An Gelbschalen führt kein Weg vorbei
Es gab zwar in diesem Jahr schon ein paar warme Tage, aber verbunden mit Regen und viel Wind haben sich bisher nur sehr vereinzelt Rüssler aus ihrem Winterlager gewagt. Sind die Käfer in die Bestände eingeflogen, führen die Weibchen des Rapsstängelrüsslers zunächst einen Reifungsfraß durch, der je nach Temperatur etwa fünf bis sieben Tagen dauert, bevor sie mit der Eiablage in den Stängel beginnen.
Bei der Eiablage geben sie Substanzen ab, die später zu S-förmigen Verkrümmungen und Aufplatzen des Stängels führen können. Die Larven ernähren sich bis zum Ende der Blüte im Stängelmark und können den Wasser- und Nährstofftransport beeinträchtigen. Dann bohren sie sich aus dem Stängel aus, um sich im Boden zu verpuppen. Dort verbleiben sie in ihrem Verpuppungskokon bis zum nächsten Frühjahr.
Kohltriebrüssler
Während die Weibchen des Rapsstängelrüsslers bereits nach kurzer Zeit mit der Eiablage beginnen können, lassen sich die Kohltriebrüssler deutlich mehr Zeit. Erst nach zwei bis drei Wochen Reifungsfraß beginnen sie mit der Eiablage in die Unterseite der Blattstiele. Die Larven minieren in Blattstielen und später im Haupttrieb, bevor sie nach der Blüte die Rapspflanzen verlassen, um sich im Boden zu verpuppen. Wenige Wochen später schlüpfen die Jungkäfer im Juni/Juli aus dem Boden und suchen anschließend ihr Winterlager in der Laubstreu von Hecken oder Waldrändern auf.
Gelbschalen kontrollieren
Um den Zuflug der Rüssler sicher erfassen zu können, ist es nun höchste Zeit Gelbschalen aufzustellen, falls Sie dies bisher noch nicht getan haben. Damit die Befallsüberwachung mit Gelbschalen (GS) zuverlässig funktioniert, sollten Sie einige Regeln beachten:
- GS maximal halbvoll mit Wasser und einigen Tropfen Spülmittel füllen.
- Zwei bis drei Gelbschalen an verschiedenen Seiten des Schlages aufstellen (im Rapsbestand mit etwa 20 m Abstand zum Rand), dabei auch die Zuflugrichtung der Käfer (vorjährige Rapsschläge, Waldrand, Hecken) berücksichtigen.
- GS müssen für anfliegende Rüssler gut sichtbar im Bestand aufgestellt werden, mit fortschreitendem Längenwachstum müssen sie kontinuierlich der Höhe der Triebspitzen angepasst werden.
- Beifang von Bienen, Hummeln u.a. muss durch Gitterabdeckung vermieden werden.
Die Gelbschalen sollten Sie bei warmem Wetter (12 bis 15 °C) in zwei- bis dreitägigem Abstand kontrollieren, gefangene Käfer mit der Pinzette herausnehmen oder den gesamten Inhalt durch ein Teesieb gießen. Aufgrund des Schadpotenzials und der zu erwartenden Ertragseinbußen unterscheiden sich die Bekämpfungsrichtwerte der Arten, daher müssen sie getrennt ausgezählt werden. Die Artbestimmung von trockenen Tieren ist leichter. Der Große Rapsstängelrüssler ist grau, mit schwarzen Füßen, während der Gefleckte Kohltriebrüssler durch ungleichmäßig verteilte Schuppen fleckig aussieht. Außerdem hat er einen hellen Fleck auf dem Rücken und rötliche Füße (siehe Foto unten).
Länger beobachten
Da der Zuflug schlagspezifisch ist, muss das Auftreten der Rüssler durch Gelbschalen auf jedem Schlag überwacht werden. Die Aufstellung von mehr als einer Gelbschale pro Schlag ist anzuraten, da sich die Fangzahlen je nach Einwanderungsrichtung deutlich unterscheiden können. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass es wichtig ist, die Gelbschalen im Frühjahr längere Zeit stehen zu lassen und zu kontrollieren, denn nach einigen Wochen ohne nennenswertes Auftreten in den Gelbschalen, kam es Ende März/Anfang April zu weiterem Rüsslerzuflug in die Bestände. Wenn Sie diese Regeln berücksichtigen, können Sie den Zuflug erfolgreich überwachen und bei Überschreitung des Bekämpfungsrichtwertes (fünf Rapsstängel- bzw. 15 Kohltriebrüssler pro Gelbschale in drei Tagen, Tabelle 1) eine Insektizidmaßnahme gezielt platzieren.
