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Fleißige Weihnachtsbaum-Schafe

Weiße Knäule zwischen grünen Tannen: Die Shropshire-Schafe erledigen die Bodenpflege.

O Tannenbaum, O Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter – nicht nur das bekannte Weihnachtslied huldigt dem immergrünen Nadelbaum, auch auf Gut Uppen in der Hildesheimer Börde ist die Weihnachtsbaum-Passion groß. „Seit 29 Jahren verkaufen wir Blau- und Nordmanntannen aus unseren eigenen Kulturen“, erzählt Dr. Jan Dieckmann stolz. Nächstes Jahr ist Jubiläum. „Das Ganze hat mal als Hobby begonnen und ist zur Nische herangewachsen.“ Denn vorwiegend ist Gut Uppen ein klassischer Ackerbaubetrieb, auf 145 Hektar werden Zuckerrüben, Weizen, Gerste und Raps angebaut.

Tolle Unkrautvernichter

Doch auch eine Nische macht Arbeit, so haben sich Dieckmanns 2008 tierisch wollige Hilfe geholt, in Form von Shropshire-Schafen. Diese ursprünglich aus der englischen Grafschaft Shropshire stammende Rasse übernimmt die Bodenpflege in den Kulturen, frißt das Unkraut und verschont die Weihnachtsbäume, die auf 2,5 Hektar hinterm Hof auf Rasenflächen wachsen. „So in der Theorie“, erzählt der 44-Jährige. „Man kann die Shropies aber auch ganz gut erziehen, sollten sie sich doch mal an den neuen, frischen Setzlingen verbeissen. Dann nehme ich sie kurzzeitig raus aus den Kulturen.“ Gleichzeitig düngen die wolligen Helfer mit ihren Hinterlassenschaften den Boden. „Die Schafe sind die fleißigsten Mitarbeiter“, erzählt der Landwirt schmunzelnd.

Dank ihnen kann er größtenteils auf Pflanzenschutzmittel verzichten und sie „mähen“ dort, wo keiner hinkommt. Zumal der Betrieb in seinen Baumkulturen ohne Maschinen zurechtkommen muss, alles in Handarbeit erledigt. „Somit sind die Schafe für die Fummelarbeit zuständig.“ Das nennt man dann wohl bei so vielen Vorteilen eine Win-win-win-Situation. Dies Jahr flitzten elf Mutterschafe zwischen den Nordmann- und Blautannen umher, fünfzehn wären die Wunschanzahl. „Doch dies Jahr gab es leider keine Lämmer, der Bock hat zum ersten Mal nicht gedeckt.“ Schade. Auch für die Kinder der Umgebung und die, die ihre Eltern beim traditionellen Weihnachtsbaumkauf begleiten und gerne mal einen Blick auf den Nachwuchs werfen.

Auf Gut Uppen ist die Adventszeit eine besondere Zeit. Hier wird der Baumkauf zum gemütlichen Event. „Die Leute können durch unsere Kulturen schlendern und sich ihren Baum selbst schlagen oder wir helfen ihnen“, erzählt Jan Dieckmann. In der angrenzenden Scheune gibt es zu jedem gekauften Baum gratis einen Becher Glühwein, Tee oder Kaffee dazu und die Lebenshilfe Hildesheim verkauft Geschenkartikel, Deko, Vogelhäuser und vieles mehr – und das schon seit über 20 Jahren. Für die Kleinsten ist eine Strohburg zum Spielen aufgebaut. „Die Leute genießen es, einfach mal in der hektischen Vorweihnachtszeit zur Ruhe zu kommen und hier auf dem Hof zu Verweilen“, weiß der Landwirt.

So wichtig wie der Familie diese persönliche Note ist, so selbstverständlich ist es auch für die Dieckmanns, dass alle mit anpacken. Ehefrau Friederike (41), die als Lehrerin an der Michelsen-Schule in Hildesheim arbeitet, ist dabei, Senior Willy (74) ist am liebsten in den Kulturen und hilft beim Fällen, Mutter Ingrid (74) kümmert sich seit eh und je um den Verkauf der Lebenshilfe. Vor der Corona-Pandemie hat die Grundschule aus dem Nachbarort Achtum immer noch einen Waffelverkauf organisiert.

„Für unseren ältesten Sohn Jannik (16), der gerade eine landwirtschaftliche Ausbildung macht, ist es auch selbstverständlich mitzuhelfen.“ Die kleinern Söhne Jonathan (8) und Jesse (7) sind natürlich auch am Start. Schwester Sylvia (53), die eigentlich in Südafrika lebt und sich um die Homepage des Hofes kümmert, hilft mit einem zusätzlich wärmenden Schal ebenfalls mit.

So bleibt der Baum frisch:

  • Den Baum nicht sofort ins Haus stellen, sondern zwei Tage in der Garage/auf der Terrasse „akklimatisieren“ lassen
  • Nach dem Kauf die Tanne sofort aus dem Netz nehmen
  • WeihnachtsbaumStänder regelmäßig mit frischen Wasser auffüllen
  • Achtung Wärme! Baum nicht direkt vor Heizung oder Kachelofen stellen
  • Das Wohnzimmer am besten nicht über 20 Grad temperieren
  • Eine gute Nordmanntanne hält rund 14 Tage

Echter Wohlfühlcharakter

Einige hundert Bäume verkauft die Familie pro Saison, fast alle aus dem eigenen Anbau, nur ein paar holen sie regional dazu. Regionalität und Frische plus Wohlfühlcharakter ist das Markenzeichen von Gut Uppen. Auch Extras wie den Baum für den Ständer anspitzen oder ein Plausch mit dem Landwirt gehören dazu. „Oft kommen Fragen zum Thema Pflanzenschutz, da nehme ich mir gerne Zeit und kläre auf“, sagt Jan Dieckmann.

