Rehwild im Klimawandel

Bereits im Mai erreichen Ricken eine höhere Körpermasse als im Winter, weil sie schon im April ihre winterbedingt leeren Energiespeicher durch frische Vegetation auffüllen. Nach dem Setzen benötigen Ricken in der Laktationsphase für die Milchproduktion besonders gut verdauliche und energiereiche Äsung (täglich etwa 1.500 kJ pro kg Körpermasse). Im September geht dieser Wert auf etwa 850 kJ/kg/Tag zurück. Schon einen Monat nach dem Setzen hat die Körpermasse um etwa 15 % abgenommen.

Das zeigt, wie stark Laktation und Führung von Kitzen die Mütter beanspruchen. Es ist leicht nachvollziehbar, weshalb sich die Hauptsetzzeit der Ricken auf eine bestimmte Zeit nach Beginn der Vegetationsperiode eingepegelt hat, wenn energiereiche und Äsung reichlich zur Verfügung stehen. Wegen der globalen Erwärmung setzt der Beginn der Vegetationsphase heute etwa 14 Tage früher ein. Ricken finden zu Beginn der Laktationsphase deshalb nicht so viel Äsung in ausreichender Qualität.

In einem französischen Versuchsrevier hat sich in Zeiten des Klimawandels die Überlebensfähigkeit von Kitzen bereits merklich verringert. Ob Rehe rechtzeitig mit einer Vorverlegung der Setzzeit reagieren, bleibt zunächst offen. Auch der Beginn der Rehwildjagd im April wirkt sich negativ aus, da das Rehwild, und damit auch hochbeschlagene Ricken, von der besonders attraktiven Äsung auf Freiflächen verjagt wird und nun seinen Hunger im Wald, stillen muss. Verbiss ist so vorbestimmt.