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Ein Stimmungsbild

Wo sind die Sauen?

Sauen schieben sich gerne in ruhig gelegende Dickungen ein.

In jüngster Zeit treten immer wieder große Fragezeichen über den Köpfen vieler Jäger in Bezug auf das Schwarzwild auf. Wo sind die Sauen? Man möchte doch glauben, dass die sonst so zuverlässigen Schwarzkittel an die Kirrungen kommen, oder finden sie genügend Äsung in ihren Einständen? Ist der Bestand so zurückgegangen oder hat sich der Einstand und die Aktivität einfach nur verändert?

In mastreichen Jahren finden die Schwarzkittel genug Fraß in den Wäldern.

Das Schwarzwild ist eine extrem anpassungsfähige und reproduktionsfreudige Wildart, die zu den Gewinnern der vom Menschen geprägten Kulturlandschaft gehört. Der Sauenbestand hat sich in den vergangenen Jahren durch mastreiche Jahre und milde Winter erheblich vergrößert. Viele Gebiete konnten neu besiedelt werden.

Die Folgen sind unter anderem steigende Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen, erhöhte Seuchengefahr durch die Afrikanische Schweinepest und vermehrte Wildunfälle. Im Verlauf des Jahres haben Sauen unterschiedliche Lebensweisen. Je nach Witterung, Deckung, Fraß und Störung halten sie sich an verschiedenen Orten auf. Mit Beginn der Ernte ziehen die Rotten dann von Feld zu Feld, solange jene ihnen weiterhin Einstände bieten.

In Mischwäldern schieben sich die Schwarzkittel sehr häufig in dichte Naturverjüngungen ein. In solchen Aufforstungen fühlen sich die Sauen wohl und werden in der Regel auch kaum gestört, da kein Mensch ihren Weg kreuzt. Insgesamt bevorzugen Schwarzkittel ruhige und sichere Plätze, die in der Nähe von Äsungsflächen und Feuchtstellen sind.

Suhlen und feuchte Stellen machen das Revier attraktiver und werden gerne vom Schwarzwild angenommen.

Die Schwarzwildbejagung wurde durch die Zulassung von Nachtsichtvorsatz- bzw. -aufsatzgeräten revolutioniert, sodass gezielt mehr Sauen entnommen werden können. Doch ist die intensive Bejagung Grund dafür, dass vermeintlich in manchen Jagdgebieten die Sauen fehlen? In diesem Beitrag erfahren Sie, wie es um die Schwarzwildbestände in den verschiedensten Regionen Deutschlands bestellt ist, ob sie sich verändert haben und woran das liegen könnte.

Erfahrungen aus Hohenlohe-Franken

Keine Sauen mehr im Revier

In meinem 280 ha großen Waldrevier in der Region Hohenlohe-Franken (Baden-Württemberg) sind seit gut zehn Monaten keine Sauen mehr vorgekommen. Normalerweise liegen jährlich 40 bis 60 Sauen auf der Strecke, in diesem Jahr haben wir erst zehn Schwarzkittel erbeutet.

Ich vermute, dass das Wegbleiben der Sauen mit dem Corona-Lockdown zu tun hat. Der Freizeitdruck ist im Revier enorm gestiegen. Durch die nahe Stadtgrenze nutzen viele Spaziergänger und Radfahrer den Wald als Erholungsgebiet. Wanderer nehmen teilweise überhaupt keine Rücksicht auf das Wild, verlassen die Wege und gehen querfeldein durch den Wald. So haben die Wildschweine keine Ruhezonen mehr im Bestand und wechseln aufgrund dieser Störungen in andere Gebiete. Jürgen Schulz

Für eine effektive Schwarzwildbejagung setzten viele Jäger auf die Nachtjagd mit entsprechender Nachtsichttechnik.

