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Die Geschichte des NJ

Jagd in den 60er Jahren

Foto: Margarete Menzel

Der Landesjagdverband wurde als Landesjägerschaft anerkannt und der Jägerlehrhof Springe wurde zu einer wichtigen Säule des Verbandes.

Niedersachsen galt seit 1923 als tollwutfrei. Im Jahr 1951 erfasste ein Tollwutseuchenzug Niedersachsen. Dieser hatte seinen Ursprung im Raum Danzig und bewegte sich immer weiter gen Westen, bis er Niedersachsen erreichte. Hauptüberträger dieser Krankheit war der Fuchs. 1960 wurde das Gebiet zwischen Mittelweser und Lüneburger Heide von einer Tollwutwelle heimgesucht. Der Landesjagdverband forderte zu einer verstärkten Bejagung des Fuchses auf.

Das 1965 gewählte LJN-Präsidium (v.r.n.l.) mit: R. Cornelsen, Dr. F. Hasselbach, Dr. W. Pleister, Dr. W. Grube, Graf v. Merfeldt.

Im April 1964 rief die Landesjägerschaft Niedersachsen alle Jäger mit Nachdruck nochmals auf, den Fuchs zu bejagen. Dieser Aufruf war notwendig, da die Tollwut einen noch nie dagewesenen Höchststand erreicht hatte. Der mehrjährige Durchschnittswert hatte ergeben, dass an Tollwutausbrüchen der Fuchs mit 61 %, anderes Wild mit 4 % und Haustiere mit 35 % beteiligt waren. Die Jäger und ihre Verbandsfunktionäre hatten die nicht unberechtigte Sorge, dass eine bereits in den Veterinärbehörden diskutierte Begasung der Fuchsbauten kommen könnte.

Änderung des Landesjagdgesetzes

LJN erhält Mitwirkungsrechte

Im Jahr 1963 wurde das 2. Änderungsgesetz zum Landesjagdgesetz erlassen, in dem sich viele Vorschläge des Verbandes wiederfanden. Herauszuheben ist die durch das neue Gesetz gegebene Möglichkeit zur Anerkennung des Landesjagdverbandes Niedersachsen als Landesjägerschaft. Der zu der Zeit amtierende niedersächsische Landwirtschaftsminister Alfred Kubel sprach dem Landesjagdverband Niedersachsen am 12. Juli 1963 die Anerkennung als Landesjägerschaft aus. Dadurch erhielt der Verband Mitwirkungsrechte bei

  • der Versagung und Entziehung von Jagdscheinen
  • Vorschlagsrecht für den Kreisjägermeister
  • Durchführung der Jagdeignungsprüfung (heute Brauchbarkeitsprüfung) für Jagdhunde
  • Schulung derjenigen, die als Jagdaufseher bestätigt werden wollen oder sollen
  • Mitwirkung bei jagdfördernden Maßnahmen (z. B. jagdliche Forschung, Jagdhundewesen, jagdliches Schießen etc.)
  • Durchführung der Falknerprüfung

Normalerweise handelt es sich bei diesen Aufgaben um öffentliche Aufgaben, die die Landesjägerschaft Niedersachsen noch heute für die Behörden vornimmt und somit die Öffentliche Hand entlastet.

Diese Sorge bewahrheitete sich dann im Jahre 1970. Der Bund erließ eine Bundesverordnung zum Schutz gegen die Tollwut, nach der Füchse von Amtswegen auch durch Begasung der Baue getötet werden können. Natürlich war dies ohne Mithilfe der Jagdausübungsberechtigten nicht möglich. Daher hatten diese auf Anforderung der Behörden die ihnen bekannten Fuchsbaue anzugeben. Wozu diese Vergasungsaktionen führten, ist bekannt. Insbesondere der auch in den Bauten lebende Dachs stand kurz vor der Ausrottung und die Tollwut verschwand durch diese Maßnahme nicht. Die in den 80er Jahren dann durchgeführte Impfung der Füchse mit Impfködern, bei der die Jäger eine maßgebliche Rolle spielten, führte zum Erlöschen dieser schrecklichen und auch für den Menschen gefährlichen Seuche.

Jagen an der innerdeutschen Grenze

Der erste Leiter des JGLH Wildmeister Erhard Brütt (2.v.r.) empfängt Gäste der Pädagogischen Hochschule Ruhr.

Quer durch Niedersachsen verlief die Zonengrenze. Zu Anfang der Teilung Deutschlands war die Jagdausübung in unmittelbarer Nähe dieser Grenze relativ problemlos, wie auch der kleine Grenzverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik. Spätestens nach dem Bau der Mauer 1961 und der Errichtung der 1.378 Kilometer langen deutsch-deutschen Grenze mit ihren Todesstreifen wurde die Jagd für die Jäger, die entlang dieser Grenze jagten, problematisch. Es kam auch schon vor dem Bau der Mauer zu Zwischenfällen, wobei Kugeln auf beide Seiten der Grenze flogen.

