Pflanzakkord
Auch wenn vermutlich viele Waldbesitzer und v. a. auch Teile der Öffentlichkeit sich den Waldumbau hin zur Klimastabilität irgendwie „natürlicher“ vorgestellt haben: Angesichts der Mammutaufgaben, die in so manchem Revier auf uns warten, wird es ohne schematische Pflanzverfahren nicht gehen. In Zeiten des notorischen Personalmangels wäre es auch illusorisch, jetzt Hundertschaften von Pflanzern auf die kahlen Hänge des Harzes loszulassen. Da müssen teilweise technische Lösungen her. Die ganz modernen Pflanzmaschinen am Baggerausleger oder auf Raupenbasis sind teuer und bieten vielfach dafür noch gar nicht so hohe Flächenleistungen. Bleiben also die guten alten „Pflanzkisten“ für den Schlepperanbau, die bis in die 1990er Jahre für die Erstaufforstung eingesetzt wurden, besonders in den ostdeutschen Ländern.
Technische Grenzen
Mit dem Stichwort Erstaufforstung haben wir auch schon einen möglichen Problempunkt identifiziert: Viele der Konstruktionen, die es aktuell auf dem Markt gibt, stammen eigentlich aus der Baumschultechnik und dem Obstbau. Dort haben wir es fast immer mit hindernisfreien Beeten zu tun, die sich mehr oder weniger in der Ebene befinden. Der Wald wächst aber sehr häufig in geneigtem Gelände und bei der Wiederaufforstung haben wir immer Schlagabraum und Wurzelstöcke auf der Fläche. Da erfordern die leichten Geräte als Vorarbeit nahezu einen Vollumbruch des Bodens mit einer Steinfräse. Aber auch die Hersteller der schwereren Maschinen in unserer Übersicht – mit integrierten, vorlaufenden Fräsaggregaten – empfehlen eigentlich durch die Bank, im Vorfeld zumindest bodeneben zu mulchen. Bei den maximalen Hangneigungen, bis zu denen die Geräte jeweils einsetzbar sind, kristallisiert sich eine Faustregel heraus: so lange ein landwirtschaftlicher Schlepper noch sicher fahren und insbesondere wenden kann, ist der Einsatz grundsätzlich vertretbar.
Ergonomie
Eine andere Frage ist jedoch, wie das jeweils für die Pflanzer aussieht, die hier über Stunden mitfahren müssen. Manche Konstruktionen haben sich gegenüber den altertümlichen Vorbilder aus den 1970er Jahren äußerlich nicht stark verändert. Die Leute hocken immer noch auf ungefederten Sitzen in kleinen Blechkanzeln, die nur wenig Schutz gegen die Elemente bieten und bei Kälte stark auskühlen. Die einzige Weiterentwicklung besteht teilweise darin, dass moderne Schlepper flexiblere Anhängungsmöglichkeiten bieten und das Gerät vor Hindernissen leichter ausheben können. Vor allem Forex-MBM und Wellink haben sich dagegen einige Gedanken um das Wohlergehen des Personals gemacht. In deren Konstruktionen finden sich gefederte Sitze, was bei der Arbeit auf unebenen Waldflächen kein Luxus ist. Zumindest optional gibt es diese auch mit Sitzheizung. Eine zusätzliche Luftstandheizung für die Füße ist bei dieser sitzenden Tätigkeit ebenfalls kein Luxus.
Eine Besonderheit stellen die sogenannten Scheiben-Pflanzmaschinen dar, bei denen das Pflanzgut nicht direkt in den Boden gesteckt, sondern in ergonomischer Höhe vor dem Körper zwischen zwei elastische Hartgummi-Scheiben geklemmt wird. Die Jarocin SZ mit ihren einzelnen „Greifarmen“ darf man prinzipiell auch zu diesen Geräten zählen. Je nachdem, wie viele dieser Arme montiert sind und an welchen Positionen, ergibt sich daraus auch automatisch der Pflanzenabstand in der Reihe. Viele andere Geräte arbeiten hier mit akustischen oder optischen Signalgebern, damit der Pflanzer weiß, wann das nächste Bäumchen zu stecken ist. Beim Spapperi TN 100 TF gibt es einen elektrisch angesteuerten „Schieber“, der die Pflanze zum rechten Zeitpunkt in den Spalt befördert. Für die exakten Reihenabstände bedient man sich heute häufig der modernen Elektronik aus dem Precision-Farming. GNSS-gesteuert können Schlepper heute auf wenige Zentimeter genau ihre Bahnen ziehen.
