HAUS & HOF
„Kein Kuchen ist auch keine Lösung“
Corona wirkt wie ein Brennglas, verschärft Veränderungsprozesse und bedroht die Existenz vieler Betriebe, trotz der versprochenen Wirtschaftshilfen. Schweren Herzens haben sich daher einige Hofgastronomen im Herbst dazu entschlossen, ihre Türen bis zum Ende des Lockdowns ganz zu schließen. Denn ein „Rauf- und Runter- Fahren“ rechnet sich für viele wirtschaftlich nicht. Andere haben verschiedene bestehende Betriebszweige mit der Gastronomie kombiniert, beispielsweise die Vermarktung von Kuchen über den Hofladen. Wieder andere haben Neuland betreten, um mit der Schließung umzugehen.
Neues Format
Familie Wegener vom Hofcafé im Kuhstall in Wunstorf (Region Hannover) hat beispielsweise nach dem ersten Lockdown das Hofcafé-Tortenangebot etwas verkleinert und täglich frisch im Hofladen angeboten. „Zum Verpacken waren unsere sehr hohen Tortenstücke allerdings nicht so geeignet. Kurzerhand haben wir die Rezepte umgearbeitet und Torten auf Blechen produziert“, erklärt Regina Wegener. Jetzt sind die Stücke quadratisch, lassen sich gut verpacken und transportieren. „Unsere Kunden sind begeistert und unsere beiden festangestellten Konditorinnen arbeitsmäßig ausgelastet“, sagt sie. Nur für die Servicemitarbeiter musste sie daher Kurzarbeit anmelden. Für das Team steht fest, das das Kuchen-und Tortenangebot im Hofladen auf jeden Fall auch zukünftig beibehalten wird.
Das Team vom Hofcafé Bruns No2 in Hohnhorst (Landkreis Schaumburg) bietet das Kuchen– und Tortensortiment ebenfalls außer Haus an, allerdings ausschließlich an den Wochenenden. Nach reiflichen Überlegungen, wie das Angebot aussehen sollte, wurden drei Torten ausgewählt, die durch den beliebten Käse- und Schoko-Aprikosenkuchen, Frankfurter Kranz und Adventsstollen sowie fünf verschiedene Kekssorten ergänzt wurden.
Beim Start am ersten Adventswochenende war dann die Nachfrage größer als das Angebot. Es wurden zusätzliche Bestellungen für Torten und Adventsstollen genommen. Kaum verwunderlich, dass die Kekse in der Folge auch im Hofladen angeboten wurden. Ausschlaggebend für den Außer-Haus-Verkauf waren für die Betreiber Gudrun Bruns und Otto Tatge nicht nur die die Auslastung ihrer Konditorin, sondern auch die Möglichkeit, so die Bindung zu ihren Stammkunden aufrecht zu erhalten. „Wir können so wunderbar mit den Gästen in Kontakt bleiben und deren Meinung hören“, sagt Gudrun Bruns. Für sie sei der Außer-Haus-Verkauf allerdings kein Zukunftsmodell, sondern nur eine Coronabedingte Übergangslösung.
Angebot erweitert
Das Hof Café Meutstege in Haren (Landkreis Emsland) hat während des Lockdowns nicht nur das Außer-Haus-Angebot an Torten und Kuchen erweitert, sondern die „Genießer- Frühstücksplatten“ ergänzt. „Wir waren Ostern 2020 frühstücksmäßig ausgebucht. Wir haben daher den angemeldeten Frühstücksgästen angeboten, ihnen Frühstücks-Genießer-Platten mit Wurst oder Käse und vielen kleinen Köstlichkeiten wie beispielsweise Matjestaler, gefüllten Eiern oder Pumpernickel-Ecken zur Abholung zusammenzustellen“, erklärt Markus Meutstege. Dieses Angebot wurde sehr gut angenommen. „Betriebswirtschaftlich gesehen ist es nicht unbedingt das Größte, aber es dient der Kundenbindung und Kundenpflege“, betont er. Er freue sich, dass die Frühstücksplatten zu Weihnachten wieder sehr gefragt waren. Jetzt bieten Meutsteges auch Rouladen, Rindfleischsuppe, Hühnerfrikassee oder Kuchen im Glas zum Mitnehmen an. Außerdem bestücken sie einen Regiomaten in der Nachbarschaft. „Das werden wir beibehalten, denn regionale Produkte direkt vom Erzeuger ohne Umwege, Zwischenverkauf und Zusatz von Geschmacksverstärkern sind gefragt“, erläutert Heuke Meutstege.
Entscheidende Bedeutung messen alle Hofcafé-Betreiber der Werbung und dem Marketing in den Sozialen Netzwerken und dem Internet zu. Auch das Hofcafé Volker in Bad Münder am Deister (Landkreis Hameln-Pyrmont) setzt darauf. „Wir werben damit nicht nur für uns und machen auf unser neues Angebot aufmerksam, sondern wir binden unsere Kunden und gewinnen insbesondere jüngere neu dazu“, erläutert Stefanie Baade-Volker. In ihrem Hofcafé sind neben Wurstwaren, Fruchtaufstrichen, Marmeladen und Suppen seit Corona insbesondere kleinere Torten für Hochzeiten und Geburtstage neu im Angebot. Sie sind bei den Kunden sehr beliebt. Stefanie Baade Volker: „Wir haben seit dem Beginn der Krise viel ausprobiert. Unsere kleineren Torten werden bleiben – auch nach Corona“.
