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Jäger packen aus

Bayerischer Jagdverband vor der Zerreißprobe

Ernst Weidenbusch, Präsident des Bayerischen Jagdverbands, muss sich derzeit herber Kritik stellen.

Er präsentiert sich als Macher. Poltern in der Politik ist sein Ding. Auf seiner Homepage erklärt er auf einem Foto dem bayerischen Ministerpräsidenten in einer Talk-Runde die Welt. „Er“ – das ist Ernst Weidenbusch. Stellvertretender Landrat, Anwalt, Mitglied des Landtags und Oberhaupt von 50.000 bayerischen Jägern – ein Mann mit Gewicht. Aber am Einsatz dieser Schlagkraft regt sich Kritik. Und das insbesondere aus den Reihen der Jagd.

Im Raum stehen zuvorderst Vorwürfe eines ungebührlichen Auftretens wie auf den Jagd- und Schützentagen in Grünau. Schenkt man Augenzeugen Glauben, machten er und sein Beisitzer, Robert Pollner, mehr von sich hören als von sich reden. Weidenbusch dementiert solches Fehlverhalten. Man habe nur darauf hingewiesen, dass keine Speisen von Dritten zum Verzehr in den von den Landfrauen bewirteten Biergarten mitgebracht werden dürfen. Die Behauptung der Bedrohung sei eine klare Lüge, genauso sei es unwahr, dass er jemanden beleidigt habe, äußerte sich Weidenbusch jüngst. Aber die verbalen Ausbrüche, die eine Anzeige nach sich zogen, sind nur das jüngste Ereignis in einer Reihe unsäglicher Abläufe. Das Beben im BJV gründet tiefer.

Wie viel ist vom Großen Verband derzeit noch übrig?

Schenkt man den Kritikern Glauben sind in den vergangenen Jahren Fachwissen, Netzwerke und Aushängeschilder ohne Rücksicht auf Verluste zerschlagen worden. Der BJV, einst einflussreiches Flaggschiff der bayerischen Jagdpolitik, scheint mittlerweile eine leere Hülle ohne Einfluss zu sein.

Prominentestes Beispiel dafür ist die bundesweite Debatte um die Wald-Wild-Thematik. Vom Nord- und Ostseestrand bis zum Bodensee sitzen die Landesjagdverbände gebündelt durch den Deutschen Jagdverband mit am Verhandlungstisch. Wer fehlt? Der BJV. Was stattfindet, lässt sich auf der Homepage des BJVs verfolgen: Vordergründig sind das beispielsweise Telefonkonferenzen und der Versuch über Politiker des Freistaats Einfluss auf die Novelle zu nehmen. Wie erfolgreich das Präsidium damit ist, ist zu hinterfragen.

Herbe Kritik von Insidern

Insiderinformationen, die der PIRSCH vorliegen, werfen noch ein anderes Licht auf die Affäre: Auf die Weidenbuschsche „Rumpelstilzchen-Strategie“ – Poltern und Schreien - hätte niemand Lust. Er sei sowohl fachlich als auch menschlich nicht in der Lage, bei einer solchen Debatte mitanzupacken.

Ein Aspekt, der jüngst durch einen offenen Brief angeblich ehemaliger Mitarbeiter noch verdeutlicht wurde. In dem Dokument wird dem Präsidenten vorgeworfen, Mitarbeiter gegeneinander ausgespielt und über andere in deren Abwesenheit gerichtet zu haben. Die Verfasser blieben anonym.

Gewissheit: Anonymer Brief ist echt

Die PIRSCH hat mittlerweile Gewissheit – der anonyme Brief ist echt, es handelt sich nicht um eine Finte. Unsere Recherchen belegen, dass wie im Brief zu lesen in der Feldkirchner Geschäftsstelle ein Klima der Angst herrscht. Dieses werde von Weidenbuschs engstem Kreis mitgetragen. Eine unserer Quellen äußerte sich: „Er ist wie Putin, Weidenbusch dreht sich die Tatsachen wie er sie braucht. Er hat seinen Stab, und du kommst nicht – wie Stauffenberg – an ihn ran.“

Ein Einknicken aufgrund von Nörgeleien einer Gruppe...ist nicht sinnvoll.

