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Ganz leicht säen

Hinter dem Einachsschlepper läuft ein Eigenbau auf der Basis einer kleinen Kartoffellegemaschine

Die Wiederbestockung der großen Kalamitätsflächen der letzten Jahre wird gewaltige Kraftanstrengungen kosten – vor allem dann, wenn die Wälder zugleich klimastabil umgebaut werden sollen. Unter den heimischen Baumarten gilt die Eiche als ein Hoffnungsträger, weil sie mit Hitze und Trockenheit scheinbar gut zurecht kommt. Ein probates Vorgehen zur Kulturbegründung ist schon lange die Eichensaat, vor allem in Mastjahren. Dafür haben sich allerhand moderne und effektive Methoden herausgebildet, die jedoch häufig mit intensivem Maschineneinsatz verbunden sind, Schlagräumung, zum Teil Mulchen oder sogar Vollumbruch. All das ist mit mehr oder weniger flächiger Befahrung der Bestände verbunden. Die gilt beim Forest Stewardship Council (FSC) in Deutschland jedoch aus Bodenschutzgründen als Tabu. Den Wortlaut des aktuellen FSC-Standards dazu finden Sie in unserem Textkasten unten.

Die Herausforderungen

Alleine am hessischen Forstamt Frankenberg (das sicher noch nicht zu den am schwersten betroffenen Betrieben in Deutschland zählt) rechnet der Forstamtsleiter Andreas Schmitt mit rund 2 500 ha, die in den nächsten Jahren wieder bestockt werden müssen, entweder weil die Altbestände jetzt schon durch Sturm, Trockenheit und Borkenkäfer zerstört, oder so in Mitleidenschaft gezogen sind, dass dies absehbar ist. Das sind Größenordnungen, die mit den bisher üblichen Verjüngungsgängen im Forst überhaupt nicht mehr vergleichbar sind. Der Staatswald des Landesbetriebs HessenForst ist aber seit einigen Jahren ebenfalls nach FSC zertifiziert und muss entsprechend sorgsam bewirtschaftet werden.

Wie sollen wir die Wiederbewaldungsflächen in den kommenden Jahren schaffen?

Zusammen mit dem ortsansässigen Lohnunternehmen Waßmuth hat das Forstamt darum ein Gerät ersonnen, mit dem die maschinelle Saat FSC-konform durchgeführt werden soll Neben den bereits genannten Vorgaben zum Bodenschutz sollte die Methode auch zur Kostenersparnis beitragen, indem man generell auf eine umfangreiche Schlagräumung verzichten kann und den Saatgutverbrauch möglichst gering hält. Außerdem sollte die Maschine selbst in vergleichsweise eng stehenden Beständen einsetzbar sein, weil das Forstamt zum Teil bewusst eine Art Voranbau unter den abgängigen Bäumen betreiben will. Entsprechend schmal sollte die Konstruktion ausfallen.

Versuchsträger

Blick von hinten unter den Prototypen: Die Räumscheiben ziehen den Rohhumus ab. Die Doppelscheibe der Saat-Schar öffnet die Saatrille und zum Schluss kommt das Spornrad zum Andrücken der Überdeckung

Zugegebenermaßen sieht die Lösung noch etwas selbstgebastelt aus, die uns die beiden Konstrukteure Mario Waßmuth und sein Mitarbeiter David Vial in diesen Tagen im Wald vorgeführt haben. Das ist nun mal so bei einem Prototypen, der nach ihren Angaben auch noch nicht fertig entwickelt ist. Die Basis bildet eine kleine Kartoffel-Legemaschine, die es so in Polen noch zu kaufen gibt. Doch davon ist außer dem Vorratsbehälter nicht mehr allzuviel erkennbar. Hinter der Zugmaschine, einem Einachsschlepper Köppl Gekko, laufen in dem Rahmen aus Rechteckprofilen zunächst ein Paar großer Räumscheiben aus einer Egge, die den Rohhumus abziehen sollen. In die nachfolgenden Doppelscheiben-Saat-Schar, die einen schmalen Spalt öffnet, fallen in definierten Abständen einzelne Eicheln. Die gezielte Vereinzelung bewirkt die Förderkette mit ihren kleinen Bechern, von der die Eicheln in das Fallrohr geschaufelt werden.