Suppen als Trumpf
Wie sie Hofladen, Hofcafé und das eigene Mitarbeiterteam am besten durch die Krise manövrieren kann, überlegte auch die Familie Holste aus Martfeld (Landkreis Diepholz). Da das Hofcafé zeitweise geschlossen werden musste, rückte der Verkauf über den Hofladen noch mehr in den Mittelpunkt. Dabei wurde die Devise „vom Feld direkt auf den Tisch“ immer mehr zum Programm. Neben dem reichhaltigen Angebot an frischem Obst und Gemüse, Salaten, Kräutern, eingeweckten Gemüsen und Suppen sind seit Corona die saisonalen „Suppen to go“ neu im Angebot. Und sie entwickelten sich zum Renner: Das Team startete im vergangenen Jahr mit einem Suppentag pro Woche, im Laufe dieses Jahres soll das auf zwei bis drei Suppentage pro Woche ausgebaut werden.
Gemäß dem Motto „Kein Kuchen ist auch keine Lösung“ versuchte das Team des Hofcafés LandLeben aus Gilten im Heidekreis ihr Angebot auf die jeweiligen Corona-Richtlinien einzustellen. Zunächst erweiterten sie den Außer-Haus-Kuchenverkauf und das Angebot ihres kleinen Hofladens. Als Mitte Mai 2020 ein Cafébetrieb mit entsprechenden Hygienekonzepten und Abständen wieder möglich war, entstanden zusätzlich zahlreiche Außensitzplätze, die sich über den ganzen Hof verteilen. „Außensitzplätze sind bei den Gästen beliebt, auch dann, wenn es schon etwas kälter wird,“ sagt Annettte Rump. In den Herbst- und Wintermonaten wurden Kekse neu ins Sortiment aufgenommen. Ziel sei es, nach flexiblen und nachhaltigen Lösungen zu suchen, um die Nachfrage und damit den Fortbestand des Cafés zu sichern. „Wir bleiben so mit unseren Kunden im Gespräch und sichern die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter“, bekräftigt Rump.
Kreativ in der Krise
Als „das Jahr mit der größten Achterbahnfahrt seit der Eröffnung“ bezeichnet Carolin Wübbels vom etwas abseits gelegenen Kräuterhof Rosen in Geeste (Landkreis Emsland) das Jahr 2020. Nach dem ersten Lockdown im Frühling und der anschließenden Wiederöffnung des Cafés im Sommer, traf die erneute Schließung ab November das Kräuterhofteam wie alle Hofgastronomen in einer der umsatzstärksten Zeiten des Jahres. Zu dieser Zeit finden im Kräuterhof nicht nur die Naturwerkstätten, der Weihnachtsmarkt und viele Weihnachtsfeiern statt, sondern die Gäste genießen dann auch Glühwein und Flammkuchen am Lagerfeuer.
Wübbels gestaltete das Konzept der Naturwerkstätten, in denen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ihre eigene Weihnachtsdekoration nach Anleitung herstellen, kurzerhand zu einer „Homeoffice-Version“ um. Die Teilnehmer/-innen wählten zunächst ihre Wunschdekoration anhand von Bildern auf der Homepage des Cafés aus. Das Team des Kräuterhofs stellte dann Naturwerkstattboxen zur Abholung zusammen. Darin waren alle nötigen Materialien und ein Link zu einem Anleitungsvideo enthalten. Denn das Team hatte zuvor für jedes Werkstück ein Erklär-Video mit allen Arbeitsschritten erstellt. So konnten die Kunden ihre Weihnachtsdeko gestalten. „Unsere Naturwerkstatt im Homeoffice wurde unglaublich gut angenommen, kurz vor dem ersten Advent stand unser ganzes Café voller abholbereiter Boxen. Und unsere Mitarbeiterinnen, die eigentlich Kuchen und Kekse backen, zählten Tannenzapfen und Kerzen und verpackten wie am Fließband“, erinnert sich Carolin Wübbels.
Und was bleibt nach dem Lockdown von all den spannenden Konzepten? Die Krise schweißt die Teams zusammen, zwingt zur Kreativität. Die Hofcafé-Betreiber probieren aus, beschreiten neue Wege und das ein oder andere Neue wird langfristig bleiben. Es bringt ihnen Sicherheit, den eigenen Betrieb, falls möglich, dauerhaft auf mehrere Säulen zu stellen. Auch und ganz besonders in Krisenzeiten. Zusätzlich sind jetzt schnelle wirtschaftliche Hilfen zwingend notwendig, um die Existenz vieler Hofgastronomen zu sichern. Denn langsam geht einigen die Luft aus. Doch nach dem Lockdown wird viel Neues zu entdecken sein, freuen wir uns darauf.
Adressen
Wir haben folgende Cafés nach ihren Strategien befragt:
- Hofcafé im Kuhstall, Familie Wegener, Leinechaussee 44, 31515 Wunstorf
- Hofcafé Bruns No2, Otto Tatge und Gudrun Bruns, Hauptstraße 25, 31559 Hohnhorst
- Hofcafé Meutstege, Markus und Heike Meutstege, Hebel 28, 49733 Haren (Ems)
- Hofcafé Volker, Stefanie Baade–Volker, Im Oberen Felde 11, 31848 Bad Münder am Deister
- Hof Holste, Familie Holste, Ortende 5, 27327 Martfeld
- Hofcafé LandLeben, Familie Rump + Team, Hauptstraße 44, 29690 Gilten
- Kräuterhof Rosen, Caroline Wübbels + Team, Zum Wald 12, 49744 Geeste
red
Zur Autorin
Beate Langenhorst
Bezirksstelle Emsland
LWK Niedersachsen
Beate.Langenhorst@lwk-niedersachsen.de
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