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Saujagd im Frühjahr

Schießen oder schonen?

Ob männlich, weiblich, mehrjährig oder starker Überläufer, ist aus dieser Perspektive nicht zu erkennen.

In aller Kürze

  • Bachen sondern sich im Frühjahr vor dem Frischen von der Rotte ab.
  • Abgeschlagene Überläufer sind alleine oder in Rotten unterwegs und lassen sich relativ einfach bejagen.
  • Vorsicht bei einzeln anwechselnden Stücken – es könnte sich um eine Bache handeln, deren Frischlinge im Kessel liegen! 

Jetzt im Spätwinter und Frühjahr Sauen zu jagen, erfordert viel Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Die meisten Bachen bringen ihren Nachwuchs laut wissenschaftlichen Untersuchungen zwischen Februar und Mai zur Welt. Die Frischlinge aus dem vergangenen Jahr werden schon vor dem Frischen nicht mehr in der Nähe geduldet und konsequent auf Distanz gehalten. Diese Phase dauert zwei, selten bis zu drei Wochen. Zur Erinnerung: Auch in ASP-Zeiten stellt der Abschuss einer führenden Bache eine Straftat dar und ist nicht mit einem respektvollen Umgang mit dem Wild vereinbar!

Die erfahrene Leitbache fehlt

Das Frühjahr birgt aufgrund der frischenden Bachen Risiken, aber auch Chancen. Verlässt die Leitbache die Rotte, dann führt die jeweils nächstrangige Bache den Familienverband an. In dieser Zeit kann der Waidmann daher im Revier Rotten antreffen, in denen die größeren (erfahrenen) Bachen fehlen. Die verbleibenden Mitglieder ziehen unbedarfter durch die Bestände als sonst, wobei sie ihr angestammtes Streifgebiet nicht verlassen. Morgens sind sie beim Einwechseln in den Tageseinstand später dran. Abends kommen diese unerfahrenen Sauen mit ein wenig Jagdglück bei schon gutem Büchsenlicht in Anblick. Die männlichen, etwa einjährigen Stücke werden auch nach Rückkehr der Bachen zu den Rotten nicht mehr toleriert und sind auf sich alleine gestellt.

Wo stecken die Schwarzkittel im Frühjahr?

Wenn die ersten Sonnenstrahlen nach dem Winter für Wärme sorgen, bevorzugen die Schwarzkittel Hänge mit Südlage. Auch lichtdurchflutete Altholzbestände mit Brombeere oder offene Flächen mit Ginster werden immer gern als Tageseinstände gewählt. Ein Sonnenbad tut nach dem langen Winter gut. Das geht nicht nur uns Menschen so. Dichte und somit dunkle Revierteile sind eher im Sommer wieder attraktiv, wenn die Temperaturen steigen und ein schattiges Plätzchen gefragt ist.

Entscheidend ist aus der Perspektive der Schweine bei der Wahl der Tageseinstandes natürlich auch, dass sich in der Nähe geeignete Fraßstellen und Suhlen befinden. Sonne allein macht zwar glücklich, aber nicht satt. Und gerade im Frühjahr ist der Hunger besonders groß. Fraßplätze sind im Wald (z.B. Eichen- und Buchenbestände) und auf Wiesen (z.B. Viehweiden) häufig jedes Jahr an denselben Stellen zu finden. Im Frühjahr brechen die Schwarzkittel nicht nur gern auf Grünland, sie nehmen auch gierig frisches saftiges Gras auf. Im Feld kann sich das Raumverhalten jedes Jahr ändern. Je nachdem, womit die Äcker bestellt waren. Im Auge behalten sollte man unbedingt Flächen, auf denen vormals Mais stand. Dort brechen die Sauen mit Vorliebe nach untergeackerten Kolben. Dies kann im auflaufenden Getreide für Schaden sorgen.

Stücke sauber ansprechen

Hat man aussichtsreiche Plätze ausfindig gemacht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Schwarzkittel in Anblick kommen. Wer nicht über Nachtsicht- oder Wärmebildtechnik verfügt, für den ist der Morgenansitz an Wechseln in Einstandsnähe das Mittel der Wahl. Wenn die Sauen die Fraßstellen erst kurz vor Einsetzen des Büchsenlichts verlassen, ist es meistens schon mehr oder weniger hell, wenn sie schließlich im Tageseinstand auftauchen. Darauf spekulieren wir.

