Jagd in den sozialen Medien
Den richtigen Ton treffen
Am Rande des Deistergebirges jagt der Niedersachse nicht nur schwarzen Böcken, sondern auch kinematografischen Geschichten hinterher. Wir haben den Influencer einen Tag im Revier auf Beutezug begleitet.
Wir müssen uns einfach nur wie Spaziergänger verhalten, die sind zuhauf hier unterwegs“, lautet die klare Ansage im Morgengrauen. Tobias „tobi_dorfkind“ Berger hat es auf einen schwarzen Rehbock abgesehen. „Wir haben ihn nun schon im dritten Jahr beobachtet. Von der Trophäe her wäre er unter normalen Umständen ein Abschussbock“, erklärt Tobias. „Er konnte seine schwarze Färbung weitervererben, nun möchte ich es auf ihn probieren.“ Einen schwarzen Bock zu erlegen, ist vermutlich der Traum vieler Jäger. So auch von dem gebürtigen Springer, der am Deisterhang versucht, dem schwarzen Teufel nachzustellen. Wer in Springe aufwächst, hat in der Regel früh Berührung mit der Jagd. Das war auch bei Tobias der Fall, doch bis zum eigenen Jagdschein hat es dann etwas gedauert.
Die Jagd und die sozialen Medien
Unter seinem Alias ist Tobias vor allem in den sozialen Netzwerken wie Instagram und YouTube bekannt. Dort teilt er seine Jagderfahrungen. Seine Ausflüge in die Natur hält Tobi gerne mit der Kamera fest. Dabei geht es aber nicht immer nur um Jagd. Mit „Biber, Bache & Barsch“ ist beispielsweise eines seiner YouTube-Videos betitelt. Das Vorschaubild ziert eine Angel und so wird kurzerhand auch mal das Mäppchen mit dem Jagdschein gegen das mit dem Angelschein getauscht.
Auch das Imkern wird auf seinen Kanälen abgebildet. Seit nun mehr als drei Jahren bewirtschaftet Tobias eine Handvoll Bienenvölker im Revier. So verwundert es nicht, dass neben Wärmebildgerät und Büchsenfutteral im Jagdauto auch ein Imkeranzug liegt. Alles dreht sich um die nachhaltige Lebensmittelgewinnung, den Spaß an der Natur, das Dorfleben. Dabei geht es aber nicht nur um Selbstdarstellung, sondern auch um die Weitergabe von Wissen, vor allem an Jungjäger. So kann man beispielsweise von Tobias lernen, wie man eine digitale Jagdeinladung gestaltet. Tobias scheut sich aber auch nicht, Neues auszuprobieren. So wird das erste Mal Gänsejagen aus der Liege zu einer spannenden Erfahrung, zu der er seine Zuschauer mitnimmt.
Für Tobias bot die Pandemie die Chance, in die Jägerei einzusteigen. Nachdem er sein Unternehmen verkauft hatte, war endlich Zeit, den Jagdscheinkurs samt Prüfung zu absolvieren. „Etwas unorthodox, aber ich habe an einem Kompaktkurs teilgenommen“, erklärt Tobias. Der Weg in ein Revier sei dann wiederum ganz klassisch verlaufen. „Die Tradition liegt mir sehr am Herzen. Deshalb bin ich auch direkt bei den örtlichen Jagdhornbläsern vorstellig geworden. Wie das dann so ist – einer kennt den anderen –, habe ich den Tipp bekommen, mich bei meinem heutigen Pächter zu melden“, führt Tobi seinen jagdlichen Werdegang weiter aus.
Nun ist er seit einiger Zeit in einem Revier bei Bad Münder jagdlich zu Hause. Rotwild, Rehe und Schwarzkittel gibt es hier. Aber auch jede Menge Füchse, Krähen und Elstern, die dem Hasenbesatz an den Kragen gehen. „Es gibt also jagdlich immer viel zu tun“, erklärt Tobi, als er die Maiskiste für die Kirrung bestückt. „Wir haben zwar überwiegend ein sehr gutes Verhältnis zu den Landwirten in unserem Revier, dennoch muss man jetzt, wo beispielsweise das Getreide für das Schwarzwild interessant wird, auch aktiv etwas gegen den Wildschaden unternehmen.“ Sonst leide das Verhältnis auf Dauer.
beruflich auf Social Media unterwegs
Beruflich baut Tobias heute Kanäle für Unternehmen und Selbstständige in den sozialen Medien auf. Die Affinität im Umgang mit einer Internetgemeinde kommt also nicht von irgendwo. Doch gerade, wenn es um die Jagd im Internet geht, ist Fingerspitzengefühl gefragt. „Wir Jäger tun nichts Verbotenes, dennoch ist Social Media diesbezüglich ein zweischneidiges Schwert“, erklärt Tobias. Die meisten Kommentare unter seinen Beiträgen seien positiv und konstruktiv. „Doch leider reicht oft ein einziger Kommentar, um einen den Tag zu verderben – und das passiert leider immer öfter“, resümiert er. Das Ziel sei es, durch die Öffentlichkeitsarbeit mehr Verständnis für die Jagd zu schaffen. Dazu müsse man vernünftig kommunizieren und sensibel mit dem umgehen, was online gestellt wird. „Jagd ist eben nicht nur Schießen und nicht alles gehört ins Netz. Trotzdem müssen wir uns nicht verstecken“, meint Tobias.
Tradition und Moderne Hand in Hand
Zu dem, was Jagd noch alles ist, gehört für Tobi auch das Jagdhornblasen. Es ist fester Bestandteil seiner jagdlichen Routine. Einmal die Woche geht es nach Völksen, wo sich die Bläsergruppe auf dem Hermannshof zum Üben trifft. Während Tobias das erzählt, zaubert er aus seinem Jagdauto nicht eins, nicht zwei, sondern ganze drei Jagdhörner. „So kann niemand auf einer Gesellschaftsjagd sagen, er könne nicht blasen, da er kein Horn dabeihätte – ich habe immer Ersatz am Start“, schmunzelt Tobias mehr oder weniger ernst gemeint. „Mir ist es wichtig, diese Tradition, genau wie Bruchzeichen, zu pflegen. Vor allem dann, wenn ich Jungjäger begleite“, erklärt er. „Ich verblase auch erlegtes Wild, wenn wir nur zu zweit sind.“ Auf Gesellschaftsjagden scheue er sich nicht, alleine vor der Jagdgesellschaft das Horn erschallen zu lassen. Dass er tonsicher ist zeigt sich auch darin, dass Tobias bei den Jägerprüfungen im Jagdschloss Springe mit einer Handvoll Jagdhornbläserkollegen die Abordnung für die Abnahme der Jagdhornsignale stellt.
Für das Jagdhorn gibt es heute jedoch keinen Auftrag mehr. Der schwarze Bock, auf den es Tobias abgesehen hat, trat nicht in Anblick. Ein letzter Blick hinter die Hecke – doch die Bühne bleibt leer. „Schade, aber auch das ist Jagd“, resümiert Tobias in aufrichtigem Ton. Noch ein schnelles Bild für Instagram und der Jagdmorgen ist gelaufen. Auch für Influencer gibt es keine jagdliche Erfolgsgarantie.
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