Zum Sonntag

Ein Dreiklang von oben

Josef Steindlmüller, Olching

19. Mai 2022

Betrachtung Wir ackern für Braugerste“ – so stand es auf einem Schild, das ich neulich am Feldrand gesehen habe. Diesen Slogan fand ich sehr originell. Denn auf dem Feld wird ja im wahrsten Sinn des Wortes geackert. Hundert Meter weiter war ein Werbeplakat des örtlichen Burschenvereins, der für das Maibaumaufstellen mit Ausschank warb. Hier wird für die Braugerste geackert, dort wird das Ergebnis genossen – so schoss es mir durch den Kopf. Und ich dachte mir, wenn die Leute dann anstoßen und das Bier schmeckt, dann erinnert man sich vielleicht dran, wie hart Bauern und Brauer dafür arbeiten mussten. Man ist dankbar für das Lebensmittel. Die Lebensmittel sind ein Produkt der Erde, der menschlichen Arbeit und des Segens von oben. Dieser Dreiklang macht sie so wertvoll und kostbar.

Die drei Tage vor Christi Himmelfahrt werden in der katholischen Kirche als Bitttage begangen. Mit Bittgängen, Andachten und dem Wettersegen wird dabei um ein gutes Gedeihen der Früchte der Erde gebetet. Wenn man beim Bittgang über die Felder geht, sieht man die Aussaat, die gerade am Wachsen und Reifen ist. Die Bäuerinnen und Bauern können also schon jetzt auf ihre Arbeit zurückblicken. Indem wir Gott um eine gute Ernte bitten, erinnern wir uns daran, dass nicht alles in unserer Hand liegt und die Früchte der Erde ein Geschenk sind. Wir bitten Gott auch darum, dass er uns die Kraft und die Gesundheit zum Ackern gibt. So soll der Bittgang dann zu einem hoffnungsvollen Blick führen und die Vorfreude auf die Ernte wecken.

Während meiner Zeit als Kaplan in Dachau hat mich einmal ein Bauer gebeten, den Wettersegen nicht zu vergessen. Er sei ihm sehr wichtig. Er habe zwar eine Versicherung, möchte den Herrgott aber um ein gutes Wetter bitten. Denn es sei erfüllender, wenn er im Herbst die Ernte einfahren könne. Der Wettersegen ist zwar kein Automatismus, aber die Begründung fand ich gut: Es erfüllt mehr, die Ernte einfahren zu können.

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