Beim Abendansitz in Einstandsnähe ist das Gegenteil der Fall. Wir hoffen darauf, dass die Sauen zeitig dran sind und in Richtung Fraß oder Suhle wechseln. Das Ergebnis ist identisch. Der Jäger bekommt die Schwarzkittel bei ausreichend Licht vor die Büchse und kann sauber ansprechen. Klappt das nicht, bleibt nur der Mondansitz. Dieser ist besonders dort lohnenswert, wo die Sauen Fraß aufnehmen. Allerdings ist Ansprechen in dieser Jahreszeit im Dunklen heikel.

Wer mit optoelektronischen Geräten ausgerüstet ist, hat es deutlich leichter. Das natürliche Licht spielt dann keine Rolle. Weder bei der Schussabgabe noch beim Ansprechen. Unentbehrlich ist meiner Meinung nach ein Wärmebildhandgerät, das der Jäger zum sogenannten Spotten (also Wild finden) benutzt. Dieses Wunderwerk der Technik zeigt einem auf den ersten Blick auch weit entfernte Wärmequellen an. Der größte Vorteil ist aber, dass man auch wichtige Körpermerkmale erkennt (z.B. Striche, Pinsel). Je nach Qualität des Gerätes lassen sich diese von Kirrungsentfernung bis über 100 m sicher erkennen. Hinsichtlich des Tierschutzes ist das natürlich enorm wichtig. Mit Vor- und Aufsatzgeräten lässt sich nicht nur sicher schießen, sondern auch ansprechen. Ich bevorzuge dabei das reale Bild eines Restlichtverstärkers. Aber das ist Geschmackssache.

Darum ist die Jagd im Frühjahr so heikel

Der eine oder andere wird sich nun fragen: „Warum muss ich im Frühjahr besonders vorsichtig sein? Im Sommer führen die Bachen doch auch.“ Das stimmt, aber in der Regel sind die Frischlinge immer in der Nähe ihrer Mutter und somit sichtbar. Zumindest, wenn die Vegetation es zulässt. Im Frühjahr sieht das anders aus, da die Frischlinge wie eingangs erwähnt noch im Kessel liegen und die Bache eine gewisse Zeit alleine unterwegs ist. Schnell wird sie bei schlechten Lichtverhältnissen als einzelner Überläufer angesprochen und erlegt. Bei einzelnen Sauen ist daher Vorsicht geboten. Bachen mit Frischlingen im Kessel sind meist sehr unruhig und bleiben nie länger als ein paar Minuten an einer Stelle.

Neben den Strichen ist häufig eine ruppige Schwarte charakteristisch. Da die Saisonalität des Frischens heute nicht mehr so ausgeprägt ist wie früher, muss manchmal schon vor Ende Dezember mit solchen einzelnen Bachen gerechnet werden. Es sollte bei Einzelgängern daher nur auf männliches Schwarzwild Dampf gemacht werden. Der Überläuferkeiler oder mehrjährige Keiler muss eindeutig anhand des Pinsels als passend angesprochen werden! Das Gewicht sagt so gut wie gar nichts aus. Schwache Überläuferbachen mit aufgebrochen unter 30 Kilogramm können auch führen.

Im besten Falle bekommt man eine der abgeschlagenen Überläuferrotten in Anblick. Jedes dieser Stücke passt. In der Regel sind sie nahezu gleich groß. Bei gemischten Verbänden ist schon Vorsicht geboten: Es könnten kleine Streifenhörnchen umherwuseln. Bei Tageslicht lassen sich diese in der Regel erkennen und gegebenenfalls einer Bache zuordnen. Man muss heute auch damit rechnen, dass Frischlinge bereits im ersten Lebensjahr selbst frischen. Mehr als die Hälfte der Frischlinge wird heute mit fünf Monaten geschlechtsreif! Wer sich dann eine Überläuferbache mit „glattem Bauch“ herauspickt, macht alles richtig. Im Dunkeln funktioniert das zuverlässig fast nur mit Technik. Einige Jäger hören das nicht gern: Im Zweifel einfach einen Frosch schießen. Damit macht man in ASP-Zeiten nie was verkehrt, auch dann nicht, wenn die kleine Wutz nur schwer verwertbar sein sollte.

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