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Frühauf-Repetierer

Die Namenlose

Montage und Demontage von Korn und Gewindeschutz dauern nur wenige Sekunden.

Büchsenmacher Marko Frühauf mit seiner „Büchse ohne Namen“.

Auf einen Blick

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  • Marko Frühauf gehört zu den besten Büchsnemachern Deutschlands
  • Seine Leidenschaft sind hochwertige Kipplaufwaffen.
  • Doch jetzt hat er einen Repetierer gebaut, der es wirklich in sich hat.
  • Noch ist die Waffe wegen eines Rechtsstreits ohne Namen. 

Es gibt Dinge im Leben, die muss man einfach machen“, sagt Büchsenmacher Marko Frühauf, zieht an seiner Zigarre und blickt auf seine Repetierbüchse, die vor ihm auf der Werkbank liegt. Unter dem Schaft hat er ein Tuch ausgebreitet, um das wertvolle Nussbaumholz zu schützen. Obwohl ihm als Büchsenmacher der Suhler Schule Kipplaufwaffen − beispielsweise Doppelbüchsen mit Seitenschlossen − immer besonders am Herzen lagen, begann er irgendwann von einem Repetierer zu träumen. Ein selbst entworfener und mit seinen Händen gefertigter Repetierer versteht sich.

Beim Magazin haben die Gebrüder Frühauf ordentlich Hand angelegt.

Klassisch und doch modern

Viele Jahre sollte es beim Traum bleiben. „Es gab einfach zu viel zu tun“, erklärt der 47-Jährige und legt seine Zigarre zur Seite. Familie, Werkstatt und die Jagd forderten seine volle Aufmerksamkeit. Da blieb wenig Platz für Experimente.

Vergessen hatte er seinen Herzenswunsch jedoch nie. Ganz im Gegenteil! Je öfter er den Gedanken daran fortschob, desto stärker kam dieser zurück. Eine Freundin sorgte schließlich vor knapp zwei Jahren dafür, dass das Projekt Fahrt aufnahm. Denn als er ihr bei einem Glas Wein von seiner Idee erzählte, fragte sie trocken, wie lange er das Projekt denn noch vor sich herschieben wolle.

„Wenn Du die Idee hast, dann mach es doch einfach. Mach es oder lass es! Punkt.“, mehr gab es für sie nicht dazu zu sagen. Am nächsten Morgen begann der Büchsenmacher mit der Arbeit.

Neben Jagdwaffen gehört Tabak zu den großen Leidenschaften des Büchsenmachers.

Welche technischen Merkmale die Repetierbüchse haben soll, stand natürlich längst fest. Er wusste aber auch, was er nicht wollte. Einen Geradezug-Repetierer zu bauen, stand beispielsweise nie zur Debatte. „Das war keine Option“, betont Marko Frühauf.

„Natürlich kenne ich die Vorteile dieser Waffe und weiß, dass deutsche Jäger darauf stehen. Aber Spreizer und Kügelchen als Verschluss sind einfach nicht mein Ding.“ Während er das erzählt, greift er zu seiner Namenlosen und lässt den Verschluss nach vorne gleiten. „Ich möchte mit meiner Handbewegung dafür sorgen, dass zwei Flächen aufeinander formschlüssig verriegeln. Kammerstängel nach unten − fertig!“.

Die Frage nach dem Öffnungswinkel war ebenso schnell geklärt. „In der heutigen Zeit, in der die Okulare der Zielfernrohre immer größer werden und die Gläser schön flach auf der Büchse sitzen sollen, kam nur ein Öffnungswinkel von 60 Grad infrage“, fährt der erfahrene Büchsenmacher fort. Er muss es wissen, denn wenn er nicht gerade Kipplaufwaffen für Leute baut, die schon alles haben, montiert er Zieloptiken auf die Büchsen anderer Hersteller. Nach ein paar tausend Büchsen wisse man, was geht und wo es eben hakt.

Der 90-Grad-Verschluss des Mauser 98 gelte wegen des langen Ausziehers bei vielen zwar noch immer als besonders zuverlässig, seinen Erfahrungen zufolge könne er jedoch genauso viele Probleme machen wie der kurze.