(Ernst Weidenbusch)

Gegen das Regime der Angst, hätte man wenig unternehmen können: „Wir wurden gefragt, ‚warum zeigt ihr das nicht an?‘ Wir hatten einfach andere Sorgen. Wir waren krank“, teilte eine Quelle der PIRSCH mit. Angst - diese fünf Buchstaben waren während der Arbeit am Artikel die wohl meistgehörten. Kaum ein Gespräch kam ohne das Wort aus. Der Tenor unserer Quellen: Angst vor der Impulsivität der Führung, Angst vor der Gängelung bei Widerrede und Angst vor dem langen Arm, eines gut vernetzten Ernst Weidenbuschs und dessen Entourage.

Wurden Mitarbeiter herausgemobbt?

Der PIRSCH liegen Berichte vor, dass der BJV-Präsident gemeinsam mit seinem Inner-Circle in Feldkirchen „...ein Stasi-System...“ aufgebaut haben soll. Misstrauen, Überwachung und Kontrolle als Tagesordnung. Langjährige Mitarbeiter seien aus dem Job gemobbt worden, wohl mit Ziel auf den von ihm angestrebten Neuanfang für den Verband. Allerdings: Wie der aussehen sollte, war niemandem bekannt.Eine Linie habe sich nicht erkennen lassen. Geht es nach unseren Quellen hat das System Weidenbusch Menschen in den Krankenstand getrieben. Nachgefragt in Feldkirchen, blieben konkrete Antworten auf die Fragen zur Führungskritik zunächst aus. Zum Teil nachvollziehbar: Über Personalangelegenheiten spricht kein Unternehmen oder Verband gerne. Umso ungewöhnlicher, was daraufhin geschah. Antworten auf die weiteren Fragen der PIRSCH gab es dann bei der Pressekonferenz am 15. November. Diese setzte der BJV wenige Minuten später an, nachdem die Antwortfrist auf den umfassenden Fragenkatalog der PIRSCH am späten Nachmittag des 11. November abgelaufen war. Unsere Nachfragen wurden abgewiegelt, wir auf die Pressekonferenz vertröstet.

Keine Erinnerung an Wutausbrüche

Dort bezog Weidenbusch Stellung zu den Vorwürfen in Sachen Personalführung. Kein Ex-Mitarbeiter hätte etwas über psychische Gewalt oder Respektlosigkeit gesagt. „Ich erinnere mich nicht, dass ich einen Wutausbruch gehabt hätte“, äußerte sich Weidenbusch. „Ich habe gegen niemanden irgendwelche Drohungen ausgesprochen“. Und er ging noch weiter: Im Vorfeld der Konferenz hätten ihm die Mitarbeiter viel Glück gewünscht, und ihm mitgeteilt, dass er ein super Chef sei. Ein anderes Bild zeichnet hingegen der offene Brief. Darin wird von 30 Kündigungen gesprochen. Der BJV berichtet dagegen von neun Kündigungen ehemaliger Mitarbeiter. Über die Gründe dürfe nicht spekuliert werden, so die Antwort der Pressestelle vorab.

Wir wurden gefragt, ‚warum zeigt ihr das nicht an‘? Wir hatten einfach andere Sorgen. Wir waren krank.

(Eine Quelle gegenüber der PIRSCH)

In Feldkirchen wurde Weidenbusch dann doch konkret: Neun Mitarbeiter hätten gekündigt, drei befinden sich mittlerweile im Ruhestand und weitere drei hatten befristete Verträge. Die Kündigungsgründe, die Weidenbusch anonymisiert publik machte, waren vielfältig. Vom Lotto-Gewinn, über einen besser bezahlten Job bis hin zur Unzufriedenheit fanden sich verschiedene Ursachen. Allerdings: Diejenigen Mitarbeiter, die aus Unzufriedenheit gekündigt hätten, seien gleich nach dem Publikwerden der Vorwürfe auf Weidenbusch zugegangen, um klarzustellen, dass sie damit nichts zu tun hätten. Beim neu eingestellten Personal sei lediglich ein Abgang zu verzeichnen. Im Rahmen einer Klage nehme der BJV laut Pressestelle derzeit anwaltliche Hilfe in Anspruch. Das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen. Insgesamt sind derzeit laut Weidenbusch 30 Mitarbeiter beim BJV beschäftigt. Nachgehakt, ob ein Wiedereintritt in den DJV sinnvoll wäre, verwies der Präsident auf die Kosten von 1,2 Millionen Euro. Die direkte Folge für Feldkirchen: Von 30 Mitarbeitern wären 25 arbeitslos.