Hinten dran drückt ein konkaves Spornrad das Saatbett an und formt dabei einen kleinen Hügel. Ganz oben auf der Maschine sitzt noch ein weiterer Saatgutbehälter aus gelbem Kunststoff. Der gehört zu einem pneumatischen Sä-Aggregat. Durch die vier Schläuche, die davon abgehen, lässt sich auch ein Nebenbestand aus z.B. Birke oder Eberesche im selben Arbeitsgang ausbringen. Die gesamte Konstruktion ist höhenverstellbar im Hauptrahmen aufgehängt. Während der Arbeit sind die hinteren Räder im Prinzip völlig entlastet und dienen nur als „Stützräder“, damit das Gerät nicht umkippen kann. Das gesamte Gewicht, rund 200 kg für die Maschine und bis zu 150 kg Saatgut, wird bei hartem Boden als Andruckkraft benötigt, damit die gewünschte Saattiefe erreicht wird. Vorherige Versuche mit einer Pflugschar sind gescheitert. Damit blieb das Gerät viel zu oft an starken Wurzeln oder Stöcken hängen. Mit der neuen Konstrution lassen sich diese leichter überfahren.

Manchmal muss die Arbeitseinheit aber doch ausgehoben werden. Dafür musste ein elektrischer Linearmotor eingebaut werden, weil der Einachser keine externe Hydraulik hat. Damit gibt es aber auch kein Risiko von Öllecks im Bestand. Der Köppl Gekko kann seine Achse zur Schwerpunktverlagerung 30cm verschieben und wird mit einer Fernsteuerung bedient. Damit das 300 kg leichte Gefährt überhaupt genügend Traktion aufbringt, mussten die breitesten Stachelwalzen installiert werden, die der Hersteller dafür im Angebot hat. Damit wurde die Antriebseinheit leider eine ganze Ecke breiter als der Rest der Maschine und muss ab und zu zwischen den Bäumen hindurchjongliert werden.

Die Förderkette für die Eicheln dient auch gleichzeitig zur Vereinzelung

Hinter der Sämaschine entsteht ein sauberer kleiner Wall mit dem Saatbett

Erfolgreiche Saaten

David Vial und Mario Waßmuth haben die Sämaschine entwickelt

Im vergangenen Herbst konnten im Forstamt Frankenberg mit diesem Gerät schon einige Hektar Eichenkulturen angelegt und damit die Früchte des Mastjahrs sinnvoll ausgenutzt werden. Im Vergleich zu üblichen Ausbringungsmengen geht die Waßmuth-Maschine – noch hat sie keinen echten Namen – sehr sparsam mit dem Saatgut um, weil alle 15 cm nur eine Eichel gelegt wird. 200 bis 400 kg/ha sind das. Für die bayerische Standardmenge von 500 kg/ha müsste man schon ziemlich viele Spuren ziehen. Das hat noch einen Zusatzvorteil: Bei Schimmelbefall oder Schwarzfäule stecken sich die Keimlinge untereinander viel weniger an.

Aufgedeckt: Hier sieht man schön, wie die Eicheln in regelmäßigen Abständen abgelegt wurden

Die Firma Waßmuth verrechnet das System derzeit mit 250 € je Stunde. Neben dem Maschinenführer ist darin noch ein zweiter Mann enthalten, der vorneweg grob die Fahrspur von Ästen räumt. Mehr Vorbereitung ist meistens nicht nötig. Die Tagesleistung liegt zwischen einem und zwei Hektar, die Systemkosten demnach bei 1 000 bis 2 000 €/ha. Das ist durchaus konkurrenzfähig (vgl. Beitrag „Erfolgreich säen“ in F&T 12/2020) Das Konzept hat also auf jeden Fall Potenzial. Zugleich ist es auch noch nicht ausgereizt.

