Logo Niedersächsischer Jäger digitalmagazin

Artikel wird geladen

Die Geschichte des NJ

Jagd in den 70er Jahren

Der Jägerlehrhof auf dem Schloss Springe wurde in den 1970er Jahren als Vorbild für ähnliche Lehrhöfe von Jagdverbänden der Republik inspiziert.

Norddeutschland wurde in den 1970er Jahren durch drei Naturkatastrophen heimgesucht. Ein Orkan am 13. November 1972 mit Windgeschwindigkeiten bis zu 200 km/h vernichtete allein in Niedersachsen 16,4 Millionen Festmeter Holz auf 100.000 Hektar Waldfläche. Diese mussten natürlich wieder aufgeforstet werden. Am schlimmsten schlug der Orkan im Harz und dem Oldenburger Küstenraum zu. Im August des Jahres 1975 hatte es wochenlang nicht geregnet. Es kam aufgrund der Trockenheit in der Lüneburger Heide zu einer Waldbrandkatastrophe. An mehreren Stellen in den Landkreisen Gifhorn, Celle und Lüchow-Dannenberg brannte es in der Zeit vom 8. bis 17. August lichterloh. Bei dieser Waldbrandkatastrophe wurden ca. 6.000 Hektar Privatwald, 2.000 Hektar Wald der Klosterforsten und 340 Hektar des Staatsforstes vernichtet. Sechs Feuerwehrmänner und ein Polizist bezahlten ihren Einsatz mit dem Leben. Die Kosten für die Wiederaufforstung wurden auf 20 Millionen DM geschätzt.

Winhold Schumann (2.v.r.), Lübbe Eckhoff (3.v.r.) und Günter Ketteler (4.v.r.) nahmen auch die Presse bei den Zählflügen mit.

Natürlich hatten viele Wildtiere durch den Brand ihr Leben oder ihre Lebensgrundlage verloren. Die LJN stellte in einer Sofortmaßnahme 20.000 DM zur Verfügung. Bei einer Sammelaktion der LJN mit „Bild Hannover“ kamen 15.000 kg Eicheln und Kastanien durch die Bevölkerung zusammen. Die eingeleitete Spendenaktion brachte 172.000 DM. Nach der ersten Bestandsaufnahme konnten die Jäger in den betroffenen Gebieten etwas erleichtert feststellen, dass sich die Verluste beim Schalenwild doch in einem geringeren Rahmen hielten, als befürchtet. Das Problem war nur, dass der Lebensraum vernichtet war. Daher sorgten der damalige LJN-Vizepräsident Dr. Hasselbach und Wildmeister Emil Schulz im Auftrag der LJN im Brandgebiet für die Anlage von Fütterungen, Grünflächen und Wasserstellen. Zur Unterstützung dieser Maßnahmen wurden Wildfuttermittel und Saatgut im Wert von 40.000 DM gespendet.

Am Ende des Jahrzehntes schlug die Natur noch einmal mit aller Härte zu. Zum Jahreswechsel 1978/79 versank Norddeutschland im Schnee. Dörfer und Höfe wurden von der Außenwelt abgeschnitten. Mit dem Einsatz von Bergepanzern der Bundeswehr musste vielen Menschen und Tieren, die von den Schneemassen eingeschlossen waren, geholfen werden. Natürlich war bei einer solchen Wetterlage insbesondere das Niederwild betroffen. Gut, dass es die LJN-Fasanerie in Mittelstendorf bei Soltau gab. Die geschundenen Fasanen- und Rebhuhnbesätze konnten einigermaßen wieder mit den ausgesetzten Tieren stabilisiert werden.

Niedersachsens Jäger helfen den Seehunden

Seehundstation Norddeich

Die Bestandszahlen des dem Jagdrecht unterliegenden Seehundes an der Nordseeküste waren in den sechziger Jahren dramatisch gesunken. Gründe hierfür waren seismographische Sprengungen im Wattenmeer auf der Suche nach Erdöl und Erdgas, touristische Fahrten zu den Seehundbänken, aber auch die Verschmutzung. Die Seehundjagd kam immer mehr unter „Beschuss“ und wurde 1973 eingestellt. Der starke Rückgang der Seehundbestände ließ den Jägern an der Küste keine Ruhe. Die Jäger Winhold Schumann und Erwin Manninga aus Norden initiierten im Jahr 1971 deswegen die Aufzucht von gefundenen Heulern.