Erfahrungen aus der Börde (Sachsen-Anhalt)

Sauen sind ein seltener Anblick

Meine Reviere befinden sich in Sachsen-Anhalt entlang der niedersächsischen Landesgrenze. Insgesamt bejage ich vier Reviere, die zwischen 95 ha und 260 ha groß sind. Sämtliche Jagdgebiete liegen im Landkreis Börde, nördlich und südlich der A2. Das nördlichste Revier, Morsleben, umfasst den Lappwald. Es beinhaltet viele Dickungen, Wildwiesen, Suhlen, Bäche und Teiche.

Die südlichen Reviere Harbke, Marienborn und Sommerschenburg bilden den nördlichen Rand der Magdeburger Börde. Bei allen Revieren handelt es sich um Wald- reviere, die vereinzelt über landwirtschaftliche Flächen verfügen.

Im Revier Morsleben liegt der Schwerpunkt der Jagd auf Schwarz- und Rehwild. Sauen kommen in den drei südlichen Revieren deutlich weniger vor als im nördlichen. Dies mag primär an dem hohen Jagddruck der umliegenden Jagdgenossenschaftsjagden liegen.

Wir haben in diesem und im letzten Jagdjahr deutlich weniger Schwarzwild erblickt und entsprechend ist auch die Jagdstrecke zurückgegangen. In der Vergangenheit konnten wir allein im Revier Morsleben auf einer Fläche von rund 260 ha über 40 Stück Schwarzwild ausschließlich durch Ansitzjagden strecken. Diese Jagdstrecke ist seit Jahren rückläufig.

Das Schwarzwild ist zwar nach wie vor vorhanden, aktuell aber viel seltener zu sehen. Dabei ist das Revier Morsleben ideal für die Sauen, sie waren in der Vergangenheit sogar teilweise tagaktiv. Wodurch diese Veränderungen in den Beständen kommen, ist spekulativ. Im Revier wird keine Nachtsichttechnik genutzt. Bedingt durch den Corona-Lockdown ist der Besucherdruck im Revier massiv gestiegen.

Ein weiterer Grund kann auch die deutlich stärkere Bejagung sein. Schwarz- wild wird zum Teil – ähnlich wie Reh- oder Rotwild – geradezu als Schädling gesehen. Meines Erachtens führte diese ablehnende Ansicht in vielen Bereichen zu einem Verlust der Jagdethik und der Waidgerechtigkeit.

Das hatte zur Folge, dass auch auf führende Bachen geschossen wurde. Diese unwaidmännischen Gebaren haben sicherlich einen weiteren Beitrag dazu geleistet, dass der Zuwachs des Schwarzwildes reduziert, und die Rottenstruktur beschädigt worden ist. Dr. Immo hamer von Valtier

Erfahrungen aus dem Weserbergland

Hohe Sauenbestände

Mein Jagdrevier umfasst rund 1.000 ha Waldrevier des Süntels, einem Mittelgebirgsstock im Weserbergland in Niedersachsen. Der Buchenmischwald hat viele Naturverjüngungen, Suhlen, Bäche und feuchte Stellen. Es wird hauptsächlich über den Ansitz gejagt, auch bei Nacht mit der nötigen Nachtsichttechnik.

Neben dem Reh- und Muffelwild haben wir ein sehr großes Sauenvorkommen im Revier. Das Schwarzwild ist teilweise tagaktiv, nachts aber sehr vorsichtig und heimlich unterwegs. Mittlerweile frischen die Bachen bei uns zu Unzeiten – zu jeder Jahreszeit haben wir extrem viele gestreifte Frischlinge, obwohl die Rottenstrukturen gesund sind. Bedingt durch die milden Winter und die mastreichen Jahre ist das Nahrungsangebot für das Schwarzwild hoch.

Vielerorts frischen die Bachen das ganze Jahr über.

Mehrmals im Jahr finden im Jagdgebiet Drückjagden statt, auf denen im Durchschnitt über 30 Sauen gestreckt werden. Zusätzlich dazu bejagen wir die Schwarzkittel stark. Die jährliche Gesamtstrecke ist dementsprechend hoch, dennoch bleibt der Sauenbestand ebenfalls gleichbleibend hoch.

