Pferd und Rind langsam umstellen
Der Weideaustrieb und der damit zusammenhängende Futterwechsel bedeuten aus ernährungsphysiologischer Sicht Stress für die Tiere. Problematisch sind im Vergleich zur konstanten Winterration die sich ständig ändernde Nährstoffzusammensetzung des Grases und die nicht vorhersagbaren Verzehrsmengen.
Ein abrupter Futterwechsel hin zu ausschließlich jungem Weidegras führt aufgrund der hohen Verdaulichkeit, der hohen Zucker- und Proteingehalte und des geringen Rohfasergehaltes im Gras nicht selten zu Verdauungs- und Stoffwechselstörungen. Je nach Witterung und Pflanzenbestand verändern sich Verdaulichkeit, Energie-, Rohprotein- und Rohfasergehalt.
Um Pansenfunktionsstörungen und Milchleistungsverluste beim Milchvieh zu vermeiden, sollten die Kühe zumindest für eine Zeit von zwei bis drei Wochen nur stundenweise geweidet werden. In dieser Zeit müssen sich das Pansenmilieu und vor allem die Pansenmikroben auf die neue Fütterungssituation einstellen. Nach dieser Umstellungszeit wird dann die Stallration schrittweise mit zunehmendem Graswachstum und damit steigendem Anteil an der Gesamtration reduziert.
Überangebot
Das Überangebot an Protein läßt sich, wenn auch nur bedingt, mit der Verfütterung von Maissilage oder von Milchleistungsfutter mit höheren Anteilen an pansenstabiler Stärke ausgleichen. Weiterhin sollte darauf geachtet werden, dass das Milchleistungsfutter einen negativen RNB-Wert aufweist, da der Pansen ohnehin mit zuviel Stickstoffverbindungen versorgt wird, die von der Leber entsorgt werden müssen.
Hoher Zuckergehalt und hohe Verdaulichkeit sowie der geringe Strukturwert von jungem Weidegras können vor allem bei hohen Kraftfuttergaben zu Fermentationsstörungen und zur Pansenübersäuerung führen. Daher ist unbedingt ein Ausgleich mit gut strukturiertem rohfaserreichem Grundfutter, wie zum Beispiel Anwelksilage, Heu oder Futterstroh zu schaffen.
Auch die Darmflora der Pferde muss in den ersten vier Wochen sehr vorsichtig auf die Futterumstellung vorbereitet werden. Eine hohe Rauhfutteraufnahme ist bei Pferden in den ersten Wochen des Anweidens von entscheidener Bedeutung. Neben einer hohen Raufutteraufnahme sollte die Kraftfutterzufuhr bei Weidegang reduziert werden. Die Kombination von Kraftfutter und eiweißreichem strukturarmen Gras kann schnell zu Stoffwechselstörungen führen.
Weideverhalten
Die Zusammensetzung des Pflanzenbestandes der Weiden ist nicht statisch, sondern dynamischen Prozessen unterworfen. Das Weidetier selbst, egal ob Rind, Pferd, Schaf, Ziege oder Damwild hat, in Abhängigkeit von der Besatzstärke, der Weidedauer und der Weideform, maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Pflanzenbestandes.
Dabei spielen das tierartspezifische Lauf- und Fressverhalten, die Anatomie und das Körpergewicht der Tiere eine wesentliche Rolle. Insgesamt haben wir es mit sehr komplexen Einflüssen und Wechselwirkungen zu tun. Dazu gehören unter anderem Standortfaktoren, Nutzungs- und Pflegemaßnahmen, Düngung, aber auch die Jahres-witterung, die die Qualität, die botanische Zusammensetzung und die funktionelle Eignung als Weide beeinflussen.