Rüssler bekämpfen
Da die Rapsstängelrüssler schon nach wenigen Tagen mit der Eiablage starten, mit der auch die Schädigung des Rapses beginnt, sollte eine Bekämpfung zeitnah nach Überschreitung des Bekämpfungsrichtwertes durchgeführt werden. Falls lange Kaltphasen auf eine kurze Einflugperiode folgen, kann auch etwas abgewartet werden. Eine Behandlung allein gegen den Kohltriebrüssler sollte aufgrund des längeren Reifungsfraßes erst rund 10 bis 14 Tage nach Überschreitung des Bekämpfungsrichtwertes erfolgen, sodass auch später zugeflogene Rüssler miterfasst werden.
Zur Bekämpfung der Rüssler stehen nur Pyrethroide zur Verfügung. Neuerdings zeigt auch der Gefleckte Kohltriebrüssler eine beginnende Resistenz gegen Pyrethroide. Daher ist es wichtig, nur wirklich notwendige, gezielte Behandlungen nach Überschreitung der Bekämpfungsrichtwerte durchzuführen. Bei alleinigem Auftreten der Rüssler sollten Pyrethroide des Typs II (z.B. Karate Zeon) bevorzugt werden. Treten zusätzlich zu Rapsstängel- und Kohltriebrüssler gleichzeitig auch Rapsglanzkäfer vermehrt auf, sollte das Typ I Pyrethroid Trebon 30 EC zum Einsatz kommen (siehe www.julius-kuehn.de/resistenz).
Nur gezielt einsetzen
Werden Pyrethroide gezielt eingesetzt, zeigen sie noch gute Wirkung. Im vergangenen Jahr erfolgte der Zuflug der Rüssler vielerorts bereits am 16./17. Februar. In einem Feldversuch des JKI nahe Braunschweig erfolgte der Einsatz von Karate Zeon am 25. Februar sowie in einer weiteren Variante zusätzlich am 1. April, nach einer weiteren Einwanderungswelle und erneuter Überschreitung der Bekämpfungsrichtwerte. Eine Bonitur in BBCH 65 Anfang Mai ergab in unbehandelten Pflanzen im Mittel 10,1 Rapsstängel- und 16,4 Kohltriebrüsslerlarven je Pflanze. Die einfache Behandlung mit Karate Zeon am 25. Februar reduzierte die Rapsstängelrüssler auf 0,7 Larven und die Kohltriebrüssler auf 3,7 Larven je Pflanze. In der Variante mit zweifachem Karate Zeon Einsatz wurden keine Rapsstängelrüssler- und nur 0,6 Kohltriebrüsslerlarven gefunden (Tabelle 2).
Da sich der Kohltriebrüssler allerdings lange Zeit im Bestand aufhält und sehr lange Eier ablegt, kam es später in der Variante nur mit frühem Insektizideinsatz noch zu einer deutlichen Zunahme der Larven und damit von Käfern der neuen Generation. Im Sommer schlüpften in der unbehandelten Kontrolle 269 Kohltriebrüssler/m2 , in der Variante mit der frühen Insektizidbehandlung 378 Jungkäfer/m2, während die Doppelbehandlung den Käferschlupf um 89 % reduzierte. Hier schlüpften lediglich 29 Jungkäfer/m2.
Lohnende Behandlung
Hieran wird deutlich, wie wichtig es ist, die Gelbschalen im Frühjahr im Bestand zu belassen und weiterhin zu kontrol- lieren, um auch noch einen späteren Zuflug der Rüssler zu erfassen. Bei der Ernte gab es Mehrerträge in beiden behandelten Varianten, wobei tendenziell die Doppelbehandlung etwas höhere Erträge brachte. Während die späte Pyrethroid-Behandlung Schäden durch Rüssler reduziert hat, hat sie gleichzeitig die Entwicklung der pyrethroidresistenten Rapsglanzkäfer gefördert.