Desweiteren liegt das Revier recht ruhig, es gibt wenig Wanderer oder Radfahrer, die sich durch den Wald bewegen. Die für unsere Umgebung verhältnismäßig steilen Hänge tragen wahrscheinlich auch dazu bei, dass die Schwarz- wildrotten nur selten die Berge hinunter laufen, um in die angrenzenden Feldern zu wechseln.

Rotten, die sich eher im unteren Teil des Waldes aufhalten, wechseln aber natürlich auch mal in die Felder. Wildschäden gibt es jedoch sehr wenig. Aus meiner Erfahrung heraus, bleibt das Schwarzwild bei uns in ihren vertrauten Einständen und bewegt sich nicht allzu weit weg. Mike Oliver Sabionski

Erfahungen aus Freising

Die Bestände sind seit Jahren stabil

Seit einem Jagdjahr habe ich ein Revier im Norden des Landkreises Freising (Bayern) gepachtet. Dieses Jagdgebiet besteht aus 40 % Mischwald mit sehr vielen Eichen und Buchen, die übrigen 60 % sind Feldanteil. Dort werden diverse Getreidefrüchte angebaut. Außerdem gibt es viele Grünflächen sowie Sonderkulturen wie Hopfen-, Haselnuss- und Holunderfelder.

In dem Niederwildrevier mit einem guten Rehwildbestand kommt Schwarzwild als Standwild vor. Das wird vor allem durch die hervorragende Mast und die vielen Dickungen im Wald begünstigt. Die Sauen wechseln kaum in die angrenzenden Felder, sondern bleiben fast das ganze Jahr über im Wald.

Wir führen hauptsächlich Intervall- und Schwerpunktbejagung durch. Vor einer Erntejagd wird mittels einer Drohne mit Wärmebildkamera nach Sauen in den einzelnen Schlägen gesucht, damit ein sinnloses langes Anstellen der Jäger dadurch vermieden werden kann. Zusätzlich wird das Schwarzwild nur auf den Wechseln zur Kirrung und zur Suhle bejagt. An der Kirrung selbst ist absolute Jagdruhe.

Dadurch werden die Sauen kaum gestört. Der geringe Jagddruck hat die Folge, dass sich die Schwarzkittel sehr vertraut im Revier bewegen, oft auch tagsüber. Die markanten Wechsel, Suhlen und Kirrungen werden mittels mehrerer Funkkameras überwacht, sodass ich immer aktuelle Informationen über meine Sauenbestände habe. Über eine Bestandsveränderung in den letzten Jahren lässt sich nicht allzu viel sagen.

Es ist aber bekannt, dass das Schwarzwild schon seit über zwölf Jahren als Standwild im Revier vorkommt und die bisherige Strecke über die letzten Jahre gleichbleibend stabil ist. Nicole Anzinger

Auch mit an günstigen Stellen angebrachten Wildkameras erhält man Einblick in den aktuelle Sauenbestand.

Erfahrung aus dem Fichtelgebirge

Schwarzwildstrecke geht gegen null

Meine jagdliche Heimat ist das 400 ha große Niederwildrevier von meinem Großvater, welches wir schon seit über 30 Jahren gepachtet haben. Das Feldrevier mit geringem Waldanteil befindet sich im Fichtelgebirge und besteht größtenteils aus Wiesen, Mais-, Getreide- und Erbsenschlägen.

Die letzten Jahre ging der Trend bei unserem Sauenbestand stark nach oben. Zu dieser Zeit haben wir jährlich über 30 Sauen auf unseren 400 ha erlegen können. Seit diesem Jahr geht der Bestand aber sehr stark zurück. Bis heute haben wir nur drei Schwarzkittel erlegen können.

Die Kirrungen werden nur sporadisch angenommen, teilweise auch komplett gemieden. In den Feldern und Wiesen gibt es wenig bis überhaupt keine Wildschäden. Normalerweise konnten wir die meisten Sauen während der Milchreife im Mais strecken.