Grünau, der offene Brief – bei den Kreisgruppen sorgt das für Unmut. Mittlerweile liegen der PIRSCH erste Aussagen von Kreisgruppenvorsitzenden vor, die die derzeitige Linie des BJVs mit Blick auf die Jagd nicht gutheißen. Heißt konkret: Es stehen Rücktrittsforderungen im Raum. Trotz aller Kritik und Vorwürfe wähnt sich das Präsidium auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen Verband, der sich unter anderem im ständigen Gespräch mit der „Bundes- und der Staatsregierung zur partnerschaftlichen Bewältigung der Herausforderungen für unser Klima, für die Jagd, für Wild und Wald“ befinde. Dabei poche man auf Verbindungen in Politik, Wissenschaft oder etwa andere fachkundige Kreise.

Wurden Netzwerke zerschlagen?

Wie stark diese Verbindungen – etwa in die Wissenschaft – noch sind, ist fraglich. Das zeigt beispielsweise die Bayerische Akademie für Jagd und Natur. Gegründet wurde die Organisation als Kompetenzzentrum, „um der Jägerschaft wissenschaftlich untermauerte Erkenntnisse zu jagdlich relevanten Fragestellungen an die Hand zu geben“. PIRSCH-Recherchen zeigen: Manches Mitglied weiß aktuell nicht einmal, ob er oder sie noch Mitglied ist und hat seit mehreren Jahren keinerlei Nachrichten zu Aktivitäten der Akademie erhalten.Ein anderes Beispiel ist das Wildtiermonitoring des BJV. „Um Wildtierbestände nachhaltig nutzen zu können, ist es notwendig, deren Vorkommen sowie deren Bestandsentwicklung zu kennen“, heißt es in einer Veröffentlichung zum Thema. Zuletzt wurden über 70 bayerische Wildarten flächendeckend in einem Citizen-Science Projekt erfasst, im dreijährigen Turnus erschien eine etwa 300-seitige Veröffentlichung seitens des BJV. Mancher Band gewann sogar Buchpreise. Am Projekt arbeiteten sowohl bayerische Jäger als auch Wissenschaftler. Seitdem ist es um das Aushängeschild ruhig geworden – laut unseren Quellen auch wegen eines Personalwechsels und internen Differenzen.

Zunächst nur wenige Antworten vom BJV

Schenkt man dem BJV Glauben, steht das Projekt nicht vor dem Aus. Zwei Apps – eine für Jäger, eine für Zivilisten – soll das großflächige Monitoring ersetzen. Wie viel die Apps den Verband kosteten? Wie bei anderen Fragen verwies die Pressestelle auf die Pressekonferenz am 15. November. Dort gab es dann Klarheit: Laut Ernst Weidenbusch schlug jede App mit jeweils rund 30.000 Euro zu Buche. Bei der App für Nicht-Jäger habe sich zudem das StMELF an den Kosten beteiligt. Ob die digitale Lösung besser oder schlechter als das Monitoring in der alten Form ist, hängt laut einem Experten von zwei Punkten ab: Der Akzeptanz der App unter den Jägern und der Rücklaufquote. Laut dem BJV seien bislang insgesamt 4.000 Datensätze eingepflegt. Inwieweit die Datenmenge mit dem Engagement der Jäger beim jüngsten Monitoring nach alter Art konkurrieren kann, sei dahingestellt. Hannah Reutter von der BJV-Pressestelle verwies trotz mehrfacher Nachfrage auf die Pressekonferenz am 15. November. Dort kommentierte Ernst Weidenbusch den Sachverhalt schließlich wie folgt: Ob mehr oder weniger Daten als beim bisherigen Monitoring durch die Jäger in ihren Revieren zusammenkommen, sei schwer zu sagen. Das Vorgehen sei nicht vergleichbar mit dem Monitoring in der bisherigen Form, jedoch handele es sich bei den Apps um eine „deutliche Verbesserung“, auch weil jede Sichtung jederzeit georeferenziert eingetragen werden könne. Die Daten sollen laut Weidenbusch „wie bisher“ ausgewertet werden. Ob daraus ein neuer Monitoring-Band entstehe, sei noch ungewiss. Das hänge auch mit der Wertigkeit der Daten zusammen. Was laut dem BJV-Chef ansteht, sind Veröffentlichungen in der „Jagd in Bayern“.

