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Marktübersicht Verbissschutz

Mit Mechanik und Chemie

Junge Triebe müssen oft geschützt werden. Wir zeigen, womit und wie es geht.

Dem deutschen Wald geht es schlecht. Dürre und Borkenkäfer vernichten jedes Jahr zehntausende Festmeter Holz. Deutschlands Förster sollen es richten und einen klimastabilen Wald aufbauen. „Wald vor Wild“ hat Konjunktur - und wird in den nächsten Jahren Auswirkungen auf viele Jäger haben. Verbiss wird Waldeigentümer zukünftig besonders ärgern und als Verursacher ist meist das Schalenwild im Visier. Wer Verjüngung nicht nur mit der Kugel bewahren möchte, der kann Neuanpflanzungen bzw. Naturverjüngungen besonders verbissanfälliger Baumarten schützen.

Inzwischen pflanzen Waldbesitzer immer häufiger standortangepasste und heimische Baumarten wie Weißtanne, Eiche, Ahorn und andere Edellaubhölzer. Diese werden zum Teil auch in den Frühjahrsmonaten noch gerne verbissen. In dieser Zeit ist das Rehwild tragend oder zieht bereits Kitze auf. Es gilt Schonzeit bzw. Muttertierschutz. Das Gewehr ist keine 100%-Lösung gegen Verbiss.

Ganz abgesehen davon, dass zu hoher Jagddruck Verbiss fördern kann. Ohne Einzelschutzmaßnahmen und eine intensive Betreuung fällt es oft sehr schwer, die häufig anzutreffenden Monokulturen in naturnahe Mischwälder umzubauen. Das können Förster nicht alleine stemmen. 60 % des Personals wurde in den vergangenen Jahrzehnten abgebaut. Es ist Zeit, auch für uns Jäger, dem Waldbau unter die Arme zu greifen. Denn schließlich sollten auch wir Interesse an einem intakten Ökosystem Wald und zufriedenen Waldeigentümern haben.

Bevor Sie sich für einen Verbissschutz entscheiden, sprechen Sie aber mit dem Inhaber des Waldstücks und dem zuständigen Förster. Dort liegt die „Forsteinrichtung“. Ein Plan, der für die nächsten 10 Jahre alle forstlichen Maßnahmen lenkt. In den Leittrieb steckt der junge Baum die meiste Energie. Er enthält die meisten Nährstoffe und schmeckt dem Konzentratselektierer Reh entsprechend gut. Beißt Schalenwild diesen Trieb ab, wirft es den Baum zwei bis drei Jahre in der Entwicklung zurück. Um das zu verhindern, kann man die Knospen mechanisch oder chemisch fürs Schalenwild unattraktiv machen. Welche Produkte es dafür auf dem Markt gibt, lesen Sie auf den nächsten Seiten.

Verbissmanschetten

Mit Plastikpanzer gegen Verbiss

Die Manschetten der unterschiedlichen Hersteller sehen sich zum Verwechseln ähnlich.

Verbissschutzmanschetten sind stachelige kleine Jacken für Terminaltriebe. Mit einen Klicksystem wird die Manschette um den Terminaltrieb gelegt und wehrt so Rehäser ab. Nervig: Jedes Jahr muss die Manschette etwas weiter nach oben geschoben werden, um wirklich die Spitze zu schützen. Dank UV-Schutz hält eine der Schutzhüllen bis zu zehn Jahre, bis sie zerfällt.

Ein klarer Nachteil sind die Mengen an Plastik, die durch die Hüllen in den Wald gebracht werden. Wenn die Bäume alt genug sind, müssen die Manschetten wieder eingesammelt werden. Wer das macht, kann die Plastikteile aber wiederverwenden. Durchschnittlich kostet ein Plastikschutz zwischen 13 und 20 cent. Inzwischen gibt es auch biologisch abbaubare Varianten. Die kosten aber deutlich mehr.

Einige Cent Unterschied im Preis können bei Großbestellungen viele Euros sparen.

Welchen Hersteller Sie nehmen, ist zumindest auf den ersten Blick egal. Fast alle Produkte sehen sich zum Verwechseln ähnlich. Es gibt aber auch Modelle für extra lange Triebe. Die Tabelle zeigt die Preise pro Stück, man kauft diese aber generell in 100er Packungen. Dann gibt es oft einen Mengenrabatt zwischen 20 und 30 Prozent.

Einzelschutz-Experte im Interview

Die Kombination macht’s!

Sebastian Klinghardt ist stellvertretender Forstbetriebsleiter am Forstbetrieb Wasserburg am Inn der Bayerischen Staatsforsten. Dort bewirtschaftet der studierte Forstwirt mit Kollegen zwischen Ebersberg und Passau rund 20.000 ha Wald. Schwerpunkt ist der Umbau der fichtendominierten Wälder hin zu stabilen und attraktiven Mischwäldern. Das geht kaum ohne Einzelschutz, deswegen hat der 35-Jährige schon vieles ausprobiert.

Pirsch: Was spielen Einzelschutzmaßnahmen für eine Rolle für Sie im Forst?

Sebastian Klinghardt: Wir pflanzen pro Jahr eine Neukulturfläche von ca. 90 ha am Forstbetrieb Wasserburg, vorwiegend Tanne, Douglasie, Eiche und auch die Elsbeere. Ziel ist es, die Wilddichte so verträglich zu halten, dass diese Baumarten ohne Einzelschutz durchkommen. Bei verbissempfindlichen Baumarten brauchen wir aber z.T. Einzelschutz.

