Ein unvergesslicher Ansitz

 Nach einigen Minuten stand das Stück auf, zog einige Meter auf mich zu und versuchte zu äsen, um sich kurz darauf wieder niederzutun. Durch Klatschen und Rufen versuchte ich das Stück zum Ziehen zu bewegen. Es erfolgte jedoch keine Reaktion. Da das Reh nicht frei stand und es mittlerweile dunkel war, konnte ich keinen Schuss anbringen. Stattdessen sah ich nun durch die Wärmebildkamera, dass das Stück anfing zu schlegeln. Zwei Minuten später war mir klar, dass es verendet ist.

Nach den obligatorischen fünf Minuten Wartezeit baumte ich ab und fand eine verendete und abgekommene Ricke vor. Auf der rechten Hauptseite unterhalb des Lauschers war ein tiefes Loch zu sehen. Beim Aufbrechen konnten an den Organen keine Auffälligkeiten festgestellt werden. Beim Untersuchen und Abkochen des Hauptes, zeigte sich kein Strahlenpilz, sondern eine mandarinengroße knöcherne Wucherung (Kapsel), die mit einer festen weißen Masse, ähnlich wie Gehirnmasse, gefüllt war. Durch diese Geschwulst konnte die Ricke nicht mehr schmerzfrei äsen. Diese „Kapsel“ ist wohl kurz vor dem Verenden aufgebrochen, weil der Eiter abfließen musste, was das Loch im Haupt erklärt. Wie auch immer – die Schmerzen, die dieses Tier aushalten musste, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Dass man als Jäger vom Ansitz ein Tier ohne jagdlichen Eingriff verenden sieht, passiert vermutlich extrem selten und bleibt ein unvergessliches Erlebnis.