KOMMENTAR
Neue Töne vor der Europawahl
Insgesamt war die Grundsatzrede von der Leyens zur Lage der Europäischen Union deutlich landwirtschafts- und wirtschaftsfreundlicher geprägt als in den Vorjahren. Ein Schelm, der sich Böses dabei denkt – vor allem, wenn man den kürzlichen Weggang von ihrem Vizepräsidenten Frans Timmermans im Hinterkopf hat. Der Niederländer gilt vielen als geistiger Vater des Green Deals.
Und dann ist da ja auch noch die Europawahl, die im nächsten Jahr ansteht. Von der Leyen hat diese zwar nicht explizit erwähnt und auch ihr eigenes Interesse, das Amt als Kommissionspräsidentin weiterhin zu behalten, wurde von ihr nicht ausgesprochen, aber die Schwerpunkte ihrer Ansprache lassen darauf schließen.
Zwar thematisierte sie den Green Deal und die Notwendigkeit des Umwelt- und Klimaschutzes, aber eben auch die Wichtigkeit der Wirtschaft und der Landwirtschaft. Das sind wichtige Themen der christlich-demokratischen und konservativen Parteien in Europa (EVP), denen auch die CDU und damit Ursula von der Leyen angehören. Diese waren von der Arbeit von der Leyens in der Vergangenheit gelinde gesagt enttäuscht. Deutlich zu spüren bekam die Kommissionspräsidentin das in diesem Sommer. Sie hatte ordentlich Gegenwind bekommen, als die EVP versuchte, das strittige Naturwiederherstellungsgesetz zu stoppen. Das hat zwar nicht funktioniert, scheint von der Leyen aber dennoch beeindruckt zu haben.
So ist es nicht verwunderlich, dass sich die CDU-Politikerin inzwischen offen für zum Beispiel das Absenken des Schutzstatus des Wolfes zeigt und sich in ihrer Grundsatzrede zur Lage der Europäischen Union verständnisvoll für die Sorgen und Nöte der Landwirtinnen und Landwirte sowie der Unternehmen zeigt. Ursula von der Leyen braucht die EVP und ihre Unterstützung, um auch zukünftig EU-Kommissionspräsidentin zu bleiben – falls sie dies will.
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