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Investitionen nicht im Boden versenken

Dieses vielversprechende Bäumchen hat keine stabile Zukunft, denn die Wurzel ist eindeutig zu groß für das gewählte Pflanzwerkzeug. Ihr droht, gestaucht und deformiert zu werden.

Schneller Überblick

  • Im Rahmen der Waldverjüngung kommt es immer wieder zu Pflanzungsfehlern, die aber oft erst nach Jahren sichtbar werden
  • Deshalb ist der sorgfältige und den jeweiligen Standortsbedingungen angepasste Umgang mit dem Pflanzgut sehr wichtig
  • Auch die Wahl des richtigen Pflanzverfahrens sowie des passenden Pflanzzeitpunkts will gut durchdacht sein
  • Der vorliegende Beitrag beschreibt, worauf es bei einer erfolgreichen Pflanzung ankommt und wie man Pflanzungsfehler vermeidet

Eine gute Wurzelentwicklung ist die Grundlage dafür, dass ein Baum stabil heranwachsen kann. Es hängt demnach vieles davon ab, wie die junge Pflanze in den Boden kommt, also von der pflanzenden Person und dem Verfahren, das sie anwendet. Der erhebliche Einfluss, den die Pflanzung auf die Entwicklung der Wurzel und damit auf die Entwicklung des ganzen Baumes hat, ist schon lange bekannt. Trotzdem sind Pflanzungsfehler weit verbreitet. So wurden in einer wissenschaftlichen Untersuchung von mehr als 7.500 Wurzeln in Bayern pflanzungsbedingte Wurzeldeformationen an mehr als 75 % der Pflanzen festgestellt. Leider führen solche Pflanzungsfehler zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Diese werden allerdings nicht sofort sichtbar, denn sie sind im Boden gut versteckt. Was auf den ersten Blick nach einer gelungenen Kultur aussieht, kann sich Jahre später als Sorgenkind entpuppen. So fallen erst jetzt – rund 15 Jahre nach dem Sturm „Kyrill“ – zahlreichen Waldbesitzenden die Pflanzungsfehler, die damals bei den Kulturmaßnahmen gemacht wurden, auf die Füße.

Pflanzfehlersind nicht heilbar

Die Möglichkeit, das Risiko solcher Ausfälle zu verringern, besteht nur zu Beginn der Kulturmaßnahme. Ein nachträgliches „Heilen“ ist nicht möglich. Daher sollten die Maßnahmen besonders gründlich durchgeführt werden. Diese Grundsätze sind bei einer Pflanzmaßnahme bereits im Vorhinein zu berücksichtigen:

  • Baumarten und Herkünfte:Der Grundstein für eine gelungene Kultur wird bereits in der Planung gelegt, indem standortsangepasste Baumarten und geeignete Herkünfte gewählt werden.
  • Pflanzensortiment: Damit noch nicht genug, steht im Anschluss die wichtige Entscheidung für ein Pflanzensortiment an. Grundsätzlich kann zwischen Standardsortimenten und Großpflanzen sowie zwischen wurzelnackten und Containerpflanzen unterschieden werden. Inzwischen sind für einige Baumarten auch Hybride zwischen diesen Produktionsvarianten auf dem Pflanzenmarkt erhältlich. Eine generelle Überlegenheit eines Sortiments gegenüber den anderen konnte bislang nicht festgestellt werden, vielmehr ist die waldbauliche Ausgangssituation entscheidend für die Sortimentswahl.
  • Pflanzenbeschaffung: Bei der Beschaffung der Pflanzen sollten die Qualität der Pflanzen und das Wunschsortiment und nicht ihr Preis ausschlaggebend sein. Gerade in Großschadenssituationen, wie der aktuellen, übertrifft die Nachfrage häufig das Angebot, so dass die Verfügbarkeit einiger Baumarten und Sortimente begrenzt ist. Da die Produktion der Pflanzen von der Saatgutverfügbarkeit abhängt und i. d. R. mehr als ein Jahr dauert, kann sie auch nicht kurzfristig in großem Umfang erhöht werden. Darüber hinaus sind die Produktionskapazitäten begrenzt. Zwar lässt sich das Saatgut einiger Baumarten über einen längeren Zeitraum keimfähig lagern, allerdings gilt dies nicht für alle Baumarten und ist z. B. bei der Eiche leider unmöglich.
  • Flächenvorbereitung: Die praktische Bestandesbegründung beginnt dann mit der Flächen- und Bodenvorbereitung. Diese sollte sich am Standort orientieren und angemessen durchgeführt werden. Unerlässlich ist es zudem, die geltenden Zertifizierungsvorgaben einzuhalten.
  • Pflanzverfahren: Von der Art der Flächenvorbereitung, dem Standort und dem Pflanzensortiment hängt dann wiederum die Wahl des Pflanzverfahrens ab. Dieses sollte an die tatsächliche Wurzelausdehnung angepasst sein und fachgerecht durchgeführt werden.