Bevor die befestigte Demarkationslinie fertig war, wurde der Grenzstreifen gepflügt.

Der damalige niedersächsische Innenminister Otto Bennemann sah sich gezwungen, per Erlass vom 10.10.1961 auf die Jagd an der Zonengrenze regelnd einzuwirken. Er forderte die zuständigen Stellen auf, die Jagdausübenden darauf hinzuweisen, „dass in unmittelbarer Nähe der Demarkationslinie, d. h. auf einem Streifen von etwa 300 Meter Breite, die Jagd nicht ausgeübt und dass mit Kugelläufen nicht in Richtung auf die Demarkationslinie geschossen werden sollte“. Er bat darüber hinaus darum, dass die Dienststellen des Zollgrenzdienstes und des Bundesgrenzschutzes vor der Abhaltung von Gesellschaftsjagden informiert werden sollten. Trotz dieses Erlasses kam es zu weiteren Zwischenfällen. Leider mussten auch viele Wildtiere, ob groß oder klein, ihr Leben lassen, wenn sie über den verminten Streifen wechselten.

Der Jägerlehrhof Springe wird gegründet

Am 15. März 1965 verstarb der damalige Präsident der Landesjägerschaft Forstmeister i. R. Peter-Paul Schröder. Sein Nachfolger wurde der Generaldirektor der Norddeutschen Landesbank Dr. jur. Wilhelm Pleister. Unter seiner Federführung und mit maßgeblicher Unterstützung des damaligen Jagdreferenten Landesforstmeister Karl Neuwinger wurde von 1965 bis 1967 das Jagdschloss Springe, das in den vergangenen Jahrzehnten als Kinderheim, Lazarett und Krankenhaus genutzt wurde, umgebaut. Im Erdgeschoss wurde ein Jagdmuseum eingerichtet, was noch heute ein Anziehungspunkt für jagdlich interessierte Bürger ist. In der ersten Etage sollte eine Schulungsstätte für die Jäger entstehen und im zweiten Obergeschoss waren die Schlafräume für die kommenden Lehrgangsteilnehmer geplant.

Das Jagdschloss um 1900.

Natürlich hatten diese Pläne die Neugier des Deutschen Jagdschutzverbandes (DJV) an der ersten Jägerschule geweckt und so fand am 1. April 1965 eine Besichtigung der Räumlichkeiten durch das DJV-Präsidium mit DJV-Präsidenten Egon Anheuser an der Spitze statt. Die Pläne fanden allgemeine Zustimmung und der DJV sagte seine finanzielle Unterstützung zu. Die „Bauleitung“ der Jagdschule in der Bauzeit lag in den Händen von Revieroberjäger Erhard Brütt, der dann von 1967 bis 1974 Leiter des Jägerlehrhofes Jagdschloss Springe war. Die offizielle Einweihung des Jägerlehrhofes fand am Hubertustag, dem 3. November 1967 statt. Der damalige niedersächsische Landwirtschaftsminister Wilfried Hasselmann, LJN-Präsident Dr. Wilhelm Pleister und DJV-Präsident Egon Anheuser übergaben an diesem Tag unter dem Beifall von 250 hochrangigen Gästen das Jagdschloss Springe seiner neuen Bestimmung.

Minister W. Hasselmann übergibt zur Eröffnung des Jäger- lehrhofes den Schlüssel an LJN-Präsident Dr. W. Pleister (l.).

Bildungsprogramm und Veranstaltungen

Die ersten Lehrgänge waren den Berufsjägern vorbehalten. Zu dieser Zeit war es die Aufgabe des DJV, den Berufsjägernachwuchs zu schulen. In der Zeit vom 14. August bis 9. September 1967, also schon vor der offiziellen Eröffnung, fand der erste Lehrgang für Berufsjägerlehrlinge statt. Diesem Lehrgang schloss sich in der Zeit vom 12. bis 14. September ein Lehrgang für Hilfsjäger an. Noch heute werden Kurse zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung der Berufsjäger in Springe durchgeführt.