Auch Heinz Sielmann (m.) zeigte Interesse an der Seehundstation. Winhold Schumann (l.) und JS-Vorsitzender Adolf Heberling zeigten dem Tierfilmer die Aufzuchtstation.

Das LJN-Präsidium ließ sich von der Idee der beiden überzeugen und bewilligte Geld für den Bau einer Aufzuchtstation. In Norden am Schwanenteich wurde ein Gelände von der Stadt Norden angepachtet. Mit den von der LJN zur Verfügung gestellten 3.000 DM und der Hilfe von Jägern sowie Materialspenden konnte die Station entstehen, die, vergleicht man sie mit der heutigen, ein echtes Provisorium war. Der erste Heuler mit Namen „Jan“ zog am 26. Juni 1971 am Schwanenteich ein. Es folgten noch weitere Heuler, die fast alle überlebten, und am 3. Oktober 1971 wurden drei inzwischen gut ernährte Heuler im Evermansgat bei Memmert ausgewildert. Wir können uns es heute nicht mehr vorstellen, mit welchen Problemen die Pioniere der Seehundaufzucht zu kämpfen hatten. Es gab am Schwanenteich zu Beginn weder Strom noch einen Wasseranschluss und auch kein Telefon. Dazu kam, dass bis dahin keiner Erfahrung mit der Aufzucht dieser Tiere hatte. „Learning by doing“ war angesagt. Schumann und Maninga meisterten alle Schwierigkeiten. Im Jahre 1973 konnte dann wieder mit Eigenmitteln ein festes Gebäude mit Wasseranschluss, Telefon und Strom errichtet werden.

1977 verstärkte Günter Ketteler als Tierpfleger das Team. Die Stadt Norden hatte ihn für die Sommermonate freigestellt. Die Aufgaben der Station wuchsen ständig. Neben der Aufzucht und Pflege der Heuler kamen die Organisation und Durchführung der jährlichen Seehundzählungen vom Boot aus dazu. Diese Zählungen wurden dokumentiert, genauso wie die Sektionen an gefundenen toten Seehunden durch einen Veterinär. Daneben wurde die Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Stationen forciert. Die Station und ihre Aufgaben nahmen einen derart großen Umfang an, dass über eine Erweiterung nachgedacht wurde. Das Gelände am Schwanenteich gab eine solche Erweiterung nicht her, so dass ein Neubau in Norden-Norddeich in Angriff genommen wurde. Damit diese finanziell hohen Aufwendungen auch juristisch auf sicheren Füßen standen, wurde der „Verein zur Erforschung und Erhaltung des Seehundes e. V.“ gegründet. Am 1. Juli 1978 war Grundsteinlegung und am 6. Juni 1980 wurde die neue Station am Dörpener Weg in Norden-Norddeich eröffnet.

Kurz & Knapp

Das beschäftigte in den 1970er Jahren Niedersachsens Jäger

  • Für Niedersachsen wird 1970 ein ganzjähriges Bejagungsverbot für alle Greifvögel erlassen.
  • Weihnachten 1971 wird die Fernsehsendung „Bemerkungen über den Rothirsch“ von Horst Stern gesendet, die sich kritisch mit der Bejagung des Rotwildes und seine Auswirkung auf die Waldentwicklung auseinandersetzt. Sie führt zu empörten Reaktionen der Jägerschaft. Bis heute hält die Wald-Wild-Diskussion an.
  • Die LJN empfiehlt im Jahre 1973 die Bejagung des Birkwildes auf freiwilliger Basis einzustellen, da die Bestände stark zurückgegangen sind. 1977 wird die Jagdzeit für Birkwild offiziell aufgehoben.
  • Am 20. Dezember 1979 kennt das niedersächsische Landwirtschaftsministerium in seiner damaligen Funktion als Oberste Naturschutzbehörde die Landesjägerschaft Niedersachsen als Naturschutzverband gem. § 29 BNatSchG an.

Der LJN entwickelt sich weiter

Ein besonderer Markstein in der Geschichte der LJN war der 1970 von Präsident Dr. Pleister initiierte Kauf des „Haus der Jäger“ in der Schopenhauerstraße in Hannover-Kleefeld, das noch heute Sitz der LJN-Geschäftsstelle und des Präsidiums ist.