Vor allem das Weide- und Laufverhalten der Pferde hat entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung und damit langfristig auf die Eignung der Weide als Futtergrundlage. Pferde zeigen zum einen ein mehr oder weniger stark selektives Fressverhalten. Besonders gern werden junge Gräser, Weißklee und schmackhafte Kräuter im jungen Zustand gefressen. Ihre Zahnanatomie erlaubt es Pferden zudem, die bevorzugten Arten tief, mitunter bis zum Boden, zu verbeißen. Weniger schmackhafte Pflanzenarten oder überständige Gräser und Kräuter werden meist gemieden.
Während Rinder Gräser nur bis zu einer Pflanzenhöhe von etwa 3 cm abfressen, können Pferde Pflanzen bis unmittelbar über dem Boden verbeißen. Bei so tiefem Verbiss wird bei den schmackhaften Futtergräsern auch der Teilbereich abgefressen, in dem ein Großteil der Nährstoffe eingelagert wird, die für die Regeneration der Gräser erforderlich sind. Je häufiger Gräser während der Vegetationszeit sehr tief verbissen werden, desto stärker sind diese gestresst, regenerieren langsamer und sind dadurch weniger konkurrenzfähig gegenüber weniger schmackhaften Pflanzenarten.
Trockenheit
Insbesondere unter trockenen Bedingungen können regelmäßig tief verbissene Gräser auch ganz absterben oder sie werden zunehmend von Problemunkräutern verdrängt. Als Folge dieser Überbeweidung treten dann verstärkt Pflanzenarten bzw. Pflanzengesellschaften auf, die an einen intensiven Verbiss und Tritt bestens angepasst sind. Typische Zeigerpflanzen einer sogenannten Trittrasengesellschaft sind Breitwegerich, Gänseblümchen, Vogelknöterich, Jährige Rispe, Gänsefingerkraut oder Strahlenlose Kamille. Auch der stark licht- und weidebedürftige Weißklee ist bestens an häufigen und intensiven Verbiss angepasst und kann so im Laufe der Zeit unerwünscht hohe Ertragsanteile einnehmen. In entstehende Lücken können sich ebenso vermehrt der Stumpfblättrige Ampfer oder auf etwas trockenen Standorten das giftige Jakobskreuzkraut ansiedeln.
Solche Entwicklungen sind typisch für wenig gepflegte Weiden, die stark überbeweidet wurden (Verweis auf Foto). Das Koppelweideverfahren, bei dem ein regelmäßiger Wechsel von Weideflächen stattfindet oder günstigenfalls ein Wechsel von Schnitt- und Weidenutzung möglich ist, kann negativen Bestandsentwicklungen sehr effektiv entgegenwirken. Damit wird wertvollen Futtergräsern immer wieder ausreichend Zeit zur Regeneration gegeben. Durch die Nachmahd bzw. das Nachmulchen werden zudem Unkräuter geschwächt und, bei rechtzeitiger Maßnahme, deren Aussamen verhindert.
Kunst der Weideführung
Die Kunst der Weideführung besteht in der richtigen Zuteilung von Fläche je Tier bei angepasster Weidedauer (Tabelle). Dabei ist das passende Weidesystem von der Herdengröße und Flächenausstattung abhängig zu machen. Betriebe mit wenig Fläche je Tier kommen nicht um Portions- oder Umtriebsweiden herum, wenn es ganzjährig etwas zu beißen geben soll. Dabei sollte die täglich zugeteilte Fläche groß genug sein, um eine Überbeanspruchung zu vermeiden. Umtriebsweiden sind bei Aufwuchshöhen von 4 bis 5 cm zu wechseln. Günstige Aufwuchshöhen bei Auftrieb liegen zwischen 10 bis 15 cm. Voraussetzung für eine geregelte Weideführung ist ein Flächenangebot von etwa 0,25 ha je Pferd (bei Tagesweide) bis 0,5 ha/Pferd.
