Eisen im Auge behalten
Ferkel brauchen in den ersten Lebenstage zusätzliches Eisen – das ist nicht neu –, aber Eisen ist nicht gleich Eisen. Es gibt verschiedene Formulierungen und es kann per Injektion oder oral verabreicht werden. Zunehmend wird auch diskutiert, ob die einmalige Eisengabe nach der Geburt ausreicht, um die Ferkel sicher bis zum Absetzen zu versorgen. Denn gerade bei den sehr frohwüchsigen Genetiken besteht das Risiko einer Eisenlücke noch vor dem Absetzen. Es gilt also rund um die Eisengabe einiges zu beachten.
Auf den Punkt
- Ferkel werden mit einem Eisendefizit geboren, das ausgeglichen werden muss.
- Ob die Tiere optimal versorgt sind, lässt sich mithilfe von Blutproben beim Absetzen klären.
- Anhand des Hämoglobinstatus kann die Eisengabe optimiert werden.
Mit Eisendefizit geboren
Zunächst einige Fakten, warum die zusätzliche Eisengabe für die Ferkel so essenziell ist: Eisen ist ein wichtiger Bestandteil des sauerstoffbindenden Blutfarbstoffs Hämoglobin, des Muskelproteins Myoglobin und eisenhaltiger Enzyme. Eisenmangel führt zu Anämie (Blutarmut), verminderter Krankheitsresistenz (verschlechterte Immunabwehr) und infolge eines geringeren Wachstums zu Leistungsdepressionen.
Bei einer Anämie sind anfänglich die Schleimhäute blass, im weiteren Verlauf das komplette Ferkel. Die Tiere ermüden schnell und zeigen eine erhöhte Atemfrequenz. Bei länger andauernder, hochgradiger Anämie nehmen die Ferkel deutlich weniger zu, sind apathisch und haben ein rauhes Haarkleid. Die Schleimhäute sind in diesen Fällen porzellanfarbig und die Tiere sind anfälliger für Infektionen.Ferkel werden mit einer sehr geringen Eisenreserve (50 bis 60 mg) geboren, wobei dieser Wert von Wurf zu Wurf und von Ferkel zu Ferkel schwankt. Da die Saugferkel durch ihr intensives Wachstum viel Hämoglobin, Myoglobin und andere eisenhaltige Enzyme bilden, liegt der tägliche Bedarf der Tiere bei etwa 11 mg.
Der Eisengehalt der Sauenmilch ist relativ niedrig, sodass die Ferkel hierdurch gerade einmal 1 mg am Tag aufnehmen können. Dies führt zu einem Defizit von rund 10 mg. Alle Versuche, die Eisenversorgung der Ferkel über die Fütterung der Sauen während der Trächtigkeit und Laktation zu verbessern, waren bisher erfolglos.
Es ist sinnvoll, den Hämoglobingehalt der Ferkel beim Absetzen zu kontrollieren.
Dr. Torsten Pabst
Tierarzt
Der geringe Eisenwert in der Milch ist als natürlicher Schutzmechanismus zu sehen, da Bakterien Eisen für ihren Stoffwechsel brauchen und sich somit eher im Gesäuge vermehren könnten. In der freien Natur können die Frischlinge im Waldboden wühlen und nehmen somit pro Gramm Erde 5 bis 35 mg Eisen auf. Dies ist den Ferkeln in der konventionellen Schweinehaltung nicht möglich. Eine zusätzliche Gabe von Torf kann hier Abhilfe schaffen, ist jedoch teils aus hygienischen Gründen zu hinterfragen.
Aufgrund der geringen körpereigenen Eisenreserve und des täglichen hohen Bedarfs kommen die meisten Ferkel also um den dritten bis fünften Lebenstag in ein Eisendefizit, sodass eine externe Eisengabe angesagt ist. Der Eisenbedarf eines Ferkels liegt bis zum 28. Lebenstag bei 250 g Tageszunahmen bei 280 mg.
Verschiedene Präparate
Für die zusätzliche Eisengabe gibt es eine Reihe von Präparaten, die per Injektion oder oral verabreicht werden (siehe Tabelle „Diese Eisenpräparate sind auf dem Markt verfügbar“). Da Eisen in rein ionisierter Form toxisch ist, werden Eisenpräparate als Eisendextran oder als Gleptoferron eingesetzt. In der Vergangenheit sind verschiedene, oral zu verabreichende Mittel auf den Markt gekommen. Untersuchungen zeigen, dass die Art des Verabreichens keinen Einfluss auf die Aufnahme des Eisens hat. Der Vorteil der oralen Gabe ist, dass keine zusätzliche Injektion durchgeführt werden muss.
Orale Eisenpräparate fördern allerdings das Wachstum von Durchfallerregern und können damit in Betrieben mit Durchfallproblemen das Krankheitsgeschehen forcieren. Injektionspräparate haben zudem den Vorteil, dass das Eisen sicherer dosiert werden kann.