Die Auswahl an Pflanzwerkzeugen ist groß, doch ein Grundsatz gilt für sie alle: Niemals wird die Wurzel passend gemacht, sondern stets das Verfahren gewählt, das zum Wurzelumfang passt.

Vom sorgfältigenUmgang mit der Pflanze

Was bedeuten nun diese Hinweise für die Durchführung der Pflanzung konkret?

1. Nur qualitativ hochwertiges Pflanzgut verwenden

Bei der Annahme der Pflanzen ist auf die Qualität zu achten. Werden die geforderten Qualitätskriterien nicht eingehalten, sollte die Pflanzenannahme verweigert werden. Die Pflanzen sollten frisch und vital sein und die Pflanzengröße dem bestellten Sortiment entsprechen. Spross und Wurzel müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen und dürfen keine unnatürlichen Verformungen aufweisen. Wurzelballen von Containerpflanzen sollten gut durchwurzelt sein und dürfen nicht grob zerfallen. Bei der Überprüfung müssen zudem baumartenspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden, z. B. eine natürlich vorkommende Wurzeldeformation bei Roteiche oder ein weißliches Pilz-Myzel, die sogenannte Mykorrhiza, im Wurzelbereich; diese ist für die Pflanze förderlich.

2. Pflanzen sachgemäß lagern und behandeln

Sollte nach der Anlieferung der Pflanzen eine Lagerung notwendig werden, ist es für wurzelnackte Sortimente ratsam, einen Bodeneinschlagsplatz vorzubereiten. Darin werden die Pflanzenbunde mit feinkörniger Erde bis zum Wurzelhals abgedeckt. Während der Zeit im Einschlag sollten die Pflanzen in regelmäßigen Abständen bewässert und auf Mäuseschäden kontrolliert werden. Containerpflanzen werden am besten an einem kühlen, vor Wind und Sonne geschützten Ort (z. B. Scheune) unter einer Plane gelagert. Dabei dürfen die Wurzeln bzw. Wurzelballen nicht austrocknen und sind feucht zu halten. Je nach Außentemperatur, Lagerungsdauer und Zustand der Pflanzen hat sich eine Bewässerung kurz vor der Pflanzung bewährt.

3. Das Pflanzverfahren orientiert sich an der Wurzel, nicht umgekehrt

Feinwurzeln sind entscheidend für die Aufnahme von Wasser und Nährstoffen und somit für den Anwuchserfolg. Daher sollten sie grundsätzlich nicht abgeschnitten werden. Ausnahmen bilden einzelne zu lange Seitenwurzeln. Es empfiehlt sich für den Fall, dass die Wurzeln größer als erwartet ausfallen, ein alternatives Pflanzverfahren einzuplanen. Auch bei Containerpflanzen sollte bekannt sein, welche Containergröße geliefert wird, damit ein angepasstes Pflanzverfahren gewählt werden kann.