Weidehygiene
Die Einhaltung weidehygienischer Aspekte spielt im Rahmen der Parasitenprophylaxe eine entscheidende Rolle. Weideparasiten beeinträchtigen Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Weidetiere, die besonders in nassen Jahren auftreten können. Feuchtbiotope, als beliebte Brutstätte für Weideparasiten, sind konsequent, auch wegen des vermehrten Auftretens schädlicher Pflanzen, auszuzäunen. Eine regelmäßige Schnittnutzung mindert die Ansteckung mit parasitären Larven. Aus diesem Grund ist ein Wechsel von Weide- und Schnittnutzung vorteilhaft.
Die Aufnahme des Tränkewassers aus Gräben erhöht das Infektionsrisiko der Tiere mit Parasiten und anderen Krankheitskeimen um ein Vielfaches.
Fazit
- Der frühe Start in die Weidesaison mit Beginn der Vegetationsperiode bietet viele Vorteile bei Einhaltung ernährungsphysiologischer, tiergerechter und pflanzenbestandsregulierender Aspekte.
- Ein langsames Anweiden über drei bis vier Wochen sollte bei ausreichendem Strukturausgleich durch hochwertiges Heu, Futterstroh und bedarfsangepasste Zufütterung durch Kraftfutter beachtet werden.
- Weidetiere haben in Abhängigkeit von der Besatzstärke, der Weidedauer und der Weideform erheblichen Einfluss auf die Eintwicklung des Pflanzenbestandes. Eine Überweidung sollte unbedingt vermieden werden.
Damit die Hufrehe in Ihrem Stall nicht zu einem Dauerproblem wird
Besonders wichtig ist zu Beginn der Weidesaison ein langsamer Übergang von der Stallfütterung auf die mehrstündige Tages-Weide. Neben der Gefahr von Koliken infolge zu geringer Rohfasergehalte bei zu schnellem Anweiden, beeinflussen Menge und Zusammensetzung des Weidefutters auch deren Gehalt an Eiweiß und leicht löslichen Kohlenhydraten. Zu den Kohlehydraten zählen auch die Fruktane, welche zu den Mehrfachzuckern gehören. Fruktane können für die häufig auf Frühjahrsweiden auftretende, fütterungsbedingte Hufrehe beim Pferd verantwortlich sein.
Folgendes sollte in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden:
- Der erste Aufwuchs, bei Weidenutzung auch mehrere hintereinander folgende Frühjahrsaufwüchse, enthalten mehr Fruktan als die späteren Sommer- und Herbstaufwüchse, unabhängig der Grasart.
- Der Fruktangehalt ist umso höher, je intensiver die Globalstrahlung und je tiefer die Nachttemperaturen sind.
- Abgeweidete Pferdeweiden und Mahdflächen weisen in den verbliebenen Restaufwüchsen höhere Fruktangehalte auf als blattreicheres Futter, denn Fruktan reichert sich vorwiegend in der Stängelbasis an. Zwischen einer vorangegangenen Schnitt- oder Weidenutzung und dem Wiederauftrieb der Pferde sollte so lange gewartet werden, bis das Gras eine Wuchshöhe von etwa 10 cm erreicht hat, da der Fruktangehalt aufgrund des Verdünnungseffektes im Mittel innerhalb des Halmes abnimmt. Folglich steigt die Gefahr der Hufreheerkrankung bei Weidegang auf frisch abgemähten Flächen.
- Artspezifische Unterschiede im Fruktangehalt der Gräser sind vorhanden. Weidelgräser enthalten in der Regel höhere Fruktangehalte als andere Grasarten. Der Weidelgrasanteil in Ansaatmischungen sollte eher gering sein und 30 % nicht übersteigen. Durch entsprechende Formulierung der Ansaatmischung für Pferdeweiden kann der Hufreheerkrankung bei gesunden Pferden im gewissen Maße vorgebeugt werden, aber:
- Hufreheprophylaxe, bei bereits an Hufrehe erkrankten Tieren, kann nur mit einem strengen Fütterungs- und Weidereglement bis hin zum totalen Weideverbot einhergehen.
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