Stimmen Verarbeitung und Härte der Materialien, stünde der kurze Auszieher seinem „großen Bruder“ in nichts nach. Das verhalte sich wie bei der Legende um das Seitenschloss nach „Holland & Holland“. Jeder glaube, dass es das Beste sei, dabei gebe es viel bessere Konstruktionen.

Praktische Drei-Stellungs-Sicherung

Viele Jahre hat es gedauert, dass aus der Idee eine exklusive Büchse wurde.

Nachdem der Öffnungswinkel feststand, fragte sich der Konstrukteur „Sicherung oder Handspannung?“. Bezüglich des Marketings wäre letztgenannte vielleicht interessant gewesen, doch am Ende war er von der horizontal wirkenden Drei-Stellungs-Sicherung (hintere Stellung: Kammer blockiert und gesichert, mittlere Stellung: gesichert, kann aber zum Entladen geöffnet werden, vordere Stellung: Feuer frei!) überzeugter.

Die Sicherung könne man intuitiv auch im Anschlag bedienen; mit ein bisschen Fingerspitzengefühl sogar nahezu lautlos. Ganz aus seinen Gedanken verbannt habe er die Handspannung nicht. „Sag niemals nie“, sagt Frühauf und hält sich damit eine Option für die Zukunft offen.

Weil er die bevorzugte Dakota-Sicherung bauartbedingt nicht übernehmen konnte, hat er sie einfach neu konstruiert. Wobei es „einfach“ nicht wirklich trifft. Denn bis das passende Modell seinen Ansprüchen genügte, war schon ein halbes Dutzend in der Tonne gelandet.

Allein das Schlösschen herzustellen, habe Tage gedauert. Danach widmete sich der Thüringer dem Abzug. Dabei war ihm besonders wichtig, dass dieser mit dem System verbunden ist und nicht mit dem Magazinkasten. Statt eines Stechers kam für ihn nur ein Feinabzug mit formschönen Züngel infrage, der zu seiner klassischen Büchse passt.

Das Magazin ist buntgehärtet und wurde aufwändig graviert.

Für Kopfzerbrechen sorgte das Magazin. Die erste Frage lautete „Kunststoff oder Stahl?“. „Eigentlich bin ich einer, der mit Kunststoff im Waffenbau nichts anfangen kann“, erklärt Frühauf. Metall sei einfach wertiger.

Beim Magazin sei das seinen Erfahrungen zufolge jedoch anders. In der Regel seien es verbogene Metalllippen, die zu Zuführungsproblemen führten. Bei Kunststoffmagazinen gebe es dieses Problem nicht. Das Material sei leicht und sehr robust. Die Rohlinge beziehe er aus dem Allgäu, weil es „unbezahlbar“ wäre, eigene Formen herstellen zu lassen. Dass es sich um ein zugekauftes Waffenteil handelt, erkennt nur, wer ganz genau hinschaut. Der größere Hingucker ist nämlich der aus Stahl bestehende, buntgehärtete und reich gravierte „Frühauf‘sche Magazinboden“.

Den hat der Meister selbst hergestellt. „Das eine sei die Funktion, das andere die Optik“, bringt er es auf den Punkt. Und Letztgenannte müsse bei einer Waffe aus seinen Händen einfach stimmen. „Wer sich mit einem Magazin ,untermotorisiert‘ fühlt, bekommt von mir ein zweites Standardmagazin dazu.“ Damit sei der Kunde perfekt für Drückjagd (Feuerkraft) und Schüsseltreiben (Optik) gerüstet.

Basküle, Sicherung und Kammerstängel sind eine Augenweide.

Büchsenlauf mit abnehmbarem Kornsattel

Bezüglich der Montage wusste der Büchsenmacher ganz genau, wohin die Reise geht. Die Schwenkmontage sollte es sein. Die sei formschön und robust. Praktisch ist sie sowieso. Egal ob Zeiss-, Swarovski- oder Leica-Schiene, 30er-Ringe, zöllige Ringe oder Teile für Leuchtpunktgeräte wie Aimpoint und Docter ... damit könne er nahezu jeden Wunsch erfüllen.