So haben sie sich über die Jahre einen relativ konstanten Kundenstamm aufgebaut, „die meisten kommen jedes Jahr wieder, weil ihnen das Konzept gefällt, weil sie einen regionalen Baum möchten, weil ihnen der ökologische Fußabdruck immer wichtiger wird.“ So gab es auch im letzten Corona-Jahr keine Umsatz-Einbrüche, im Gegenteil, die Kundinnen und Kunden waren großzügiger. Lediglich Getränke und Waffeln wanderten nicht über den Tresen. Wie dies Jahr die Verköstigung aussehen wird, muss wegen den Coronabestimmungen kurzfristig entschieden werden.

Was der Vater anfing, führt der Sohn fort: Jan Dieckmann (li.) und Senior Willy, der sich am liebsten in den Kulturen aufhält, begutachten die diesjährigen Nordmanntannen.

Auffällig ist, dass der Verkauf immer früher im Jahr beginnt, viele wollen schon im Advent ihren Weihnachtsbaum in die Stube stellen. Ansonsten ist alles konstant: Die beliebtesten Tannengrößen sind zwischen 1,60 bis 2,50 Meter, was sich natürlich nach der Deckenhöhe richtet. Große XXL-Exemplare beauftragen ab und zu Kirchen oder Geschäfte. Um die gängige Größe von rund zwei Metern zu erreichen, hat ein Baum schon ein paar Jahre auf dem Buckel. „Im Schnitt 13 Jahre“, so Jan Dieckmann. Was auch daran liegt, dass die Pararendzina (kalkhaltiger Boden) am Rand der Hildesheimer Börde nicht der optimale Standort für eine Weihnachtsbaumplantage ist, „somit wachsen sie hier im Schnitt zwei Jahre langsamer als an einem guten Standort.“

Favorit Nordmanntanne

Absoluter Verbraucherliebling ist weiterhin die nicht pieksende Nordmanntanne, obwohl die Blautanne der stabilere Baum ist und zusätzlich auch noch herrlich duftet. Aber sie wächst schlechter und lässt sich nicht gut in Form schneiden. „Bei einer Nordmanntanne kann man mit einer Top-Stopp-Zange und Rosenschere die Triebe so regulieren, dass es auf jeden Fall ein schöner Baum wird“, so Jan Dieckmann. „Da kann man nicht viel falsch machen.“

Vieles kann man aber auch nicht beeinflussen, zum Beispiel das Wetter. Bei Trockenheit oder Frost kann es schon mal sein, dass es 40 bis 50 Prozent Ausfälle bei den Neuanpflanzungen gibt. Oder wenn sich ein Vogel auf einen frischen Trieb setzt – als dreijährige Stecklinge werden die Bäumchen von einer Baumschule gekauft – und die Spitze abknickt. „Das ist halt Natur, da muss man Perfektion Perfektion sein lassen. Viele Kunden kaufen Bäume, die ich am liebsten aussortiert hätte. Aber ihnen gefällt gerade der, weil die lichte Seite so gut in eine Ecke passt.“ Und da Angebot und Nachfrage den Preis bestimmen, liegt die Nordmanntanne bei 20 Euro pro Meter und die Blautanne bei rund 15 Euro pro Meter.

Bleibt nur eine Abschlussfrage: Wie sieht der private Weihnachtsbaum eines Weihnachtsbaumerzeuger aus? Jan Dieckmann erzählt lächelnd: „Wir haben noch einen ganz alten Christbaumständer mit Spieluhr, der sich dreht. Dafür ist es etwas schwierig eine Blautanne zu finden, die darf nicht zu groß, zu schwer usw. sein. So suchen wir schon früh eine aus und markieren sie mit mit: Finger weg! Baum vom Chef. Meine Frau schmückt den Baum im Wohnzimmer mit echten Kerzen und die Kinder bekommen ihn erst am 24. Dezember als Überraschung zu sehen.“

  • Der tägliche Baumverkauf geht vom 4. bis zum 24. Dezember.
  • Weitere Infos unter: www.gut-uppen.de

Steckbrief: Shropshire-Schafe

  • Alte Hausschafrasse aus dem Gebiet Shropshire (England)
  • Seit 1859 als Rasse anerkannt
  • Mittelgroßes Fleischschaf ohne Hörner
  • Reinweißer Vlies, unbehaarte Körperteile sind dunkelbraun
  • Robuste Kondition
  • Ein Schaf liefert jährlich 2,5 bis 3,5 kg Wolle
  • Böcke: bis 80 cm groß und 120 kg schwer
  • Mutterschaf: bis 75 cm groß und 85 kg schwer
  • Es gibt zwei Zuchtlinien: Die englische ist langbeiniger und beweglicher; die dänische hat einen größeren Kopf und Wolle im Gesicht
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