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Wandel braucht neues Denken: Patientin Erde auf der Couch

Gut besucht war der Bauerntag des Landvolkverbandes Lüneburger Heide, der wieder in Präsenz stattfinden konnte.

Landvolkvorsitzender Jochen Oestmann ehrte in der Versammlung den Vorsitzenden des Landvolk-Bezirks Wietzendorf, Heinrich Witthöft mit der Silbernen Ehrennadel. Ebenfalls „Silber“ erhielt Joachim Schoth aus Eickeloh.

Als Mitglied des geschäftsführenden Landvolk-Vorstands stellte Christoph Becker aus Reddingen den Referenten Prof. Brunnhuber vor. Professor Dr. Dr. Stefan Brunnhuber wurde 1962 in Augsburg geboren. Nach KfZ-Mechaniker Lehre, Studium der Medizin, Philosophie und Sozialwissenschaften, Promotion zum Dr. med sowie Dr. rer.soc. MA phil, erfolgte die Facharztausbildung in Psychiatrie und Psychotherapie. Er versprach den Zuhörern einen Helikopterblick auf die Landwirtschaft und erfüllte dies in doppelter Hinsicht. Die akademisch geprägten Betrachtungen bewegten sich gelegentlich auf beträchtlicher Höhe über den Köpfen der Zuhörer, erweiterten allerdings auch die alten, auf wirtschaftliche Effizienz fokussierten Denkmodelle um neue Facetten. „Wir haben bisher zu kurz gedacht“, kommentierte eine Zuhörerin beim anschließenden Gedankenaustausch und traf damit die Stimmung vieler Besucher.

Angefangen hatte Brunnhuber mit einer Ehrenerklärung: „Ohne die Landwirtschaft geht gar nichts – und im Hinblick auf die drängenden Herausforderungen kommt ihr eine hervorragende Rolle zu.“ Nach diesem provokanten Aufschlag rückte Brunnhuber den Planeten Erde in die Rolle eines Patienten. Dessen Zustand nahm er nach den Regeln des Arztes und Psychiaters auf, fällte Diagnosen und entwarf Therapien.

Die äußerlich erkennbaren Symptome für das aus dem Gleichgewicht geratene System der Patientin Erde seien Schocks wie Klimawandel, weltweite Rezession oder auf den Menschen überspringende Tierkrankheiten.

Das innere Bild, was die Patientin von der Wirklichkeit habe und die reale Welt fielen immer weiter auseinander. Um die unbequemen Wahrheiten und Widersprüche auszuhalten, werden Geschichten erzählt, um das Gewissen zu beruhigen. Die Geschichten handeln vom Fortschritt und Wachstum, von der Umverteilung, von erneuerbaren Energien. Aber jedem sei eigentlich klar, dass unendliches Wachstum in einer endlichen Welt nicht möglich ist. Doch es wird immer wieder das Substituts-Argument vorgebracht. Demnach würde zusätzliches Wachstum über eine gesteigerte Produktivität neue Technologien ermöglichen, die effizienter sind und damit den Spielraum des Klimawandels hinauszögern. Das ist aber eine Illusion.

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