Tobias Fritz von der Kanzlei BC Legal Rechtsanwälte soll eine Whistleblowing-Stelle einrichten. Er ist Teil des BJV-Rechtsausschusses und arbeitet nach eigener Auskunft auf der Pressekonferenz „pro bono“ für den Verband.

Vom Monitoring in der alten Form präsentierte sich Weidenbusch „nicht so vollauf begeistert“. „Weil nur Tierarten aufzunehmen, dass man eine hohe Zahl an Tierarten hat, wenn man dann leere Karten abbilden muss, macht halt wenig Sinn.“ Der fünfte Band der Monitoring-Reihe sei „sehr fehlerhaft gewesen“, die Fehler sollen mit der neuen Struktur vermieden werden. Weidenbusch konkretisierte: „Die Aussagekraft von diesem Monitoring-Band war dahingehend sehr schwierig, als die Vergleichsjahre nicht wirklich in Relation gesetzt wurden.“ In dem Band sei zu sehen, was 2018, 2019 und 2020 gemeldet wurde. „Aber: Sie haben nicht sehen können, welche Reviere im jeweiligen Jahr eigentlich gemeldet haben.“

Er verdeutlichte die Krux: „Das heißt, wenn ein Revierinhaber 2018 gemeldet hat, und 2019 und 2020 nicht mehr, ist in dem Buch der Eindruck entstanden, es gäbe dort keine Population mehr. In Wirklichkeit ist nur nicht mehr gezählt worden. Wenn in einem Revier 2019 nicht gezählt wurde - und 2020 wurde gezählt, dann ist der Eindruck entstanden, dass dort eine ‚Mords-Population‘ aufgebaut worden ist.“ Erst mit Blick auf ältere Bände sei dann ersichtlich geworden, dass die Population schon immer da war und lediglich zwei Jahre nicht mehr gezählt worden ist. Diese „Fehler“ hätten dazu geführt, beim Monitoring einen anderen Weg einzuschlagen. Weidenbusch verspricht sich von der Umstellung eine „dramatische Verbesserung der Datenqualität“. Unklar war dem Präsidenten jedoch wie viele Nutzer die Apps derzeit haben. Damals gelang es flächendeckend Daten aus 967 Gemeinden, beziehungsweise 2299 Revieren zu erheben. Übersetzt: Nahezu 50 Prozent aller bayerischen Gemeinden waren vom Monitoring in der „alten Form“ erfasst.

Hat der BJV einen Generalsekretär?

Für Fragen sorgt auch die Rolle Robert Pollners. Bei der Wahl um den Posten als Beisitzer sackte er damals ab. Ernst Weidenbusch intervenierte, Pollner gelang es dadurch einen Sitz im Präsidium zu besetzen. Kurios an seiner Position: Eigentlich ist er als Beisitzer geführt, unterzeichnet jedoch Schriftstücke und Pressemitteilungen mit dem Posten als „Generalsekretär.“ Kritiker monieren, dass es die Rolle des „Generalsekretärs“ im BJV nicht gibt. In der Pressestelle nachgefragt, wurde wieder auf die Pressekonferenz vertröstet. Die Justiziarin des Verbands, Dr. Diane Schrems-Scherbarth, verwies dort auf die Satzung. Gemäß Paragraph 9, Abs 1. Satz 3, sei das Berufen Pollners rechtens. Pollner führte aus, dass er seine vielfältigen Tätigkeiten ehrenamtlich ausführe. Seit seiner Berufung habe er „keinen einzigen Euro verdient.“ Für seine Fahrten in den Diensten des BJVs nutzte er Poolfahrzeuge.