Nächste Schritte

Waßmuth und Vial wollen die Anwendungsmöglichkeiten nämlich noch weiter ausbauen. Derzeit ist die Übersetzung der Vereinzelung und damit der Abstand in der Reihe durch das Ritzel am Spornrad fix vorgegeben. Das möchten sie variabel gestalten. Daneben sollen die Mitnehmer-Becher der Förderkette austauschbar werden, damit auch kleinere Sämereien – bis hinunter zur Tanne – ausgebracht werden können. Die Abrechnung der Dienstleistung soll zukünftig nicht mehr nach Zeit, sondern nach eingesäten Laufmetern erfolgen. Doch auch das erfordert noch ein wenig Entwicklungsarbeit.

Bei der Praxisvorführung im Wald hatten wir spontan die Überlegung, anstelle des Einachsers eine kleine Raupe wie beispielsweise die Niko R38 vorzuspannen, die aus unserer Sicht eine bessere Traktion bieten kann, ohne den Boden stärker zu beeinträchtigen.

Diskussion

Doch hier spricht der FSC-Standard im Prinzip eine ganz klare Sprache: Raupenfahrzeuge sind tabu. Der Einsatz von einachsigen Maschinen gilt dagegen nicht als Befahrung im Sinne des FSC-Standards. Ganz streng genommen ist aber auch die vorliegende Maschinenkombination kein einachsiges Gerät mehr. Zumindest fährt es bis zum Arbeitsort auf vier Rädern. Zugleich folgt die Konstruktion aus unserer Sicht dennoch klar der Idee hinter den Regelungen des Zertifizierungsstandards: der bestmöglichen Bodenschonung.

Auf Nachfrage bei der Geschäftsstelle von FSC Deutschland wurde uns bestätigt, dass dazu schon seit einiger Zeit eine Diskussion auch innerhalb der Kammern im Gange ist. Man sei sich durchaus dessen bewusst, dass der Standard zu einer Zeit entstanden ist, da man mit den aktuellen Entwicklungen in den Wäldern und insbesondere mit derart gewaltigen Kalamitätsflächen noch nicht gerechnet hat. Nicht zuletzt sind ja auch die Annahmen zur natürlichen Vegetation möglicherweise gar nicht mehr auf dem neuesten Stand, wenn man in Teilen von Deutschland auch schon befürchten muss, dass die Buche das nächste Opfer des Klimawandels wird. Zugleich muss man natürlich feststellen, dass Änderungen im Standard immer umfangreiche Abstimmungsrunden durchlaufen müssen und dementsprechend lange dauern.

Wir dürfen also gespannt sein, welche Anpassungen zum Technikeinsatz beim FSC in nächster Zeit kommen werden.

Normalerweise arbeitet das Lohnunternehmen Waßmuth in Frankenberg/Eder eher mit größeren Maschinen

Die offiziellen FSC-Vorgaben

Im aktuellen deutschen FSC-Standard 3.0 lauten die Regelungen zur Befahrung wie folgt:

10.10.12: Eine Befahrung abseits der Erschließungssysteme ist nur zulässig, wenn alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Dichte Rohhumusauflage verhindert die Verjüngung.
  • Für das Ausbleiben der Verjüngung ist nicht der Wildverbiss ursächlich.
  • Es ist sichergestellt, dass der Verjüngungserfolg nicht durch Wildverbiss gefährdet wird.
  • Alternative Verfahren, z.B. Pferdeeinsatz, sind technisch nicht möglich oder finanziell nicht zumutbar.
  • Es wird möglichst wenig Waldboden befahren.
  • Bodenschäden werden durch geeignete Technik und geeigneten Zeitpunkt der Befahrung minimiert.

Die Befahrung selbst wird im Anhang definiert als: „Das Befahren von Fahrzeugen mit Eigenantrieb und mehr als einer Achse bzw. mit Ketten.“

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