4.Die Wurzeln müssen sich frei entfalten können

Ist das Pflanzloch zu klein für die Wurzeln, werden diese häufig durch Quetschen, Stauchen oder Eindrehen deformiert. Von diesen Verformungen können sich die Setzlinge nicht erholen. Vielmehr verhindern solche Deformationen eine ausreichende und stabile (Tiefen-)Durchwurzelung und verringern die Stabilität der Pflanzen langfristig. In der erwähnten bayerischen Studie konnten die Auswirkungen unsachgemäßer Pflanzung noch 40 Jahre später nachgewiesen werden.

Verschmierungen (bei der Verwendung von Pflanzlochbohrern) und Verdichtungen (z. B. durch zu festes Antreten) des Bodens können eine freie Wurzelentwicklung ebenso verhindern und sollten daher vermieden werden.

Das „Pottiputki“-Verfahren: Solche Pflanzrohre gibt es in unterschiedlichen Größen für verschieden große Container.

5. Die Pflanze weder zu tief noch zu hoch pflanzen

Nach der Pflanzung soll der Wurzelhals etwa 2 bis 3 cm mit Erde bedeckt sein. Beim Wurzelhals handelt es sich um den Übergang von der Wurzel (weiß) zum Spross (grün). Ist man sich über die genaue Lage nicht sicher, so kann die Einfärbung unter der Rinde mit dem Fingernagel geprüft werden.

Das Ergebnis einer unsachgemäßen Pflanzung: Offensichtlich ist diese deformierte Wurzel nicht in der Lage, den jungen Baum zu versorgen und ihm stabilen Halt zu geben.

6. Die Wurzel muss Kontakt zum Mineralboden haben

Für das Pflanzenwachstum ist ein direkter Kontakt zwischen Wurzel und Mineralboden notwendig. Leichtes Antreten sorgt für eine solche Verbindung, indem dadurch Lufteinschlüsse aufgelöst werden. Keinesfalls darf in eine Mulchschicht gepflanzt werden, die eventuell durch vorausgehende Bodenbearbeitung entstanden ist.

7. Pflanzzeitpunkt beachten!

Es hat sich bei wurzelnackten Sortimenten bewährt, Pflanzmaßnahmen in den Wintermonaten (ab Mitte November) durchzuführen, um die höhere Bodenfeuchtigkeit auszunutzen; dies gilt v. a. für alle Laubbaumarten. Bei immergrünen Nadelbaumarten (insbesondere Douglasie und Kiefer) besteht das Risiko der Frosttrocknis. Hier ist daher eine Frühjahrspflanzung empfehlenswert. Allerdings sind solche Frühjahrskulturen durch sich anschließende, lang anhaltende Trockenperioden, wie sie zunehmend auftreten, besonders gefährdet.

Bei Containerpflanzen sollte, in Abhängigkeit von der Containervariante, die Möglichkeit der Spätsommerpflanzung (bis Mitte Oktober) genutzt werden. Auf diese Weise kann das Wurzelwachstum ausgenutzt werden, das in dieser Jahreszeit noch stattfindet.

Mit Sorgfalt und Kontrolle

Werden all dieser Kriterien berücksichtigt, ist eine gelungene Pflanzung grundsätzlich mit allen Pflanzverfahren möglich. Jedoch sind die verschiedenen Verfahren unterschiedlich anfällig gegenüber Fehlern. So sind Wurzelstauchungen bei Containerpflanzen zwar seltener, sie kommen aber durchaus vor – zum Beispiel durch unsachgemäßen Transport, ein ungeeignetes Pflanzverfahren oder zu festes Antreten. Die Entscheidung für das vermeintlich robustere Pflanzensortiment entbindet die handelnden Personen nicht davon, die Pflanzung und auch die unangenehme Kontrolle dieser sorgfältig durchzuführen.

Nikolas von Lüpke

leitet das Sachgebiet Waldverjüngung in der Abteilung Waldwachstum an der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA).

Olaf Schöne ist Mitarbeiter in der Forstsaatgutberatungsstelle Oerrel der Niedersächsischen Landesforsten (NLF).

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