Fachliche Kritik an Ernst Weidenbusch

Und es stehen weitere Vorwürfe gegenüber Ernst Weidenbusch im Raum. Auch zu diesen hat er sich geäußert. Kritiker werfen ihm z.B. mangelnde jagdliche Expertise vor, es sei daher wichtig, die Akteure an einen Tisch zu bekommen, um vom gewachsenen Fachwissen zu profitieren statt diese – wie unsere Recherchen belegen – zu vergraulen. Weidenbuschs Aussage: „Meine Expertise beruht ja gerade auf dem ständigen Austausch mit langjährig nachweislich erfolgreichen Jagdpraktikern.“ Personelle Konsequenzen für die verbalen Ausbrüche in Grünau, sieht er nicht in Feldkirchen. Täter sind für ihn „diese Leute“. Für sie sollte es personelle Konsequenzen geben. Wer und was damit genau gemeint ist, bleibt unklar. Erst auf der Pressekonferenz nannte Weidenbusch die Namen Wittmann, Loderer, Kreil und Bott.

Rücktritt oder über 2026 hinaus?

In Schriftform äußerte er sich gegenüber der PIRSCH: „Ein Einknicken aufgrund von Nörgeleien einer Gruppe, deren Privilegien und deren Geschäftemachereien abgeschafft wurden, einer Gruppe, deren Mitglieder rücksichtslos zum Schaden der Jagd ausschließlich eigene Interessen verfolgen und dabei auch zu geplanten Aktionen mit widerlichen Angriffen auf die Gesundheit von Robert Pollner greifen, ist nicht sinnvoll.“ Nach Rücktritt klingt das nicht. Und auch aus dem Präsidium genießt ein Ernst Weidenbusch Rückendeckung. Das gilt für die Vorwürfe ebenso wie für die Frage, ob ein Rücktritt Ernst Weidenbuschs und Robert Pollners sinnvoll sei. In Nibelungentreue bekannte sich ein Großteil zu den beiden. Einen Rücktritt lehnte Weidenbusch bei der Pressekonferenz dann auch tatsächlich ab – stattdessen spielt er mit dem Gedanken, 2026 erneut zu kandidieren.

Ob es dazu kommt und ob er 2026 Wahlerfolg hat, ist derzeit ungewiss. Es steht ein Mitgliedervotum im Raum, dem sich der BJV-Präsident auch stellen will. Dass es dazu kommt, ist derzeit nicht unwahrscheinlich. Von der Kreisgruppe Nürnberg Land gibt es bereits den Antrag für eine außerordentliche Versammlung. Dieser erging per E-Mail an die Kreisgruppen. Die Stoßrichtung ist eindeutig: Man möchte ein neues Präsidium.

Die Wildlandstiftung

Klarheit erst nach der Pressekonferenz

Schenkt man Insidern Glauben, hat der BJV an Strahlkraft eingebüßt – Beispiel Wildlandstiftung. Auf rund 500 Hektar kämpfen die Verantwortlichen von den rauen Rhöner Matten bis nach Südbayern für die biologische Vielfalt im Freistaat. 100.000 Euro zahlte der BJV noch im vergangenen Jahr an die Stiftung. Laut Hannah Reutter von der BJV-Pressestelle, sollen es heuer erneut 100.000 Euro sein. Was mit dem Geld vor Ort geschieht, blieb bis zur Pressekonferenz am 15. November diffus.

Nachfragen und die Reaktion der Pressestelle

Der BJV verwies vor der Konferenz lediglich darauf, dass die Gelder entsprechend des Stiftungszwecks verwendet würden. Auf der Homepage der Wildland-Stiftung finden sich jedoch nur seichte Presse-Beiträge, aus denen nicht hervorgeht, was mit dem Geld auf den Flächen geschieht. Auch die erneute Nachfrage beim BJV ergab keine Neuigkeiten. Die Pressestelle verwies am Nachmittag des 14. November, eine Woche nach Erhalt des Fragenkatalogs (7. November), auf den Vorstand der Wildlandstiftung und auf die Pressekonferenz am 15. November.

Kurios: Ein Präsidiumsmitglied ist Teil des Stiftungsvorstands. Und: Der BJV-Pressestelle lag der Fragenkatalog vor. Warum er von dort nicht weitergeleitet worden war, ist unklar. Antworten auf die Fragen der PIRSCH gab es erst bei der Pressekonferenz. Zu dieser lud der BJV die PIRSCH wenige Minuten nach Ablauf der Antwortfrist auf den umfassenden Fragenkatalog ein. Andere Medien erhielten nach unserem Kenntnisstand die Einladung bereits früher.

