Aus für Agrardiesel?
Ein schlechtes Timing kann man dem Umweltbundesamt (UBA) nicht vorwerfen: Mitten in die Verhandlungen über die neue Ampel-Koalition platzierte die Behörde ihre Empfehlungen, wie die nächste Bundesregierung rund 65 Mrd. Euro an umweltschädlichen Subventionen einsparen kann. Die Ampel-Koalitionäre wird es gefreut haben, denn sie brauchen dringend Geld.
Zwei der Vorschläge des UBA: Die Vergünstigung für Agrardiesel in Höhe von 21,48 Cent/l und die Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft sollen fallen. Um fast 1 Mrd. Euro würde die Steuerlast der deutschen Landwirte dadurch allein beim Diesel und bei der Kfz-Steuer steigen. Auf 467 Mio. Euro beziffert die Behörde den Steuervorteil der Landwirte beim Diesel, auf rund 470 Mio. Euro bei der Kraftfahrzeugsteuer.
Sollte die neue Bundesregierung dieser Empfehlung folgen, würde sie den entgegengesetzten Weg der Regierung in Österreich einschlagen. Dort soll die Landwirtschaft entlastet werden, indem Agrardiesel von der CO2-Bepreisung ausgenommen wird. Das ist hierzulande bekanntlich nicht der Fall. Die Einführung der CO2-Bepreisung bedeutete in Deutschland zu Beginn des laufenden Jahres stattdessen eine zusätzliche Abgabelast von rund 7 Cent/l Diesel. Und ab 2022 steigt der Festpreis für CO2-Zertifikate um 5 auf 30 Euro/t Treibhausgasemissionen in CO2-Äquivalenten. Bis 2025 ist eine weitere schrittweise Anhebung bis auf 55 Euro je Zertifikat vorgesehen.
Kein fairer Wettbewerb
Bernhard Krüsken, der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), kritisierte den Vorschlag des UBA. Die Agrardiesel-Regelung sei keine Subvention, sondern ein Teilausgleich für eine massive Benachteiligung im europäischen Wettbewerb, erläuterte Krüsken. Länder wie Frankreich und Polen arbeiteten mit deutlich niedrigeren Steuersätzen.
Viele Landwirte sehen das ähnlich, wie zahlreiche Kommentare auf der agrarheute-Facebookseite zeigen. Nutzer Marcel M. schreibt uns: „Das Ausland wird sich freuen. Bei uns wird über Agrardiesel und Kfz-Steuer diskutiert, während Brasilien und Argentinien den Regenwald abfackeln, um billiges Rindfleisch zu produzieren.“ Ähnlich sieht es Isabelle M.: Für sie wäre die Abschaffung des Agrardiesels „eine weitere Bestätigung dafür, dass die deutsche Landwirtschaft aus dem Land vertrieben werden soll“.
Systemrelevant war gestern
„Systemrelevant? Das war einmal“, stellt Bernhard H. fest und spielt damit darauf an, dass die Landwirtschaft zu Beginn der Corona-Pandemie von Politikern der großen Koalition noch als systemrelevant bezeichnet worden war. Der neue Koalitionsvertrag, den SPD, Grüne und FDP Ende November vorlegen wollen, wird zeigen, was davon im Jahr zwei der Corona-Pandemie übrig ist. Vor allem die Grünen werden Druck machen, einen wie auch immer gearteten Zuschuss zum Verbrauch fossiler Kraftstoffe abzubauen.
Falls die FDP beim Agrardiesel einknickt, könnte Facebook-Nutzer Jens W. recht behalten mit seiner Einschätzung: „Es wird Zeit, dass wir Bauern wieder auf die Straßen gehen, aber diesmal alle. Wir werden ja hier systematisch ausgelöscht, ob nun wegen der Subvention oder der Preise für unsere Tiere. Es kann und darf so nicht mehr weitergehen.“ ●
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