Im Katastrophenwinter 1978/79 müssen sorgar Bergepanzer Straßen freiräumen. Auch das Niederwild leidet sehr unter den Schneemassen.

1971 war die LJN Ausrichter der DJV-Hauptversammlung in Braunlage. Angeschlossen war die „Internationale Jagdkonferenz“, eine Vereinigung der deutschsprachigen Jagdverbände zu dieser Zeit. Die Teilnehmer nutzten die Veranstaltung, um sich die erste Jägerschule in Deutschland, den Jägerlehrhof Jagdschloss Springe, anzuschauen. Auch international war der Verband 1971 unterwegs. Auf der Weltjagdausstellung in Budapest wurde das „Braunschweiger Modell“, der Vorgänger der Aktion Hegebüsche und der Jägerlehrhof im Jagdschloss Springe mit seinem jagdlichen Fort- und Weiterbildungsangebot vorgestellt.

1975 war ein weiteres bemerkenswertes Jahr in der Geschichte der LJN. Infolge der 1974 erfolgten Gebietsreform musste eine Neugliederung des Verbandes vorgenommen werden. In der dafür notwendigen Satzungsänderung wurde auf der Mitgliederversammlung u. a. beschlossen, dass sich die Landesjägerschaft in Jägerschaften und nicht mehr in Kreisgruppen entsprechend den politischen Kreisen bzw. kreisfreien Städten gliedert. An dieser Regelung hat sich bis heute nichts geändert. Mit dem Tode von LJN-Präsident Dr. Wilhelm Pleister am 26. Oktober 1977 begann eine schwierige Suche nach einem neuen Präsidenten, denn aus der Riege der Stellvertreter war anfangs niemand bereit, dieses Amt zu übernehmen. Nach vielen Gesprächen stellte sich dann Detlev Frhr. v. Stietencron auf der Mitgliederversammlung am 16. Juni 1978 zur Wahl. Diese knüpfte er an die Bedingung, dass die vier stellv. Präsidenten jeweils aus den vier Regierungsbezirken kommen sollten, um die Arbeit im Präsidium zu straffen und jederzeit bei Problemen im Land schnell reagieren zu können. Diese Neustrukturierung war eine gute Idee, denn die kommenden Jahre hielten viele zu entscheidende jagdpolitische, aber auch verbandspolitische Fragen vor, die aufgrund der neuen Regionsaufteilung im Präsidium gelöst werden konnten.

Der Dokumentarfilm „Bemerkungen über das Rotwild“ befeuert 1971 den Wald-Wild-Konflikt in Deutschland.

Neuer streitbarer Chefredakteur

Nicht nur die Landesjägerschaft Niedersachsen bekam eine neue Führungsspitze, auch der Niedersächsischer Jäger bekam Anfang 1974 einen neuen Chefredakteur. Die Ära Dietrich Gutt (1974–1995) begann. War die Zeitschrift bis dahin fast ausschließlich als Mitteilungsblatt des Verbandes genutzt worden, hielten wildbiologische Themen, aber auch kritische Kommentare zu jagdpolitischen Themen Einzug auf den Seiten. Dietrich Gutt scheute sich nicht, Missstände in der Jagdgesetzgebung, aber auch Entscheidungen der Politik anzuprangern. Ein Beispiel hierfür waren seine bissigen Kommentare und Briefe an den Ministerpräsident Dr. Ernst Albrecht zum Thema Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Knapp 20 Jahre arbeitete er eng mit der LJN-Geschäftsführung zusammen.

1973 bittet die LKN ihre Mitglieder, aufgrund sinkender Besätze die Jagd auf Birkwild einzustellen. 1977 wird die Jagdzeit für Birkwild offiziel aufgehoben.

Digitale Ausgabe Niedersächsischer Jäger

Holen Sie sich noch mehr wertvolle Fachinfos.
Lesen Sie weiter in der digitalen Niedersächsischer Jäger !

 Immer und überall dabei
 Schon vor der Printausgabe verfügbar
 Komfortable Suchfunktion
 auf bis zu 3 mobilen Endgeräten gleichzeitig
 Persönliche Merkliste
 Teilen-Funktion