Ausgrasen vereinfachen
Das ermöglicht unter Umständen auch enorme Einsparungen bei der Kulturpflege, wenn nämlich auch die Mulchraupe wieder mit dieser Technik zwischen den Reihen fahren kann. Die Firma CRS-Grüntechnik hat in ihrem Programm zusätzlich eine „Stockvermeidung“ implementiert, bei der man große Wurzelstöcke auf der Fläche vorher mit ihren Koordinaten erfasst. Der Computer berechnet dann die optimale Verteilung der Pflanzreihen. Diese müssen auch nicht notwendigerweise schnurgerade verlaufen. Generell stellt dieses Gerät in mehrerlei Hinsicht einen Sonderfall in unserer Zusammenstellung dar: Zum einen steht bzw. geht der Pflanzer hier hinter der Maschine und zum anderen wurde hier auf dem Kasten der vorlaufenden Fräse mit einer Eingriffstiefe von 23 cm noch eine Sämaschine aufgebaut. Aus dem doppelten Säkasten lassen sich schwer- und leichtfrüchtige Arten für die Zielbestockung säen, während man ggf. gleichzeitig einen Vorwald pflanzt. Mit dieser Bündelung der Arbeitsgänge lassen sich mehrere Überfahrten einsparen.
Die meisten am Markt verfügbaren Geräte nutzen zum Eröffnen des Pflanzspalts einfach einen doppelscharigen Pflug. Zum Teil lassen sich hier verschiedene Breiten ordern, zum Teil sind die Scharen verstellbar. Bei einigen gibt es noch ein vorlaufendes Scheibensech - im Grunde ein großes Rundmesser ähnliches eines Pizzaschneiders, um damit Wurzeln im Boden abzutrennen. Dann gibt es die Maschinen mit vorlaufender Fräse, wobei es sich bei der RPKM-F von Forex-MBM nur um eine schmale Fräs-Scheibe mit rund 4 cm Breite handelt.
Pflanzbett
Der Vorteil dabei soll sein, dass Schlagabraum zwar zerkleinert und aus dem Weg geschafft wird, aber nicht zuviel vom organischen Material ins Pflanzbett gerät. Die anderen Hersteller bedienen sich (zugekaufter) Streifenfräsen mit rund 40 cm Arbeitsbreite. Einen Sonderfall stellt der zapfwellenbetriebene Grabemechanismus der MDE PM 30 dar. Doch auch dieser kann nur Erdreich auflockern und keine dicken Wurzeln durchtrennen. Für Erstaufforstungen auf Flächen mit einer ausgeprägten Pflugsohle haben MBM und Forex ihre Maschine auch in der Version RPKM-Z gebaut, deren Pflug bis in einer Tiefe von 120 cm das Erdreich aufbrechen kann.
Der blaue Riese
Einen echten Jumbojet unter den Pflanzmaschinen hat sich der große Lohnunternehmer Blunk bei der Firma Baarck in Weede bauen lassen. Blunk hatte unter anderem den Auftrag, in Brandenburg Dutzende Hektar Ausgleichsflächen für die Tesla-Fabrik in Grünheide aufzuforsten. Für solche und ähnliche Großprojekte sollte das Gerät nach dem Vorbild einer alten Ost-Maschine gleichzeitig fünf Pflanzgondeln haben. In der Vollausstattung ist dieses Trumm dann auch fast 10 m breit und wiegt 5,5 t. Die Mindestanforderung für den Schlepper wird dementsprechend mit 240 kW angegeben. Die Pflanzleistung liegt laut Helge Witt, dem Projektleiter bei Blunk, bei 36.000 Pflanzen oder 6 ha am Tag. Es ist logisch, dass man so etwas nur auf sehr großen, geraden Flächen sinnvoll einsetzen kann. Insofern wird die Maschine zumindest in dieser Größenordnung vermutlich ein Einzelstück bleiben.
Baumschultechnik
Das krasse Gegenteil davon stellen solche kleinen Apparate wie die Jagoda Daria oder die Damcon PL 10 dar, die sich im Prinzip problemlos von einem Schmalspur-Schlepperchen ziehen lassen. Aus bereits genannten Gründen muss hier aber die Bodenbearbeitung im Vorfeld umso gründlicher ausfallen. Von den Baumschul-Anbietern gibt es eine ganze Reihe, die meisten davon im Ausland. Mit den Firmen Spapperi aus Italien, Damcon und MDE in den Niederlanden, Jagoda in Polen und Egedal aus Dänemark haben wir vermutlich nicht geschafft, die komplette Palette ausfindig zu machen. Die Firma Forst und Technik Anröchte baut in Deutschland die Grimm PFL 7/15 weiter.
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