Aktuell sind sie aber überhaupt nicht im Mais. Grund dafür könnte die schärfere Bejagung sein, die vor allem durch die Zulassung von Nachtsichtgeräten vereinfacht wurde und die wir auch nutzen. Auch die Pürzelprämien sind ein guter Anreiz für die verstärkte Jagd. Dadurch konnten die Bestände deutlich minimiert werden, was besonders zur ASP-Prävention beiträgt. Christian Rauch

Maisschläge bietet dem Schwarzwild genügend Unterkunft und Nahrung.

Erfahrungen aus dem Sauerland (NRW)

Massiver Einbruch

Der im Januar 2021 allen Revieren unserer Schwarzwild-Hegegemeinschaft übermittelte Zwischenbericht zeigte bereits einen außerordentlich starken Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Dieser Trend setzte sich auch im letzten Quartal des Jagdjahres 2020/2021 unvermindert fort – es kamen tatsächlich nur zwei Frischlinge zur Strecke. Um das ins Verhältnis zu setzen: Im Jagdjahr 2019/20 erlegten wir 88 Stück Schwarzwild (73 % Frischlinge, Geschlechterverhältnis 1 m :1,4 w). 2020/21 waren es nur 18 (72 % Frischlinge, Geschlechterverhältnis 1 m : 1,25 w)! Das bedeutet einen Rückgang um 80 %.

Mit großem Interesse erwarten viele Jäger das Ergebnis unseres Oberbergischen Kreises. Die zwischenzeitlich ermittelte Kreisstrecke von nur 1.320 Stück (Vorjahr 2.935) gibt eine ziemlich deutliche Antwort, ebenso der Frischlingsanteil von nur 49 %.

Angemerkt sei an dieser Stelle, dass in den vergangenen Jahren die Zunahme der Schwarzwildstrecken stets kritisch hinterfragt worden ist, wohl wissend, dass sich die Waldmastintervalle sehr verkürzt haben und in der Landwirtschaft die Großraumbewirtschaftung, wo immer es geht, favorisiert wird.

Schon seit Jahrzehnten beschäftigen sich Wildbiologen mit der Schwarz- wild-Massenvermehrung und deren Steuerung durch eine richtige Bejagung. Heinz Meynhardt schreibt z.B. zu diesem Thema: „Es kann meiner Ansicht nach nicht oft genug wiederholt werden, dass ein Wildbestand nur durch die weitgehende Abschöpfung des Zuwachses vernünftig bewirtschaftet werden kann.

Das bedeutet, dass bei der Festlegung des Abschussplanes der Frischlingsanteil mindestens 70 % der Jahresstrecke betragen muss.“

Vor Jahrzehnten wurde also schon die wissenschaftlich fundierte Streckenformel 70/20/10 für die Bestandsregulierung von Schwarzwild an die Hand gegeben. Meynhardt warnt vor der Nichteinhaltung der Streckenformel über einen längeren Zeitraum.

Seiner Meinung nach kommt es zu einer rasanten Bestandsexpansion und die anfallenden Feld- und Wiesenschäden nehmen Größenordnungen an, welche wirtschaftlich nicht mehr zu vertreten sind, sodass der Zwang aufkommt, innerhalb kurzer Zeit, wahllos die Bestände zu verringern). Ob der Schwarzwildkenner Meynhardt die jetzigen Zeiten hat vielleicht kommen sehen? Rolf Sander

Josef Maier GmbH & Co. KG

Weniger Sauen

Dass sich die Jagdstrecke bei Wildschweinen in diesem Jahr auf einem niedrigeren Niveau befindet, können wir als Wildhändler bestätigen. Auch wir erhalten bis zum heutigen Tage eine vergleichsweise geringere Menge als in den Vorjahren. Zu den Gründen können wir nur Vermutungen anstellen, jedoch keine detaillierte Aussage treffen. Martin Thoma

Martin Thoma, Leitung Marketing & Unternehmenskommunikation.

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