Pirsch: Bevorzugen Sie chemischen oder mechanischen Verbissschutz?

Sebastian Klinghardt: Wir setzen auf eine Mischung. Es kommt wirklich auf den Standort und die Baumart an. Für die sensible Baumart Elsbeere verwenden wir zum Beispiel Wuchshüllen. So hat man Verbiss-, Fege- und Schälschutz und schafft ein Mikroklima, welches den Wuchs der Elsbeere beschleunigt. Bei den Wuchshüllen testen wir derzeit auch Modelle aus Holz. Ansonsten verwenden wir viel den Verbissschutz von Trico, der auf Schaffett basiert. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht.

Pirsch: Was halten Sie von Verbissschutzmanschetten?

Sebastian Klinghardt: Die haben wir in der Vergangenheit auch eingesetzt, davon sind wir am Forstbetrieb Wasserburg aber tendenziell abgekommen. Wir wollen weniger Plastik im Wald. Trico ist einfacher aufzutragen, hat denselben Effekt und verursacht keinen Plastikmüll.

Pirsch: Und Schafrohwolle?

Sebastian Klinghardt: Das haben wir auch ausprobiert, und es funktioniert relativ gut.

Pirsch: Welche Einzelschutzmaßnahme ist vom Aufwand her ihr Favorit?

Sebastian Klinghardt: Da kommt es wieder auf die Baumart und den Standort an. Bei den Nadelbäumen hat sich Trico bewährt, da es durch den starken Geruch gleichzeitig einen Schälschutz bietet. Bei jungen Eiche ist der Zaun leider unumgänglich.

Die Fragen stellte Fokko kleihauer

Chemischer Knospenschutz

Schmieren zum Schutz

Einmal aufgetragen, ähnelt chemisches Verbissschutzmittel weißer Schminke oder Farbe.

Auch mit Chemie lassen sich Triebe vor Verbiss schützen. Meistens basieren die Mittel auf Blutmehl, Schaffett oder Fischöl und kommen als Flüssigkeit oder Pulver daher. Zur Anwendung verdünnt man mit Wasser und trägt das Gemisch auf. Vorteil an chemischen Mitteln ist die Flexibilität. Verbeißt das Rehwild im Sommer bereits die jungen Triebe, kann man mit dem Gemisch gegensteuern. Das geht nicht mit Verbissschutzmanschetten. Diese dürfen erst im Herbst auf die Triebe, wenn diese verholzt sind. Und man muss kein Plastik aus dem Wald holen.

Da chemische Mittel von einer Bundesbehörde zugelassen werden müssen und der Markt streng reguliert ist, ist der Markt sehr übersichtlich.

Wuchshüllen

Ganzkörperschutz

Wachstumshüllen schützen sowohl de Terminaltrieb als auch den Baum selber.

Wuchshüllen sind lichtdurchlässige Kunststoffröhren, die über Jungpflanzen gestülpt werden. Während Verbissschutzmanschetten nur den Terminaltrieb schützen, verbergen Wuchshüllen gleich das ganze Bäumchen vor hungrigem Schalenwild. Bei Laubbäumen und Lärchen haben sich die Hüllen im Einsatz bewährt. Sie wirken wie Minigewächshäuser, es entsteht ein eigenes Klima mit höherer Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit im Inneren des Plastikschafts. Das kann dFas Höhenwachstum beschleunigen. Kehrseite der Medaille sind im schlimmsten Fall verstärkter Pilzbefall und krumm wachsende Bäume. Dazu sind die Hüllen pro Stück deutlicher teurer als Manschetten oder chemischer Verbissschutz. Weiterhin bleiben große Mengen Plastik im Wald, oder jede Hülle muss wieder abgebaut werden. Das Problem haben auch die Hersteller erkannt und bieten biologisch abbaubare Hüllen an. Gerade BioWit tut sich da hervor.

Für jede Baumgröße gibt es die passende Wuchshülle.

Schafwolle

Die natürliche Methode

Rohwolle von Schafen riecht streng und schreckt Wild ab.

Altbewährt ist Schafwolle. Man legt die unbehandelte Rohwolle locker um dem Terminaltrieb – fertig. Wie effektiv Schafsfell wirklich ist, ist schwer zu sagen. Die Einen schwören drauf, die Anderen belächeln es. Auf jeden Fall müssen die Wollhütchen jedes Jahr ausgetauscht werden, damit die Wittrung weiter Rehe abschreckt. Beziehen kann man Rohwolle am besten von örtlichen Schäfern. Gerade nach der Sommerschur gibt es viel davon auf dem Markt. Der Preis für einen Kilo schwankt zwischen vier und sieben Euro. Viele Schäfer geben ihre Wolle aber auch kostenlos ab.

Malerkrepp

Günstiger gehts kaum

Einfach das Krepp um den Leittrieb kleben und fertig. Das Eigengewicht des Krepps kann aber die Entwicklung des Baumes negativ beeinflussen, gerade bei empfindlichen Bäumen wie der Douglasie. Es besteht die Gefahr, dass der Leittrieb nicht mehr gerade wächst oder kümmert. Dazu kommt die Witterung. Regen weicht den Krepp auf. Starker Wind reißt den Krepp herunter. Malerkrepp kosten zwischen 0,98 Euro und 1,39 Euro.

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