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Künstlerporträt

Ein Sturm im Wasserglas

Jörg Mangold ist Landarzt, Jäger, Fliegenfischer, fein-sinniger Autor und einer der bekanntesten Natur- und Tiermaler Deutschlands.

Meine Liebe gilt Wald und Wild, – und meiner Frau natürlich“, gesteht mir Jörg Mangold offenherzig gleich zu Anfang meines Besuchs. „Da hast Du aber gerade noch die Kurve gekriegt“, flachst seine Frau Helga, die aktive Reiterin und dreifache Mutter. Die Mangolds leben ein glückliches Leben, seit zwölf Jahren zurückgezogen auf einem schönen Anwesen mit großem Garten, Pferdestall und Hofatelier inmitten einer sanft hügeligen Agrarlandschaft rund 30 km von Passau entfernt. Bis vor Kurzem betrieben beide eine Landarztpraxis in Pocking.

Dabei stammt der gebürtige „Pappenheimer“ aus Franken, wo er 1949 das Licht der Welt erblickte. Kein Geringerer als Heinrich Mangold, der berühmte, weltweit gereiste Landschaftsmaler, hat ihm die künstlerischen Gene mit in die Wiege gelegt. Als sein Schlüsselerlebnis beschreibt Jörg Mangold einen Film, den er in der Schule gesehen hat und bei dem es um den Bau von Nistkästen ging. „Ich war so fasziniert, dass man auch junge Vögel beobachten konnte, dass ich gleich in den Wald losgelaufen bin“, erinnert er sich zurück. „Der kleine Tierfreund“, eine Zeitschrift, die in der Schule auslag, brachte auch den „Waldläuferbrief“ heraus, und hier sollte ein Forstpate die Schritte des Eleven dokumentieren. Das tat der örtliche Förster, zudem schenkten Mangolds Eltern ihm auch noch Gummistiefel, die das gleiche Profil hatten wie die des Försters. „Ich schwebte auf Wolke sieben“, lächelt er.

Früh übt sich, wer ein Jäger werden will

Ein Zahnarzt vor Ort mit eigener Jagd nahm Jörg mit 13 Jahren unter seine Fittiche. „Leider starb er früh. Ich führte danach immer noch seinen Deutsch Langhaar aus und wusste nicht, dass er testamentarisch verfügt hatte, dass ich beim Nachpächter weiter mitgehen durfte.“ Sein jagdlicher Mentor wurde der Revierpächter, der ihn sozusagen „geerbt“ hatte. Er versorgte den angehenden Waidmann immer mit dem Deutschen Jäger und der PIRSCH.

„Die Hütte ist ein Muss! Dann braucht es nur noch die Hirschbrunft, einen guten Rotwein und eine Staffelei.“

Während der Bundeswehrzeit wollte Jörg Mangold dann den Jagdscheinkurs durchlaufen, doch der war gerade rum. Aber die Prüfung könne er schon machen, entgegnete ihm der Kursleiter. „Und so ging ich speziell im Bereich Waffenkunde recht blauäugig, weil ich nur 98er Militärkarabiner kannte, in die Prüfung und bekam prompt einen Mannlicher vorgelegt“, erinnert er sich zurück. Das war zu viel. Er müsse wohl nächstes Jahr wiederkommen, entgegnete der Prüfer, erkundigte sich aber, wo er denn herkam. „Aus Pappenheim? Na dann kennen Sie sicher die Gräfin“, fragte der Prüfer. „Ja, ich bin ihr Jagdhelfer“, sagte Jörg Mangold kleinlaut. „Der Prüfer zeigte auf die Sicherung, und dann ging alles wie von selbst“, grinst Mangold und hatte schließlich doch bestanden!

Zum ersten Mal in den Bergen

Die Studienzeit führte ihn zuerst für vier Semester nach Berlin an die Fakultät für Tiermedizin. Dort hat er auch seine Frau Helga beim Sezieren eines Hundes kennengelernt. Beide sattelten später um auf Humanmedizin, wofür er seiner Frau bis heute dankbar ist. In Berlin trat er in eine musikalische Verbindung ein, in der er über einen alten Herrn in die Lofer Berge (Saalforste, bayerische Besitzungen in Österreich) kam. „Dort machte ich meine ersten Gehversuche in den Bergen. Zwölf Jahre durfte ich dort jagen. Die Bergjagd hat mich von diesem Zeitpunkt an total eingenommen“, bekennt er mit zitternder Stimme. Für ihn steht vor allem das einfache Hüttenleben im Mittelpunkt. „Die Hütte ist ein Muss! Dann braucht es nur noch die Hirschbrunft, einen guten Rotwein und eine Staffelei – kann es was Schöneres geben“, fragt er mich mit leuchtenden Augen.

Sein Vater ordnete das Familienleben der Kunst unter. „Sah er ein Motiv, mussten alle warten“, erinnert sich Mangold zurück. Jörgs Erstlingswerk war 1965 ein Eichelhäher, sein erste Jagdbeute. „Da ein Präparat viel zu teuer war, malte ich den Häher tagelang, bis er anfing zu stinken“, erinnert sich Mangold.

