Editorial
Was ist übrig von David und Goliath?
Die Fähigkeit, über Geschichten am Lagerfeuer eine gemeinsame Identität zu stiften. Daran hat sich in unserer durchdigitalisierten Zeit nichts geändert. Wir gieren immer noch nach guten Geschichten. Seien es übernatürliche oder übermenschliche Kräfte oder aber das Ausmanövrieren der Obrigkeit. All das kommt Ihnen bekannt vor? Kein Wunder.
Das David-gegen-Goliath-Prinzip finden wir auch in unseren Kreisen: der edle Wilderer, der todesmutig Kaiser und König ein Schnippchen schlägt. Aber so unterhaltsam die Mythen um einen freien Wildbretschütz auch sein mögen, dürfen wir doch eines nicht vergessen: Die damaligen Wilderer waren Opfer ihrer Lebensrealität. Das Knurren des Magens war so groß, dass sich Brüder gegenseitig beim Wildern erschossen.
Heute blicken wir mit vollem Bauch auf diese Umtriebe zurück. Fürst, König und Kaiser, gegen die man sich auflehnen müsste, sind nicht mehr. Und doch zieht mancher hinaus, um zu sein schändliches Werk im Wald zu verrichten. Hin und wieder blitzt in deren Aussagen vor Gericht als Ursache der Reiz des Verbotenen auf. Ist unsere Gesellschaft so wohlstandsverwahrlost? Mit Heldentum hat das nichts gemein. Die Wilderei unserer Tage ist eindeutig zu benennen als das, was sie ist: ein Verbrechen!
Waidmannsheil!
Ihr Johannes Schlereth, Redakteur
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