervor. Dieser sollte eher sandig und nicht zu lehmig sein, da die Wurzeln auch Luft benötigen.

Düngung

Die Düngung ist beim Tabakanbau für die Qualität entscheidend. Tabak benötigt zwischen 0 und 30 kg/ha Stickstoff. Zudem hat er einen großen Bedarf an Kalium, der oft mit stickstoffhaltigem Kalidünger gedeckt wird. Dieser sollte jedoch kein Chlor enthalten.

Fruchtfolge

Auf die Vorfrucht muss beim Tabak kaum geachtet werden: Er kann nach fast jeder Pflanze angebaut werden. Bevorzugte Vorfrüchte sind Mais, Getreide und Hackfrüchte. Besonders geeignet sind Kulturen, die dem Boden viel Chlor entziehen. Chlor schadet dem Wachstum vom Tabak zwar nicht, lagert sich aber in den Blättern an und führt zu schwer brennbaren Blättern. Weniger geeignete Vorfrüchte sind daher alle Pflanzen, die Chlor im Boden anreichern, wie Rotklee oder Luzerne.

Sortenwahl/Aussaat

Tabaksamen sind winzig: 10.000 Samenkörner wiegen nur 2 g. Virgin ist eine Art, die heute noch in Deutschland vermehrt wird. Anfang März werden die Samen in einem Spezialsubstrat auf Styroporschalen ausgesät, die auf einer Nährlösung schwimmen. Bis zu zwei Monate dauert die Anzucht der Setzlinge. Anfang Mai werden 30.000 Pflanzen pro Hektar bei 80 cm Reihenabstand auf den Acker gepflanzt.

Pflanzenschutz/Bewässerung

Pflanzenschutz erfolgt sowohl chemisch – in der Regel drei Fungizidmaßnahmen gegen falschen Mehltau – als auch mechanisch (zwei Hackdurchgänge). Das Hacken kann teilweise durch Herbizidmaßnahmen ersetzt werden. Wasser muss ausreichend vorhanden sein, damit der Tabak reift. Bei Bedarf muss beregnet werden.

Ernte

Je nach Pflanztermin beginnt der Tabak im Juli oder August zu blühen. Kurz nach dem Erblühen werden die Blütenstände abgeschnitten, damit die Pflanze kräftige Blätter entwickelt. Von jeder Tabakpflanze werden 18 bis 20 Blätter per Hand von Erntehelfern geerntet. Das Tabakbrechen erfolgt, sobald eine gelbliche Verfärbung auftritt. Je nach Tabaksorte werden in einem Arbeitsgang zwei bis fünf Blätter geerntet. In Deutschland beträgt die Ausbeute 2,7 bis 3,3 t pro Hektar getrocknete Tabakblätter.

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