Während seiner Münchner Studienzeit lernte er den bekannten Maler Walter Niedl kennen. Denn Mangold schickte Niedl einfach eines seiner Aquarelle. Und der schrieb ihm fragend zurück, warum er gerade mit dem Schwersten anfangen würde. Es entwickelte sich eine väterliche Freundschaft mit langen Diskussionen, wertvollen Tipps und Ratschlägen. „Ich hatte mal einen Keiler in Öl gemalt, der stiebend aus der verschneiten Dickung fuhr“, erzählt Mangold. Niedl nahm den Pinsel und hat das Bild in zehn Minuten umgemalt – „Du musst Dich in den Keiler reindenken, nur dann wird es realistisch“, gab er ihm mit auf den Weg.

Mut wird belohnt: Ab 1973 für die PIRSCH

Während seiner zwei Semester in München marschierte er 1973 einfach zu Fuß in die Lothstraße zur PIRSCH und gab bei Schriftleiter Walter Helemann eine Dackelzeichnung ab. Längst in Marburg zum Fortsetzen des Medizinstudiums, reichte das Geld natürlich nicht, um weiter die PIRSCH zu lesen, und so blätterte er am Kiosk zufällig in einem Heft und fand seinen Dackel. „War ich stolz“, bekennt er heute noch. Auf der Erdinger Jagdmesse wurde er dann beim Nachfolger Gerhard Lewicki vorstellig. Der brachte ihn mit dem „Seili“ zusammen, und von da ab wurde Jörg Mangold zur festen Größe in der PIRSCH.

Er begann dann auch mit dem Schreiben. Zeitgleich suchte er per Brief Kontakt zu seinem jagdlichen Vorbild Ludwig Benedikt Freiherr von Cramer-Klett (L.C.K.) und schickte ihm eine Zeichnung. Nach zwei Wochen erhielt er in Marburg Post, und es entwickelte sich ein loser Schriftverkehr.

Doch die Arbeit nahm Mangold gefangen. Irgendwann hörte er, dass der Freiherr gestorben war. Er machte sich auf zum Grab, zeichnete es, neben ihm seine stillende Frau Helga, und wurde von einem großgewachsenen Mann angesprochen. „Ach, der Künstler“, reagierte der Unbekannte, der sich später als Rasso Baron von Cramer-Klett vorstellte. Es entwickelte sich eine herzliche Männerfreundschaft. Man ging gemeinsam in der Blattzeit im Fränkischen jagen, Mangold durfte zu seinem 60. Geburtstag einen Hirsch im „Heuraffel-Gebiet“ erlegen, als Teil der Familie war Rasso genauso zu den Hochzeiten von Mangolds Kindern geladen.

Vom Landarztleben der Vergangenheit

„In Marburg wären wir fast hängengeblieben“, erinnern sich beide zurück. „Wenn wir jetzt nicht gehen, kommen wir nie nach Bayern“, waren sie sich damals einig. Jörg Mangolds erste Arztvertretung war bei einer Landarztpraxis in Pocking, wo ihm der Inhaber nach nur einer Woche die Übernahme angeboten hat. Und so kamen die Doktores Jörg und Helga Mangold 1982 zur ihrer eigenen Praxis.

„Diese Begegnungen mit Menschen sind intensiv und schön“, sagte Mangold. Sein erster Patient als niedergelassener Arzt war ein Säugling. „Dort bin ich später sogar Trauzeuge geworden“, blickt er dankbar zurück in seine Anfangszeit. Oder der schwerverletzte Langholzfahrer, der ihm im Krankenhaus einen Bock freigab, wenn man ihn denn wieder hinbekommen würde. Beides klappte, und irgendwann gab der Mann auch noch einen Bierkrug mit der Inschrift „Waidmannsheil, Herr Doktor“ in der Praxis ab. „Heute ist Landarzt aber vor allem Papierkrieg mit der Krankenkasse“, sagen beide, die ihre Praxis mittlerweile verkauft haben und wissen, dass sich Allgemeinärzte deshalb heutzutage lieber anstellen lassen.

Wald, Wild und Kunst verbindet

Ein Landarzt ist wie ein Künstler auch ein Beobachter mit feiner Antenne für die kleinen Dinge im Leben. Die Jörg Mangold dann bei seinen „Ansitzgedanken“ in der PIRSCH zu Papier bringt. „Noch heute bewege ich mich am liebsten unsichtbar durchs Revier und beobachte“, bekennt er. Seit 38 Jahren hat er das mittlerweile vom Forstbetrieb Wasserburg gepachtet. „Jäger sein heißt für mich auch eine Bildung des Herzens“, was man in Kompaktkursen genauso schlecht vermitteln kann wie die Praxis. Das alte Lehrprinzenmodell hätte nach ihm noch lange nicht ausgedient. Nebenbei arbeitete Mangold als Moderator für den Fernsehsender „Seasons“, später war er insgesamt 20 Jahre Vorsitzender des BJV-Kulturausschusses.

Nicht nur deshalb bewegt er sich stets freundlich im Revier und geht auf Menschen zu. So wie in den seit 25 Jahren stattfindenen Malkursen, die er fünfmal im Jahr – einmal auf einer Alm in den Lofer Bergen, viermal daheim im Hofatelier – für bis zu zehn Teilnehmer anbietet. Die sind buntgemischt mit und ohne Vorerfahrung. Aber alle Teilnehmer schätzen seine ruhige Art, die schöne Atmosphäre und zum Schluss die kleine Ausstellung mit intensiver Besprechung. „Hier sind schon Freundschaften fürs Leben entstanden“, weiß der Aquarellmaler. Wald, Wild und Kunst verbindet eben – ein Leben lang!

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