Wer unbedingt möchte, könne auch eine Einhak- oder eine Festmontage haben. Bei Weaver oder „solchen Geschichten“ sei er jedoch raus. Dem eigenen Wunsch nach der Möglichkeit, Overbarrel-Schalldämpfer montieren zu können, kam Frühauf nach, indem er nicht nur ein Gewinde in den Präzisionslauf schnitt, sondern auch ein abnehmbares Korn konstruierte. Wobei nicht nur das, sondern Korn samt Sattel abgenommen wird. Eine Sache von Sekunden.

Natürlich wäre es leichter gewesen, komplett auf die offene Visierung zu verzichten. Für ihn sei das aber keine Option gewesen. „Eine Büchse ohne offene Visierung sieht für mich immer so aus, als wenn der Büchsenmacher darüber gestorben ist oder er sie einfach vergessen hat“, sagt der Experte, während er den Kornsattel entfernt, um den Schalldämpfer zu montiert.

Ansonsten richte sich die Lauflänge nach Kaliber und Kundenwunsch. Beim Kaliber steht dem Kunden alles zur Verfügung, was ins Standard-Magazin passt. „Die meisten entscheiden sich für die klassische 8x57 IS oder .308 Winchester. Im Moment arbeite ich an einer 8,5x63 und einer 9,3x62.“

Jede Büchse ein absolutes Einzelstück

Auch die Montageringe wurden graviert und buntgehärtet.

Beim Schaft, der aus dem Vollen herausgearbeitet wird und immer Maßschaft ist, können sich die Kunden richtig austoben. Der Büchsenmacher habe immer ein paar Spitzenhölzer vorrätig. Sonderwünsche wie „bernsteinfarbenes Nussbaumholz mit schwarzen Bändern“ oder „getigertes Walnussholz“ besorgt er bei befreundeten Händlern. Deutsche Backe, Bayerische Backe, ohne Backe … alles kein Problem … solange das Gesamtbild der Waffe nicht darunter leide.

Bei der Fischhaut könne der Kunde frei wählen; bei den Gravuren sowieso. Das sei am Ende eine Frage des Budgets. Sein Bruder Hendrik Frühauf, ein gefragter Künstler, dessen Arbeiten Jahrgangswaffen von Sauer & Sohn sowie Büchsen und Flinten von Herstellern wie Rigby und Holland & Holland schmücken, wohnt gleich um die Ecke.

„Am Ende bekommt der Kunde bei mir nicht irgendeine Waffe, sondern seine Waffe“, sagt Frühauf stolz. So viel Exklusivität hat natürlich ihren Preis. 10.000 Euro ruft der Büchsenmacher derzeit für die Basisversion auf.

Auf die Frage, warum die Büchse noch keinen Namen habe, greift Frühauf zu seiner Zigarre. „Das ist eine heiße Geschichte“, murmelt er mit dem Stumpen zwischen seinen Zähnen. „Die Büchse hatte ja schon mal einen“, erklärt er. Nennen möchte er diesen aber nicht, denn das hätte unter Umständen weitere Strafzahlungen an eine amerikanische Firma zufolge, die den Namen für sich beansprucht und auf Unterlassung geklagt hatte.

Statt sich mit Anwälten herumzuärgern, baue er lieber schöne Jagdgewehre, sagt Frühauf und streicht über den Schaft seiner Namenlosen.

Als modernes Gewehr besitzt die Büchse selbstverständlich ein Mündungsgewinde.

Leser-Aktion

Name gesucht!

Dumm gelaufen! Nachdem Marko Frühauf seiner neu entwickelten Repetierbüchse einen Namen gegeben hatte, flatterte nach einigen Monaten Post einer Kanzlei ins Haus.

Eine amerikanische Firma sah ihre Markenrechte verletzt und verbot dem thüringer Büchsenmacher dessen Waffe weiter „R…“ zu nennen und ordnete an, sämtliche Einträge auf seiner Homepage und Social-Media-Plattformen zu löschen. (Anm. der Red.: Wir mussten Marko Frühauf ebenfalls versprechen, auf die Nennung des Namens zu verzichten! Und sehen davon ab, unsere Leser auf das Gedächtnis von Google hinzuweisen …)

Welchen Namen würden Sie der Repetierbüchse geben? Zuschriften bitte an: christian.schaetze@dlv.de Betreff: „Die Namenlose“. Die besten Ideen werden in unsere Jagd veröffentlicht. CS

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