In diesem und in früheren Versuchen wurde beobachtet, dass durch den Pyrethroideinsatz die Anzahl der im Sommer schlüpfenden Jungkäfer des Rapsglanzkäfers deutlich erhöht wurde und somit der Befallsdruck für das Folgejahr steigen kann. Vermutlich wurden die Gegenspieler des Rapsglanzkäfers ausgeschaltet, sodass sich die Larven ungestört entwickeln konnten. Insektizidbehandlungen können also immer auch unerwünschte Nebenwirkungen haben.
Untersuchungen belegen, dass auch bei Überschreitung der Bekämpfungsrichtwerte eine stärkere Eiablage und wirtschaftliche Schädigung nicht immer eintreten, da auch die Witterung eine Rolle spielt. Die Schadwirkung der Rüssler ist in trockenen, warmen Jahren größer als in feuchten, kühlen Jahren. Außerdem kann es nach der Eiablage durch Abwehrreaktionen der Pflanze dazu kommen, dass Eier aus dem Gewebe herausgepresst werden und vertrocknen. Wenn aber die genannten Bekämpfungsrichtwerte nicht erreicht werden, sind bei korrekter Gelbschalenaufstellung Schäden nahezu ausgeschlossen.
Spritzfenster geben Sicherheit
Um eigene Erfahrungen zur Notwendigkeit von Insektizideinsätzen zu sammeln, sollten Sie Spritzfenster anlegen. So können Sie feststellen, ob eine Behandlung tatsächlich notwendig war. Setzen Sie die noch vorhandenen insektiziden Wirkstoffe mit Bedacht ein, um sie als letzte Maßnahme für die Zukunft zu bewahren. Grundsätzlich sollten Sie berücksichtigen, dass nicht jedes Schadinsekt, das Sie im Feld beobachten, bekämpft werden muss. Der Raps besitzt ein hohes Kompensationspotenzial und toleriert eine ziemlich hohe Anzahl an Schadinsekten.
Die Mühe lohnt sich
Die Kontrollen der Gelbschalen und das Auszählen der Rüssler mögen zwar etwas unbequem und zeitaufwändig sein, sie können aber dazu beitragen, Insektizide und Kosten für die Ausbringung einzusparen und vor allem eine weitere Resistenzselektion der Schädlinge zu verhindern. So schonen Sie die wenigen verbleibenden Mittel für wirklich notwendige Einsätze, wenn Schädlinge in so hoher Zahl auftreten, dass Schäden an den Pflanzen eintreten können.
FAZIT
- Mit der Erwärmung werden die Rapsschädlinge wieder aktiv.
- Um den Zuflug der Rüssler zu kontrollieren, jetzt Gelbschalen aufstellen.
- Besser zwei bis drei Gelbschalen pro Schlag.
- Alle zwei bis drei Tage kontrollieren.
- Gelbschalen längere Zeit im Bestand stehen lassen.
- Bekämpfung erst nach Überschreiten der Richtwerte.
- Pyrethroide nur gezielt einsetzen.
- Spritzfenster zeigen Behandlungsnotwendigkeit an.
Nachbehandlung notwendig?
Winterraps Wenn noch Ausfallgetreide bekämpft werden muss, kann bei wüchsigen Bedingungen ohne Nachtfrostgefahr Ausfallgetreide, z.B. mit Agil S / Zetrola + Access 0,6 + 1,0 l/ha (24 €) oder Targa Super / Gramfix + Access 0,9 + 1,0 l/ha (24 €) oder Panarex + Access 1,0 + 1,0 l/ha (26 €) oder Fusilade Max + Access 1,0 + 1,0 l/ha (35 €) bekämpft werden. Gegen Trespen oder bei sehr schwachem Raps mit geringer Konkurrenzkraft sollten die Aufwandmengen jeweils um etwa 0,2 bis 0,3 l/ha (bzw. auf die zugelassene Aufwandmenge) erhöht werden, rät die Bezirksstelle Northeim. Mischbarkeit mit Insektiziden ist gegeben. Zur Bekämpfung von Ackerfuchsschwanz sind die Präparate aus der Wirkstoffgruppe der DIMs zur Resistenzvermeidung zu bevorzugen. Zur Verfügung steht im Frühjahr Focus Ultra (im Focus Aktiv Pack mit Dash im Verhältnis 1:1) mit 2,5 l/ha (70 €).
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