Warum gab es die Antworten nicht früher?

Der Eindruck: Schriftliche Nachfragen zu den teilweise gelieferten Antworten sind nicht erwünscht. In Feldkirchen wurde dann ein Dokument von Enno Piening, Präsidiumsmitglied des BJV und Teil der Stiftung, verlesen. Piening war selbst nicht zugegen, hatte jedoch Antworten auf die Fragen der PIRSCH vorbereitet. Das Schriftstück organisierte sich die PIRSCH im Nachgang der Pressekonferenz in anonymisierter Form, um keine Rückschlüsse auf Betroffene zu ermöglichen.

  • Gegenwärtig sind laut Piening drei Mitarbeiter für die Stiftung beschäftigt. Unsere Quellen wissen nur von einem offiziellen Mitarbeiter, die übrigen seien gegangen. Grund sei die schwierige Kommunikation nach Feldkirchen gewesen.
  • Das operative Geschäft in der Wildland-Stiftung übernimmt der Bayerische Jagdverband. Heißt: Die Mitarbeiter sind durch den BJV angestellt und werden auch vom BJV entlohnt.
  • Mitarbeiter wurden laut Piening stets unverzüglich ersetzt.
  • Vorstand, Stiftungsrat und Kuratoriumsmitglieder arbeiten laut Piening ehrenamtlich. Die Stiftung stehe nach wie vor in engem Kontakt mit dem bayerischen Naturschutzfonds, den unteren, höheren und der obersten Naturschutzbehörde sowie anderen Naturschutzorganisationen.
  • Piening verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass ein ehemaliger Mitarbeiter der Stiftung aus seiner Position trotz guter Leistungen abberufen wurde. Ursache war das Nicht-Aufstellen eines Wirtschaftsplans.
  • In diesem Wirtschaftsplan geht es um Pflegekosten für die Grundstücke. Das Erstellen eines solchen Planes sei jedoch keine leichte Aufgabe, für Laien sei es sogar „nahezu unmöglich“. Vieles sei bislang aus dem Kopf heraus erledigt worden. „Wirklich fundierte Aufzeichnungen“ lägen deshalb nicht vor.
  • Gegenwärtig arbeitet die Stiftung empirisch, um so zu versuchen, einen Überblick über die jährlichen Kosten zu erhalten.
  • In den vergangenen zwei Jahren unterstützten Spenden die Wildland-Stiftung. Piening befürchtet, dass die Spendenfreudigkeit der Großspender nun deutlich abnehme. Er sehe, dass „durch die Berichterstattung der PIRSCH der Stiftung mehr Schaden als alles andere entstanden sei.
  • Der BJV fördert laut Piening die Stiftung jährlich mit 100.000 Euro. Das Geld musste heuer noch nicht angetastet werden. Ursache dafür sei besonnenes Wirtschaften gewesen.
  • In den vergangenen zwei Jahren wurde laut Piening lediglich die Umweltbildung in Waldkraiburg eingestellt. Hintergrund: Umweltbildung müsse nicht doppelt – von BJV und Wildlandstiftung - betrieben werden. Die beiden Mitarbeiter haben ihre Beschäftigungsverhältnisse gekündigt. „Aufgrund einer Entscheidung des Vorstandes wurde dieses Projekt auch nicht weiterbetrieben. Andere Projekte würden fortgeführt.
  • 2022 kaufte die Stiftung zwei Grundstücke, eines für das „Donautalprojekt“ und eines für „Naturvielfallt Isental“. Die Beurkundungen sind erfolgt, der grundbuchrechtliche Vollzug ist in Bearbeitung. Für einen der Grundstücksankäufe gibt es laut Piening eine vorbereitete Darlehensvereinbarung zwischen BJV und Wildland-Stiftung. Hintergrund hierfür ist, dass in einem Fall der Kaufpreis zunächst vorfinanziert werden muss. Erst nach erfolgter Zahlung könnten die zugesagten öffentlichen Gelder abgerufen werden. Ein großer Teil davon wird dann wieder - so Piening - an den BJV zurückgezahlt. JS
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