Hämoglobinwerte kontrollieren
Der Eisenbedarf ist abhängig von der Genetik und dem Wachstumspotenzial der Ferkel. Ob die Tiere optimal mit Eisen versorgt sind, kann mithilfe von Blutproben zum Absetzen geklärt werden. Hierbei spielt der Hämoglobingehalt eine entscheidende Rolle. Er sollte bei einer normalen Versorgung bei über 10 g/dl liegen (siehe Tabelle „Eisenmangel und seine Folgen“).
In der Regel wird den Ferkeln eine einmalige Eisengabe von 200 mg am dritten Lebenstag gegeben. In letzter Zeit wird bei frohwüchsigen Ferkeln ab 5 kg vor dem Absetzen berichtet, dass sie in eine Eisenlücke (Iron Gap) laufen, wenn sie nur einmal mit Eisen versorgt wurden.
Dies führt zu einer geringeren Hämoglobinkonzentration, was sich auf die spätere Aufzucht auswirkt. Hier kommt es in Folge zu geringeren Tageszunahmen und die Tiere sind anfälliger für Infektionen. Der Hämoglobinstatus zum Zeitpunkt des Absetzens gibt Hinweise, ob die Ferkel ein- oder zweimal mit Eisen versorgt werden müssen, und welche Dosis erforderlich ist. Denn es ist auch darauf zu achten, dass die Ferkel nicht überversorgt werden.
Dies kann nämlich negative Effekte haben: Werden den Ferkeln einmalig große Mengen an Eisen gegeben, kann der Eisengehalt teils so stark ansteigen, dass bis zu 30-mal mehr Eisen im Blut ist als normal. Hierdurch ist der Organismus anfälliger für bestimmte bakterielle Erreger, zum Beispiel Streptokokken.
Dies bei der Injektion beachten
Bei der Eiseninjektion sind insbesondere die folgenden drei Aspekte zu beachten:
- Ist das Eisenpräparat verkeimt oder abgelaufen, kann Eisen in ionisierter Form vorliegen und dadurch toxisch wirken. Bakterielle Verunreinigungen von Eisenpräparaten führen zu Abzessen oder Nekrosen am Ort der Injek- tion. Deshalb sollte generell sauber und mit selbstfüllenden Spritzen gearbeitet werden. Angebrochene Flaschen dürfen nicht zu lange gelagert werden. Teilmengen sind sauber zu entnehmen, um eine Kontamination mit Keimen zu vermeiden.
- Die Vitamin-E-Versorgung der hochtragenden Sauen hat einen besonderen Einfluss auf die Eisengabe der Saug- ferkel. Ist der Gehalt an ungesättigten Fettsäuren im Futter hoch, der Vitamin-E-Gehalt jedoch niedrig, wirkt sich das auf die Milchzusammensetzung aus. Bei Ferkeln mit Vitamin-E- oder Selenmangel kann die Gabe von Eisendextran anaphylaktische Reaktionen auslösen, die schlimmstenfalls zum Tod führen. Der Vitamin-E-Gehalt des Sauenfutters sollte daher mindestens bei 80 bis 100 mg/kg liegen.
- In Beständen mit Durchfallproblemen können diese durch die Eisengabe gefördert werden. Eisen sollte nur gesunden Ferkeln verabreicht werden. Eine zu frühe Gabe (vor dem dritten Lebenstag) kann ebenfalls das Durchfallgeschehen fördern.
Eisengabe kombinieren
Da jede zootechnische Maßnahme mit Stress für die Tiere verbunden ist, sollten verschiedenen Maßnahmen miteinander kombiniert werden – auch aus arbeitswirtschaftlichen Gründen. Zu beachten ist allerdings, dass die Kombination der Eisengabe mit einer Impfung kontraproduktiv sein kann, da sich beide Maßnahmen gegenseitig behindern.
Sinnvoll ist auf jeden Fall die Kombination der Eisengabe mit anderen Behandlungen. An der Schweineklinik in München wurden schon im Jahr 2009 Studien zur Kombination von Eisen und dem Wirkstoff Meloxicam (Entzündungshemmer) durchgeführt, die einen sehr positiven Effekt hatten. Aus arzneimittelrechtlichen Gründen ist dies jedoch nicht erlaubt.
Seit Kurzem sind zwei Kombiprodukte aus Eisen (als Gleptoferron) und dem Wirkstoff Toltrazuril gegen Kozidien auf dem Markt. Die bisherigen Praxiserfahrungen zeigen, dass sie effektive, zeitsparende und tierschutzfördernde Mittel zur Bekämpfung der Kokzidiose beim Schwein sind und gleichzeitig die Eisenversorgung der Ferkel sichern.
Fazit
Die zusätzliche Eisengabe ist für das Ferkel essenziell. Eine optimale Eisenversorgung führt zu höheren Hämoglobinwerten im Blut und fördert die Vitalität und Robustheit der Tiere. Die Ferkel haben in der Aufzucht höhere Tageszunahmen und sind weniger krankheitsanfällig.
Da der Eisenbedarf der Ferkel unterschiedlich ist, ist es sinnvoll, den Hämoglobingehalt zum Zeitpunkt des Absetzens zu überprüfen. Anhand dieser Werte kann die Eisengabe dann entsprechend optimiert werden. (br)●
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