Die 60er

Meilensteine

Diese verbandlichen und jagdlich relevanten Themen gab es sonst noch in den 60er Jahren:

  • Am 1.5.1961 wird FM Friedrich Ritter als Landesgeschäftsführer beim Landesverband Niedersachsen eingestellt. Er bekleidet diese Position bis zum 1.4.1987.
  • Durch die 1953/54 von Frankreich eingewanderte Myxomatose ist im Jahr 1962 fast 90 % des Gesamtbestandes an Kaninchen in Niedersachsen vernichtet. Die vermehrungsfreudigen Kaninchen schaffen es in kürzester Zeit, die Verluste aufzufangen.
  • Ein Mitte Februar 1963 über ganz Niedersachsen hinwegfegender eiskalter Orkan bringt dem Land große Forstschäden. Zahlreiche Grundbrüche der Deiche im Ems-, Weser- und Elberaum verursachen große Überschwemmungen an der Küste und an den Mündungstrichtern von Weser und Elbe. Diese Sturmflut führt zu großen Verlusten beim Niederwild. Der Landesjagdverband stellt 60.000 DM zum Ankauf von Hasen, Fasanen und Rebhühnern zur Verfügung, die in den betroffenen Gebieten ausgesetzt werden.
  • Nach einer Erhebung der LJN im Jahr 1965 beträgt der Gesamtbestand der Birkhühner in Niedersachsen rund 13.000 Stück.
  • In der Deutschen Bucht – von Borkum bis Sylt – leben 1967 ca. 3.400 Seehunde, die u. a. im Interesse der Fischerei und ihrer biologischen Regulierung bejagt werden. Zuständig für die Koordinierung aller Seehundfragen ist ab 1969 die Bezirksregierung Weser-Ems.
  • Auf Initiative von dem Lüneburger Kreisjägermeister Norbert Teuwsen werden Richtlinien zur Bejagung des Schwarzwildes erstellt, die unter der Bezeichnung „Lüneburger Modell“ bekannt sind. Die Bejagung des Schwarzwildes unter Einhaltung von Gewichtsbegrenzungen und Schonung der Bachen führt zu einer Verbesserung der Bestände in ihrer Struktur, aber auch zu kapitalen Trophäen bei den Keilerwaffen.
  • Nachdem vom Jägerlehrhof Jagdschloss Springe in Zusammenarbeit mit der Vogelwarte Niedersachsen im Steinkrug/Deister Krähenjagd mit dem verbesserten Krähenfang durchgeführt wurden und die Fangergebnisse erfreulich hoch waren, gibt der für den Naturschutz zuständige Niedersächsische Kultusminister am 15. April 1969 bekannt, dass das Auslegen von Phosphorgifteiern nicht mehr vertretbar sei und er einer generellen Ausnahmegenehmigung hierfür eine Absage erteilt.

Die ersten Lehrgänge für Jagdscheininhaber folgten im Oktober. Das Programm des Jägerlehrhofes wurde immer weiter ausgebaut. Neben den Berufsjägerlehrgängen gibt es Lehrgänge für Jagdaufseher, für Fallenbau, Jagdliches Schießen, Jagdhornblasen, Wildbrethygiene und Wildbretverwertung. Natürlich gehören inzwischen wildbiologische Seminare zu den verschiedensten Wildtierarten zu den beliebtesten Veranstaltungen. Es war für die Verantwortlichen des Verbandes klar, die Räumlichkeiten des Jagdschlosses für die Weiterbildung der Funktionsträger – Vorsitzende, Hegeringleiter und Kreisjägermeister – zu nutzen. Bei diesen Veranstaltungen wurden die Funktionsträger auf den neusten jagdpolitischen Stand gebracht, um die dort erworbenen Kenntnisse an die Basis zu transportieren.

Schon früh führte der DK-Verband seine Zuchtschauen am Jagdschloss Springe durch.

Nicht vergessen darf man die Jagdhornbläserwettbewerbe am Jagdschloss, die immer ein Highlight für alle Beteiligten waren. Alle Besucher der Veranstaltung und insbesondere die vielen hochrangigen Politiker aller Parteien, die an der Siegerehrung teilgenommen haben, waren begeistert, wenn die Signale und Märsche beim gemeinsamen Abschlussblasen aus hunderten Jagdhörnern erschallten.

Seit der Einweihung des Jägerlehrhofes Jagdschloss Springe gab es vier Leiter: 1966-1974 Wildmeister Erhard Brütt, 1975-1984 Wildmeister Günter Tiedtke, 1985-2003 Wildmeister Hans-Joachim Borngräber, 2003- bis heute Assessor des Forstdienstes Sven Lübbers.

Die NJ-Redaktion in den 60er JAhren

In der Redaktion des Niedersächsischen Jägers gab es in den 60er Jahren einige Bewegungen. Jeweils recht kurze Zeit hatten Dr. Hans Schulze von Januar bis April und Forstmeister Friedrich Ritter von Juli bis Dezember 1967 die Schriftleitung von dem erkrankten H.-W. Ottens übernommen. Genau drei Jahre, von Dezember 1967 bis November 1970, war Forstamtmann a. D. Wilhelm Holldorf aus Hohegeiß im Harz für den Inhalt des Niedersächsischen Jägers verantwortlich. Ihm folgten Dr. H. N. Richter und Leonard Grosch als Schriftleiter, bis dann Dietrich Gutt 1974 für die nächsten 21 Jahre die Redaktionsleitung des NJ übernahm.

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